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Titel1618

Ruf nach der Bombe  (Manfred Sohn)

Publizistisch und politisch ist der Ruf nach der deutschen Atombombe bislang seit den Tagen von Franz Josef Strauß und Konrad Adenauer eher tastend vorgetragen worden. Den beiden war in den 50er und 60er Jahren der Griff nach der Waffe der Waffen sogar von den eigenen Verbündeten – allen voran den USA – verwehrt worden, weil man der Macht, die vorher zweimal die Welt in Brand gesteckt hatte, nicht auch noch diese Fackel in die Hand drücken wollte.

 

Seit diesem Sommer wird dieser Ruf nun öffentlich deutlich stärker. Am 29. Juli fragte die Welt am Sonntag – nach eigenem Bekunden »Deutschlands große Sonntagszeitung« – auf Seite 1: »Brauchen wir die Bombe?« und ließ im Innenteil diese Frage von Christian Hacke auf fast einer ganzen Druckseite mit einem lauten »JA!« beantworten. Begründet wird das vom Autor – Jahrgang 1943 und laut Autorenerläuterung »einer der renommiertesten Politikwissenschaftler der Bundesrepublik« – vor allem damit, dass der amerikanische Präsident Deutschland zum »Feind Nummer eins« erklärt habe. Das zwinge zu »radikalen Neuüberlegungen« der hiesigen »Sicherheitspolitik«, die auch die Entwicklung eigener Kernwaffen einschließen müsse.

 

Wolfgang Ischinger, Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, so wird in einem weiteren Text zu diesem Thema erläutert, halte solche Überlegungen langfristig für »durchaus sinnvoll«, steckt aber einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren ab, bis es soweit sei.

 

Das könnte passen – schiebt sich doch gerade parlamentarisch durch die Etablierung der AfD und die rasante Rechtsentwicklung von Teilen der Union, die sich in der Tradition Strauß sehen, eine Konstellation zusammen, in der ein weiterer Programmpunkt der AfD vorne auf die politische Agenda rücken könnte. In ihrem Grundsatzprogramm nämlich wird eine »Stärkung der Bundeswehr« in dem Umfang gefordert, dass sie »mit der Weltspitze Schritt« halten könne. Militärisch aber an der Weltspitze zu agieren, ist ohne atomare Bewaffnung nicht möglich.

 

Alle politisch am Frieden interessierten Menschen dieses Landes werden alle Kräfte anzuspannen haben, damit der Griff Deutschlands nach der Atombombe nicht im zweiten Anlauf gelingt.