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Titel1710

Politik und Medien  (Lübbertus Rehwinkel)

Es waren erst wenige Monate vergangen, seit Roland Koch als hessischer Ministerpräsident bei der Entscheidung, wer künftig die ZDF-Redaktion leiten soll, seine Macht demonstrierte, da erreichten uns neue, drastische Nachrichten vom Niedergang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der ursprünglich einmal so konzipiert war, daß er weder dem Kapital noch dem Staat gehören sollte:
Ulrich Wilhelm wird Intendant des Bayerischen Rundfunks, nachdem er seit 2005 das Bundespresseamt geleitet und – im Rang eines Staatssekretärs – für Angela Merkel als Regierungssprecher gearbeitet hat: stets lächelnd, blumig und wortgewandt, wie es eben die Aufgabe offizieller Schönredner ist und wie er es einst in Bayern gelernt hatte: ab 1991 im dortigen Innenministerium, später als Pressesprecher von Edmund Stoiber. Mit vielen Wortblasen machte er sich inzwischen um Vaterland und Kanzlerin verdient; jetzt darf er den bayrischen Staatsfunk leiten, zu dem der BR herabgesunken ist. Die Nähe zum Staat hat er übrigens von seinem Vater Paul Wilhelm: Der war, nach juristischer Ausbildung beim vormals führenden NS-Juristen Theodor Maunz, als Parlamentsstenograf in die Landesdienste eingetreten und saß als Abgeordneter der CSU seit 1970 im Landtag. Zuletzt gehörte er als Staatssekretär der bayerischen Staatsregierung an.

Neuer Pressesprecher der Kanzlerin wird Steffen Seibert. Dafür ist er gut geschult: ab 1989 in der ZDF-Nachrichtenredaktion, im heute-Journal, als Auslandskorrespondent, Wahlberichterstatter, Spendenmoderator und, seit 2007, als Chefsprecher in den ZDF-Abendnachrichten. Das ist eine Musterkarriere – beim Schwarzfunk, versteht sich. Die »neue Herausforderung« (so heißt in gehobenen Kreisen der Wechsel des Arbeitgebers) paßt damit nahtlos zusammen: Beim ZDF Regierungsnachrichten zu verlesen und nett zu kommentieren, ist so weit von der anderen Seite nicht entfernt: als Regierungssprecher den ZDF- und anderen Kollegen lächelnd zu diktieren, was die Öffentlichkeit von Merkels Großtaten zu halten hat.

Peter Voß hat eine vergleichbare Laufbahn: ARD-Nachrichtenredakteur, ZDF-Korrespondent, ARD-Report-Moderator, heute-Journal beim ZDF, schließlich die Intendanz beim SWR, also wieder ARD – ein munteres Hin und Her von Sender zu Sender. Professor war er auch schon. Neuerdings leitet er die private Berliner Hochschule »Quadriga«, die PR-Leute ausbildet, also Menschen, die anderen Menschen beibringen, was sie kaufen oder denken müssen.

Mit Journalismus im eigentlichen Sinne, also mit sachlicher, unabhängiger Berichterstattung über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, haben alle drei Karrieren nichts zu tun. Die Herren haben allesamt – bei wechselnden Arbeitgebern, in Politik und Medien – vor allem gelernt, wie man am besten, mit schönen Worten und nettem Lächeln, den Unfug der herrschenden Politik zu Erfolgen schönredet. Bei ihnen bestellt man sich Nachrichten wie beim Türken zum Döner die scharfe Soße. Verständlich deshalb, wenn Zuschauer annehmen, man wolle sie bloß noch veralbern.