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Titel1811

Die Propagandakompanie  (Arno Klönne)

War der Militäreinsatz der NATO in Libyen vereinbar mit dem Ziel, das in der Resolution des UN-Sicherheitsrats angegeben war: Schutz der Zivilbevölkerung? Trifft es zu, daß sich in Libyen »ein Diktator mit seinen Schergen« und ein Volk gegenüberstanden, das »befreit« sein wollte? Hatten die NATO-Staaten nichts anderes im Sinn als humanitäre Hilfe, waren keine eigenen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen im Spiel? Hätte es keine Möglichkeiten gegeben, den Konflikt diplomatisch zu lösen? Mit solchen Fragen müssen sich Deutschlands ZeitungsleserInnen gar nicht erst beschäftigen. Jedenfalls dann nicht, wenn sie den Berichten und Kommentaren über den Weg trauen, die fast ausnahmslos – von der Bild-Zeitung bis zur taz, von der FAZ und der Süddeutschen bis zum Provinzblatt verkünden: Die NATO hat es goldrichtig gemacht – eine Blamage nur für die Bundesrepublik, daß sie »gekniffen« hat.

Ein »historisches Ruhmesblatt« hätten Großbritannien, Frankreich und die USA sich in Libyen erworben, schreibt der Zeit-Redakteur Jan Ross; jetzt ständen die Deutschen als Drückeberger da. »Der Weg ist frei«, überschreibt er seinen Artikel; auch Syrien und der Iran, »vielleicht sogar Havanna und Peking« wüßten jetzt, daß »die Bomber kommen können«.

Vorbei die Zeiten, als in der Frage nach dem »gerechten Krieg« wenigstens die prüfende Überlegung enthalten war, ob denn das Ausmaß der »Kollateralschäden«, der Opfer und Zerstörungen also, im vernünftigen Verhältnis zum angenommenen hehren Zweck stehe. »Aufklärung« durch die bundesdeutsche Presse, die zum größten Teil in der Hand weniger Konzerne ist, gestaltet sich inzwischen als Propaganda für die Normalität kriegerischer Mittel der Weltpolitik. Das Bedauern gilt nur dem Umstand, daß diesmal die Deutschen nicht mitbombardiert haben. Am humanitären Zugriff auf China sollten wir uns beteiligen, das hat Tradition.