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Titel2217

Bemerkungen

Anspannung vor der Wahl

In Katalonien richtet sich der Blick auf die Wahl am 21. Dezember. Nach einer aktuellen Umfrage könnten die Katalanen, die sich von Kastilien separieren wollen, wieder gewinnen – wenn auch nur knapp. Ein Wahlbündnis, die Frist lief am 7. November ab, kam nicht zustande. Durch seine Flucht hat der entlassene katalanische Präsident Carles Puigdemont die Unabhängigkeitsbewegung nicht erschüttert, sie scheint fester verzahnt als vorher.

 

Puigdemont wird bei der Wahl im Dezember der Kandidat der Partit Demòcrata Europeu Català (PDeCAT) sein. Die Partei wurde von katalanischen Demokraten im Juli 2016 gegründet und am 29. September 2016 zugelassen. Sie definiert sich in ihren Dokumenten als »demokratisch, katalanisch, pro unabhängig, europäisch und humanistisch«.

 

Trotz des internationalen Haftbefehls der Madrider Regierung war die Verweildauer Puigdemonts und seiner vier Mitstreiter in einem belgischen Gefängnis nur kurz. Ein Gericht setzte die Katalanen gegen Auflagen wieder auf freien Fuß. Die Vorgeschichte: Am 30. Oktober hatte die spanische Staatsanwaltschaft Anklage gegen den ehemaligen Regionalpräsidenten erhoben. Der Vorwurf lautete unter anderem Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt, Unterschlagung öffentlicher Gelder. Puigdemont erschien trotz Vorladung nicht in Madrid. Er und vier seiner Minister waren nach Brüssel geflogen, um von hier Druck auf die EU auszuüben. Doch die Strukturen in Brüssel sind festgezurrt.

 

Etwa 200 katalanische Bürgermeister trafen am 7. November zur Unterstützung Puigdemonts in Brüssel ein, um vor dem Hauptsitz der EU-Kommission zu demonstrieren. Der katalanische Europaabgeordnete Jordi Solé sagte: »Die Bürgermeister verurteilen die gegenwärtige politische wie gerichtliche Situation. Sie fordern Spanien auf, zur Normalität zurückzukehren.«

 

Aber eine Normalität ist nicht in Sicht. Bereits jetzt führt sich der spanische Ministerpräsident als Sieger auf, als seien die Wahlen in Katalonien bereits gewonnen, die Krise beendet. Die von Rajoy eingesetzte Katalonien-»Retterin«, Vizepräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría, bekam von der Wirtschaftszeitung El Economista den Titel »Die mächtigste Frau Spaniens« verliehen. Seit 2011 ist sie die Nummer 2 der regierenden Partido Popular (PP) im Palacio de la Moncloa, dem Sitz der spanischen Regierung in Madrid.

 

Für den 8. November hatte der linke Gewerkschaftsdachverband Intersindical-CSC zu einem 24-stündigen Generalstreik aufgerufen. Der Streik richtete sich offiziell »gegen die Verarmung der Arbeiterklasse«. Die beiden großen Gewerkschaftsverbände CCOO und UGT schlossen sich dem Streikaufruf nicht an, mobilisierten ihre Mitglieder aber zu den Kundgebungen in Katalonien. Ab den frühen Morgenstunden waren die Autobahnen und Schnellstraßen blockiert. Unterbrochen war selbst die AVE-Schnellzugverbindung nach Paris. Ein Transparent am Rathaus in Barcelona forderte »Freiheit für die politischen Gefangenen«. Erstaunlich war, dass das spanische TVE in seinen Nachrichtensendungen aus allen katalanischen Landesteilen berichtete. Die junge Welt titelte »Generalstreik für Freiheit«. In der Frankfurter Allgemeine Zeitung schilderte Korrespondent Hans-Christian Rößler den Streiktag hingegen als »fast normale[n] Tag«.

 

Am Tag des Streiks annullierte das Verfassungsgericht in Madrid die katalanische Unabhängigkeitserklärung. Begründung: »Das Recht auf Autonomie ist nicht mit Souveränität zu verwechseln.«

 

Kurzzeitig war die abgesetzte katalanische Parlamentspräsidentin Carme Forcadell in Haft. Mit drei von Madrid abgelösten Abgeordneten war sie freiwillig angereist. Gegen eine Kaution von 150.000 Euro kam sie am 10. November frei. Acht weitere Angeklagte sind bereits seit dem 2. November in Haft, ein neunter – Santi Vila i Vicente – kam ebenfalls gegen Zahlung einer Kaution frei. Die Angeklagten wurden auf fünf Gefängnisse in Madrid verteilt.

 

An der Demonstration in Barcelona am 11. November nahmen nach Angaben der Polizei über 750.000 Katalanen teil. Die Demonstranten warfen der Zentralregierung in Madrid vor, gegen die Freiheitsrechte der katalanischen Bürger zu verstoßen, da frei gewählte Abgeordnete von ihren Aufgaben entbunden worden waren. Am 12. November kam Ministerpräsident Rajoy nach Barcelona und stellte die Kandidaten seiner PP für die Wahl vor.         

                

Karl-H. Walloch

 

 

Ein Roman über die EU

Deutscher Buchpreis 2017! Überall großes Lob für den Europa-Roman. Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse hat eine gelungene Konstruktion gefunden, in der er am Beispiel von vor allem fünf Protagonisten seine Sicht auf die EU vorführt. Bürokratie, Entscheidungsschwäche, Verlust an Visionen und Werten, Bauchnabelorientierung, Partikularinteressen, Karrierismus. Trotz dieser kritischen Bilanz ist das jedoch kein wütender Roman. Die bei der EU beschäftigten Personen – alle mit europäischen Biographien unterschiedlichster Couleur – sind halt so, werden so gebraucht, und wer anderes will, landet im Abseits. Der Autor folgt in der Tradition großer Romanciers seinen Figuren sehr genau. Das Buch hat Eleganz und Witz, fußt ganz in der Gegenwart, und dennoch frage ich mich, warum ich nur »pflichtgemäß« weitergelesen habe. Es ist, denke ich, so betont leidenschaftslos, und das mag nicht jeder.    

  

Christel Berger

 

 

Robert Menasse: »Die Hauptstadt«, Roman, Suhrkamp, 459 Seiten, 24 €

 

 

 

Europapremiere

Um die mehr als 200 Jahre unter brutaler Kolonialgewalt leidende schwarze Kultur der australischen Aborigines wiederzubeleben, hat das Bangarra Dance Theatre aus Sydney eine eigene Körpersprache entwickelt: Das Premierenpublikum von »OUR land people stories« im Haus der Berliner Festspiele verstand sehr wohl den Schmerz der jungen Frau um ihren getöteten Geliebten, empfand die Brutalität der weißen Eroberer wie einen Einschnitt ins eigene Leben. Da bedurfte es nicht des über die Lautsprecher übertragenen Lageberichts eines britischen Offiziers an Gouverneur Lachlan Macquarie, in dem zynisch kundgetan wird, man sei mit friedlicherer Absicht vorgedrungen, hätte sich aber wegen des Widerstands der Aborigines zum Erhängen von Geiseln gezwungen gesehen. Was das bedeutet – wahrlich, man erlebt es in den Bewegungen der Bangarra-Tänzer und -Tänzerinnen: Widerstand und Vergeltung durch den Tod am Strang. Der Sog des Geschehens speist sich aus der Darbietung wie aus dem von der schwarzen Künstlerin Nyapanyapa Yunupingu entworfenen Bühnenbild, das von Wechsel zu Wechsel atemberaubend ist, und auch aus dem Sound, der traditionelle Lieder mit Klängen elektronischer und klassischer Musik verbindet. Und nicht zuletzt aus den wirkungsvollen Masken und Gewändern. All das zusammen beeindruckt – und bezaubert!

 

Der Abend verging wie im Fluge, und als das Schlussbild die neun Tänzerinnen und zehn Tänzer vereint hatte und dann der Vorhang fiel, zwang die Begeisterung des Publikums den Vorhang immer wieder hoch. Sichtlich beglückt nahm das Ensemble den Applaus entgegen! Bangarra heißt Feuer machen. Die Tänzer und Tänzerinnen hatten ein Feuer entfacht.                  

    

Walter Kaufmann

 

 

 

Wunderliches

Die geplante Koalition von CDU, CSU, FDP und Grünen wird Jamaika-Koalition genannt. Mich wundert es, dass die Jamaikaner sich das gefallen lassen.                              

 

Günter Krone

 

 

 

Jamaika und der Verkehr

Bei den Verhandlungen zur Regierungsbildung geht es vielfach um Parteien-arithmetik. Weniger hört man beispielsweise zum Thema Verkehrspolitik. Dabei müsste diese im Zentrum einer verantwortungsbewussten Politik der nächsten Bundesregierung stehen, nicht zuletzt angesichts von Klimaerwärmung oder Dieselgate-Skandal. Für das Bündnis Bahn für Alle war das Anlass genug, den potentiellen Jamaika-Koalitionären konkrete Forderungen hinsichtlich einer Politik der Verkehrswende im Allgemeinen und einer Bahn für alle im Besonderen zu unterbreiten. Hierzu veröffentlichte das Bündnis Ende Oktober eine achtseitige Sonderzeitung, die sich auch hervorragend zum Verteilen eignet.

 

Die Zeitung enthält neben einem Sieben-Punkte-Programm zur Verkehrswende unter anderem Artikel zu folgenden Themen: neue Bahnpreiserhöhungen im Dezember; fatale Konzentration der bisherigen Verkehrspolitik auf teure Großprojekte; Flugverkehr belastet das Klima; mehr Betonpisten dank öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) – ein ökologischer Umstieg muss ÖPP-Projekte beenden; Elektroautos sind keine Alternative, sondern lediglich eine Nischenlösung.

 

Bahn für Alle ist ein Bündnis von Organisationen aus den Bereichen Globalisierungskritik und Umweltschutz sowie politischen Jugendverbänden und Gewerkschaften. Die achtseitige Zeitung kann per E-Mail unter info@bahn-fuer-alle.de bestellt werden: Bezugspreise (jeweils zuzüglich Porto und Verpackung): bei Bestellungen von 1 bis 99 Exemplaren: 20 Cent je Exemplar, bei Bestellungen ab 100 Exemplaren: 10 Cent je Exemplar.            

             

Klara Lindstett

 

 

 

Unter den Talaren

9. November 1967: Audimax der Universität Hamburg. Während der feierlichen Rektoratsfeier entfalten die Studenten Gert Hinnerk Behlmer und Detlev Albers vor den einziehenden Professoren ein Banner, das die berühmte Aufschrift trägt: »Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren«.

 

50 Jahre danach: Wieder ist das Audimax bis auf den letzten Platz gefüllt, aber nicht mehr mit Damen und Herren im Talar, sondern mit Studierenden von heute und von damals.

 

Auf dem Podium sitzen Rainer Nicolaysen, Leiter der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte, Helga Kutz-Bauer (Jg. 1939, SPD), AStA-Vorsitzende im Sommer 1967, Franziska Hildebrandt, AStA-Vorsitzende 2017 (SDS), sowie Gert Hinnerk Behlmer (Jg. 1943, SPD).

 

Nicolaysen berichtet, dass das Banner inzwischen im Staatsarchiv Hamburg lagert. Da es jedoch Behlmers Eigentum ist, war es möglich, es für diesen Abend auszuleihen. Behlmer wickelt es auseinander, und nun halten Behlmer, Hildebrandt, Nicolaysen und Kutz-Bauer es an den vier Ecken in die Höhe. Blitzlichtgewitter.

 

Die Aktion 1967 – so erfährt das Publikum aus Nicolaysens folgendem Vortrag – war penibel vorbereitet, ging es doch darum, das Banner schnell aus dem Jacket zu ziehen und es so auszuwickeln, dass es lesbar war. Das bedeutete: Die obere Kante wurde durch Klebestreifen, Rechts und Links durch Tackerklammern markiert. Nicolaysen zeigt Fotos von der Rektoratsfeier, die, kurz nacheinander präsentiert, fast wie ein kleiner Film wirken: die nichtsahnenden Magnifizenzen und Spektabilitäten, das allmählich etwas ahnende Publikum und die sich allmählich in den Gesichtern abzeichnenden Reaktionen. Behlmer selbst hatte den Ausdruck »1000 Jahre« zwar mit der NS-Diktatur verbunden; dass dies aber unter Studierenden nicht allseits so verstanden wurde, zeigte sich an einem Zwischenruf, der die Rektoratsfeier störte: »Es lebe das Mittelalter!« Der Bezug zum Nazi-Faschismus entstand aber spätestens, als Bertold Spuler, Ordinarius der Orientalistik, die Studenten anfuhr: »Sie gehören alle ins Konzentrationslager!«

 

Die Reaktion in der Presse war überwiegend positiv, und den Professoren dämmerte es, dass es kein gutes Bild abgeben würde, wenn sie gegen Albers und Behlmer den Knüppel des Disziplinarrechts herausziehen würden.

 

Dass eine solche Erfahrung aber aus dem Rahmen fiel, beschrieb Helga Kutz-Bauer: Ihr Vertrauen in die Professorenschaft war schon seit der Erschießung Benno Ohnesorgs erschüttert: Weder war am Tag seiner Beerdigung der Vorlesungsbetrieb eingestellt worden, noch zeigte sich der Lehrkörper auf andere Weise mit dem Studierenden solidarisch. Dass Bürgermeister Weichmann (SPD) die demonstrierenden Studierenden vor Korporierten in Kiel schmähte, konnte sie ihm nicht verzeihen.

 

Franziska Hildebrandt fand die Aktionen des Jahres 1967 hochaktuell: die Auseinandersetzung mit rechts und den Kampf um verbesserte Studienbedingungen. Die Solidarität unter Studierenden sei heute allerdings erschwert, denn durch die Bologna-Reform werde die Konkurrenz untereinander angestachelt. Die Unzufriedenheit unter Studierenden müsse »entprivatisiert« werden.

 

Aus dem Publikum kamen etliche Erinnerungsfetzen, die die damalige Situation weiter illustrierten. Haften blieb aber vor allem der Beitrag des Mitbegründers und Gründungsvorsitzenden der Bundesassistentenkonferenz (1968–1970) und ersten Präsidenten der Universität Hamburg (1970–1991), des 85-jährigen Peter Fischer-Appelt. Er lenkte den Blick auf den damals geforderten Wandel im universitären Wissenschaftsverständnis und zitierte dann aus dem Kreuznacher Hochschulkonzept, das die Bundesassistentenkonferenz 1968 herausgegeben hatte: »Wissenschaft wird als solidarische Bemühung von Menschen in methodisch ausgewiesener und zielbewusster Erkenntnisarbeit gegen die Irrationalität der natürlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse unternommen, damit die Erde als der einheitlich gemeinsame Lebensraum einer brüderlichen Menschheit in Frieden bewohnt und mit Vernunft genutzt wird.« Er fügte bedauernd hinzu, dass es inzwischen ein Rollback gebe. Es folgte donnernder Applaus. Nicolaysen bemerkte, es habe kein besseres Schlusswort geben können. Darauf: Schlussbeifall.             

                         

Lothar Zieske

 

 

 

Grenzerfahrungen

Was am 9. November 1989, 21.25 Uhr für zwei Ost-Frauen ein mutiges Unterfangen war, darüber kann man heute nur noch schmunzeln: die Überquerung der GÜST (Grenzübergangsstelle) Helmstedt/Marienborn von Magdeburg Richtung Westen. Es war tiefschwarze Nacht, »die Autobahn war knallleer«. Mutter Annemarie Reffert und ihre Tochter Juliane waren in einem Wartburg 353 unterwegs und wollten es wissen: Kann man wirklich über die Grenze, wie sowohl in der Aktuellen Kamera als auch im Westfernsehen verbreitet wurde? Der Vater musste zu Hause bleiben und bat darum, dass ihm beide eine Büchse Bier mitbringen, »als Beweis, dass ihr da wart, und als Garant, dass ihr wiederkommt«. Die beiden Frauen waren tatsächlich an dieser GÜST die ersten, die einen Grenzübertritt wagten. Der couragierten Mutter, von Beruf Ärztin, wurde es dabei einige Male ziemlich mulmig zumute. Für die Teenagerin war es ein Abenteuer, »denn ich wusste ja nicht, was passieren kann«. Das gab sie lächelnd am 10. November 2017 zu, als im Scharwenka KulturForum Bad Saarow das 2009 vom Mitteldeutschen Rundfunk produzierte Hörspiel ihres Bruders Thilo Reffert, »Die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle«, vorgestellt wurde. Der Autor und die Mutter waren ebenfalls anwesend. Thilo Reffert hatte mit den beiden Frauen die Strecke noch einmal abgefahren, »und das Einzige, was nicht original ist, ist der Wartburg«, heißt es in dem geschickt geschnittenen O-Ton-Hörspiel. Man besorgte sich extra dafür wieder einen Wartburg, um eine lebendige Erinnerung aufkommen zu lassen. Bei dieser zweiten Reise war immer ein Mikrofon angeschaltet. Im Hörspiel wird die gesamte Unterhaltung begleitet von Nachrichten aus Rundfunk und Fernsehen und von der Bundestagssitzung am Tag der Maueröffnung.

 

Schon im Hörspiel plaudern beide Frauen unbefangen-heiter in der Erinnerung an ihr Wagnis und an manche skurrile Gegebenheit im DDR-Alltag. Nun, bei der Präsentation im Hörspiel-Theater mit Till Sailer in Bad Saarow, vertieften sie die damaligen Geschehnisse und flochten eine neue Sicht ein, die sich aus der Distanz und ihren Erfahrungen in der Bundesrepublik ergeben hat. Mit Humor und ohne jegliche Häme warfen sie einen kritischen Blick auf die DDR. Und sie amüsieren sich noch heute über die Enttäuschung der sie damals »im Westen« empfangenden Reporter, als sie ihnen sagten, dass sie nicht in der Bundesrepublik zu bleiben gedächten, sondern unverzüglich wieder zurückfahren würden.

 

Elke Lang

 

Das pointenreiche Original-Ton-Hörspiel zum 9. November 1989, »Die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle«, von Thilo Reffert erhielt zahlreiche Preise, darunter den »Hörspielpreis der Kriegsblinden 2010« und den »ARD-Online-Award 2010«. Regie Stefan Kanis, Schnitt Christian Grund, Dramaturgie Thomas Fritz, Sprecher Matthias Matschke und Juergen Schulz.

 

 

 

Die Tränen der Krokodile

Wer jemals wieder ein Gewehr …,

dem soll die Hand verdorren.

Erinnert euch! Ihr wisst es noch?

 

 

Doch gab es einen Gott,

der Eisen wachsen ließ,

und Ideologen, Profiteure.

Die Augen rechts! Die Augen geradeaus!

Und Waffenfabrikanten, Ölmagnaten.

Präsentiert das …!

 

 

So geht’s im Gleichschritt an die Front,

nach Osten wie nach Westen,

mal robben sie, mal stehn sie still,

mal sitzen sie am Monitor

und spielen Scheibenschießen.

 

 

Marsch, marsch, ihr Jungs und Mädels!

Die Särge sind schon vorbereitet,

die Trauerfeiern mit den Trommeln,

den Trompeten und den Trauerreden.

Und soll – verflucht – die Hand verdorren!

 

Wolfgang Bittner

 

 

Von Wolfgang Bittner erschien im Juni im Westend-Verlag die um mehr als 100 Seiten erweiterte Ausgabe seines Buches »Die Eroberung Europas durch die USA. Eine Strategie der Destabilisierung, Eskalation und Militarisierung«, 254 Seiten, 18 €.

 

 

 

 

 

Erratum

In Ossietzky 17/2017 muss es auf Seite 600 im Beitrag von Tomasz Konicz statt »Marx’sche Faschismusbegriff« »Marx’sche Fetischismusbegriff« heißen.                                                    

 

Red.

 

 

 

Zuschrift an die Lokalpresse

»Wussten Sie schon«, fragte mich der Berliner Kurier am 3. November, »dass die Schnäbel britischer Kohlmeisen länger sind als die ihrer niederländischen Artgenossen?« Ehrlich gesagt, ich wusste es nicht. Der Aufwand, der mit dem Einfangen und der Schnabelvermessung britischer und niederländischer gefiederter Freunde verbunden ist, war mir bisher zu hoch. Aber die Erklärung der Ornithologen leuchtete mir ein und bestätigt meine These, dass die Natur klüger ist als im Allgemeinen angenommen und gefühlt. Wichtig war mir vor allem die Begründung der Forscher, dass sich »die Anatomie der Meisen den veränderten Nahrungsquellen angepasst« hat. Da die Wissenschaft immer wieder nach neuen Forschungsprojekten sucht, rege ich an, auch Untersuchungen zur Anpassung der menschlichen Anatomie an die Erschließung neuer Nahrungsquellen anzustellen. Meine Hypothese: Wenn sich das auch in Bezug auf die menschlichen Extremitäten bewahrheitet, müssten sich beispielsweise die Arme von Bürgern, die in Abfallkübeln häufig nach weggeworfenen Pfandflaschen wühlen müssen, im Laufe der Zeit deutlich verlängern. – Jaromir Grabedünkel (72), freischaffender Rentner, 10318 Berlin-Wuhlheide

 

Wolfgang Helfritsch