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Titel232013

Nichts als Unterstellungen  (Winfried Wolk)

Unlängst sorgte die Spende der Quandt-Familie an die CDU kurzzeitig für mediale Erregung. Zu hören war sogar, daß die 650.000 Euro deshalb kurz nach der Wahl geflossen seien, weil eine Spende in dieser Höhe vor der Wahl als Beeinflussung des völlig neutralen, unabhängigen Wahlkampfes hätte gelten können. Die Behauptung, daß nach der Wahl vor der Wahl ist, hat mit der Realität nichts zu tun. Und es ist eine bösartige Unterstellung, daß der wesentliche Grundstock des Vermögens der Quandt-Familie durch die Nähe zur Nazi-Elite gelegt wurde und den vielen Zwangsarbeitern, die sich für die Unternehmen der Quandts und deren Gewinne zu Tode schuften mußten, zu verdanken ist. Es ist auch eine Unterstellung, daß die Spende dieser BMW-Großaktionäre etwas damit zu tun hätte, die CDU-geführte Bundesregierung bei den Verhandlungen über strengere Abgasnormen für Autos in Europa zu beeinflussen. Davon kann keine Rede sein. Die Haltung der Bundesregierung und des verhandlungsführenden Umweltministers war einzig und allein von der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autoindustrie auf dem Weltmarkt und der Sicherung von Arbeitsplätzen bestimmt, bei all solchen Entscheidungen geht es immer nur um Arbeitsplätze.

Die Parteispende erfolgte aus übervollen Herzen, die den drei hochvermögenden Familienmitgliedern so zu schaffen machten, daß sie sich im trauten Gleichklang entschlossen, die Portemonnaies zu öffnen. Was da für ein übergroßer Druck lastet, kann man sich erst vorstellen, wenn man weiß, daß man 25 Jahre lang jeden Tag eine Million Euro verdienen, erarbeiten, auf jeden Fall aber bekommen muß, um ein solches Vermögen zu haben wie die 1962 geborene Susanne Klatten, Tochter von Herbert Quandt und reichste Frau Deutschlands, glaubt man der Süddeutschen Zeitung. Ein solcher Reichtum drückt gewaltig, also spendete sie. Es muß doch wohl in einem demokratisch verfaßten Land erlaubt sein, daß so hart arbeitende Menschen sich auf mildtätige Weise etwas Erleichterung verschaffen. Immerhin sitzt Frau Klatten tatsächlich nach eigenen Angaben jeden Tag mehrere Stunden am Schreibtisch, weiß Bild.

Selbstverständlich könnte man den armen, an einem finanziellen Überdruck leidenden Millionärmilliardären auch helfen, indem man durch eine minimale Anhebung ihrer Steuern die Möglichkeit schafft, daß sich solch eine Finanzbedrängnis gar nicht erst aufbaut. Das Geld könnte dann sogar notwendigen, allgemein nützlichen Vorhaben zugute kommen. Aber dieser Gedanke ist im Moment nicht populär. Das wäre ein Zwang, der ganz schlecht zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung paßt. Daß die Entwicklung von umweltverträglicheren Motoren für Nobelkarossen, um die es geht, einen wesentlich höheren Betrag als 650.000 Euro erfordert und mit der Spende eine sogenannte Win-win-Situation herbei geführt wurde, ist pure Unterstellung. Da könnten ja die Rentner, die nach einem über 40jährigen Arbeitsleben immer noch Renten beziehen, die unter dem Existenzminimum liegen, auf die Idee kommen, sich zusammenzuschließen, und eine gemeinsame Spende an die regierende Partei initiieren, um im Gegenzug dafür eine für das Leben ausreichend hohe Rente zu erhalten. Das würde bedeuten, daß Politik und politische Entscheidungen käuflich wären – und das ist in jedem Fall eine Unterstellung.