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Titel0311

19 zu 1687  (Ulrich Sander)

Ehemalige ausländische SS-Angehörige, von denen viele am Holocaust beteiligt waren, beziehen Renten aus Deutschland. Dagegen erhalten ehemalige Kriegsgefangene, vor allem aus der Sowjetunion und Italien, die für Nazi-Deutschland Zwangsarbeit leisten mußten, keine Rente, keinerlei Entschädigung, nichts.

Auf Proteste dagegen reagierte die Bundesregierung schon unter Kanzler Kohl mit der Ankündigung, die »Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen« im schwäbischen Ludwigsburg werde die SS-Leute aus dem Ausland daraufhin überprüfen, ob sie Verbrechen begangen haben, weil sie dann ihren Rentenanspruch verlieren würden.

Doch die Zentralstelle war und ist nicht in der Lage, solche Aufträge zu erfüllen. Sie hat nur 19 Mitarbeiter, inklusive Kraftfahrer und Reinigungskräfte. Zum Vergleich: Die Stasi-Unterlagen-Behörde hat derzeit, 20 Jahre nach Ende der DDR, 1687 Mitarbeiter. Ludwigsburg hatte 20 Jahre nach Kriegsende 121. Nie hatte die Zentralstelle ausreichende Mittel und auch nie genügend Personal, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden.

Aber alljährlich unterstützt die Bundesregierung die Veteranentreffen der Wehrmacht und der Bundeswehr in Mittenwald, wo Kriegsverbrechen geleugnet oder verharmlost werden; bisher gibt es keinerlei Hinweise darauf, daß diese Treffen auf die von Minister zu Guttenberg angeblich geplante Streichliste unsinniger und gefährlicher Rituale bei der Bundeswehr gesetzt werden. Und beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag klagt die Bundesregierung gegen Italien, nachdem das höchste italienische Gericht zugunsten bisher unentschädigter italienischer und griechischer Wehrmachtsopfer entschieden hat. Um deren Ansprüche abzuwehren, scheut die Bundesregierung keine noch so hohen Anwalts- und Gerichtskosten. Und gewinnt jedenfalls Zeit – bis vielleicht irgendwann niemand mehr Ansprüche erhebt.

19 hier, 1687 dort. Das Zahlenverhältnis macht klar, wo diejenigen stehen, die über Finanzen und Personal entscheiden. Und wo sie nicht stehen: nicht auf Seiten der Opfer massenhaften Mordens.