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Titel519

Monatsrückblick: Vorausschauende Fake-News  (Jane Zahn)

Eine Fake-News-Agency (fna) mit dem Anspruch, nur erfundene Nachrichten zu verbreiten, hat das Berliner Express-Satire-Team gegründet. Das schreibt von sich: »Sie dürfen getrost davon ausgehen, dass unsere Artikel – zumindest zum Teil – völlig frei erfunden wurden. Es kann aber sein, dass Satire zur Realität wird. Darauf Einfluss nehmen können wir aber nicht.«

 

So wie beim fna-Interview mit Frau Merkel, in dem ihr folgende Worte in den Mund gelegt werden: »Wir müssen auf den dritten Weltkrieg vorbereitet sein, wenn der freie und liberale Westen gegen die dunklen diktatorischen Mächte Russland und China kämpfen« wird. Immerhin würden die beiden Staaten versuchen, »die Weltherrschaft von den Vereinigten Staaten von Amerika herauszufordern und die ganze Welt zu unterjochen«. Das hat sie selbstverständlich nicht gesagt. Es entspräche ja der Wahrheit. Nein, Frau Merkel sagt lieber: »Russland hat den INF verletzt«, denn das ist nicht einmal die halbe Wahrheit, wenn man schon nicht direkt von einer Lüge sprechen will. In Wahrheit haben die USA mit ihrer Stationierung von Mittelstreckenraketen in Rumänien schon 2016 den Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF-Vertrag) verletzt und haben mit der Stationierung der Raketen in Polen eine weitere Verletzung vorgesehen – da kündigt man doch lieber gleich vorausschauend den Vertrag.

 

Auch sonst denkt die US-amerikanische Regierung vorausschauend: »Ich denke, es ist besser für den Übergang zur Demokratie in Venezuela, wenn er [Maduro] außer Landes ist, und es gibt eine Reihe von Ländern, die bereit wären, ihn aufzunehmen« (Elliott Abrams, US-Sonderbeauftragter für Venezuela, bei einer Pressekonferenz in Washington, zitiert nach MAZ, 9./10.2.19). Und wenn er nicht außer Landes geht, muss er eben beseitigt werden! Dumm nur, dass die Nachbarn Venezuelas keine militärischen Aufmarschgebiete sein wollen und innerstaatliche, friedliche Lösungen bevorzugen. Da wird wohl die US Army selbst die Sache in die Hand nehmen müssen. Vielleicht gelingt es ihr ja wie in Chile 1973 durch Mord an führenden regierungstreuen venezolanischen Generälen einen Militärputsch in Caracas doch noch hinzukriegen. Für die Befreiung des venezolanischen Öls aus der sozialistischen Knechtschaft. »Wir sind im Gespräch mit den wichtigsten [US-]amerikanischen Unternehmen, damit sie das Öl in Venezuela produzieren«, zitierte die jW John Bolton, den Nationalen Sicherheitsberater des US-Präsidenten, nach Fox Business. Vorausschauend! Denn der von den USA anerkannte Interims-Präsident Venezuelas, Guaidó, hatte schon wenige Stunden nach seiner Selbsternennung erklärt, das venezolanische staatliche Ölunternehmen privatisieren zu wollen – auch wenn das laut der Verfassung, auf die er sich sonst gern beruft, nicht möglich ist.

 

Wie viele Beine hat ein Pferd? Und wer zieht an den Zügeln, wenn das mystische Pferd »unsere Wirtschaft« ist? Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) möchte gern die Zügel in die Hand nehmen. »Aber es ist auch unfair, das Pferd, das aus unserer Wirtschaft, aus unseren mittelständischen, unseren großen Unternehmen besteht, in einen internationalen Wettlauf zu schicken, bei dem ihm beide Beine gebunden sind: zwei durch nationale Entscheidungen und Regelungen und zwei von internationalen Wirtschaftsräumen, mit denen wir im Wettbewerb stehen.« (Rede Altmaiers am 5. Februar zur Nationalen Industriestrategie 2030, https://www.bmwi.de) Wird das Pferd dann zum Kriechtier? Kriecht es in die Rezession? Da sei das Bundesamt für Statistik vor, das ein Wirtschaftswachstum sieht, auch wenn es nicht da ist. Die Nationale Industriestrategie 2030 des Ministers will die ausgetretenen Pfade der Freien Marktwirtschaft, des Laissez-faire, verlassen und möchte Monopole staatlich fördern – das ist ein alter Hut, aber bisher wurde er eher im Dunklen getragen. Das als »neue« Strategie zu verkaufen, ist schon frech.

 

Noch frecher ist es aber, den Sachverstand der tausenden verbeamteten Ministeriumsmitarbeiter zu unterschätzen: Für externe Beratung und Unterstützung gab die Bundesregierung 2017 mehr als 722 Millionen Euro aus. Das teilte sie Mitte Februar auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag mit. Diese Regierung baut zwar keine Grenzmauer, trennt aber die politische Entscheidungsfindung durch solche »Beratungen« von den zumindest mal beeidet dem Volke Dienenden ab.

 

Seine Mauer zu Mexiko wird Donald Trump bauen, egal was die gewählten Repräsentanten des Volkes dazu sagen. Er hat den nationalen Notstand ausgerufen, und der kann nur mithilfe seiner Mauer beendet werden, meint Mr. Trump. Wer nur einen Hammer hat, dem ist jedes Problem ein Nagel.

 

Ein Nagel im Fleisch ist den Regierenden eine Bewegung von unten, die ihren Verstand anzweifelt und ständig Alternativen aufzeigt. Die Organisation attac ist gemein zu Konzernen und ihren Politikern und nützlich für Steuerzahler und Verbraucher. Jetzt hat der Bundesfinanzhof das für attac im Gemeinnützigkeitsstreit zunächst positive Urteil des Finanzgerichts Kassel aufgehoben und das Verfahren nach Kassel zurückverwiesen. Denn gemeinnützig ist nur, wer Wissen bildet, aber nicht, wer aus diesem Wissen politische Forderungen erhebt. Das Urteil richtet sich nicht nur gegen attac, sondern gegen viele politisch tätige Vereine. Nur Parteien dürfen gesetzmäßig politische Willensbildung betreiben und ihre Gönner dafür Spenden von der Steuer absetzen. Eine Gesetzesauffassung, die zwar die jetzige Verfasstheit des Staates schützt, aber nicht die Verfassung.

 

Oft kopiert – nie erreicht: Die Franzosen haben einfach mehr Power auf der Straße. Oder können wir Deutschen das auch? Ja! Die Gelbwesten marschieren in Stuttgart, jeden Sonnabend! Und wogegen protestieren die Schwaben? Gegen den wahnsinnigen Tief-Bahnhof Stuttgart 21? Nein, das machen sie montags, und schon seit Jahren, und zwar völlig berechtigt. Die Schwaben vom Samstag sind gegen das Fahrverbot, das für Dieselfahrzeuge mit Abgasnorm 4 und niedriger in Stuttgart herrscht – seit 1. Januar für Auswärtige und ab 1. April auch für die Bewohner der Landeshauptstadt. Sie wollen nicht »DIE ESEL einer be-SCHEUER-ten Politik« sein, wie es auf ihren Schildern steht. Ins Leben gerufen hat die Bewegung ein Porsche-Mitarbeiter. Wenn das kein »Geschmäckle« hat! Derweil laufen in 24 deutschen Städten noch Verfahren, angestrengt von der Deutschen Umwelthilfe, um Fahrverbote zu erzwingen. Kriegen wir dann auch in Deutschland die gelbe Gefahr? Ich schaue Fake-News voraus …