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Potsdams Museum Barberini  (Maria Michel)

Es ist ein imposanter Platz, der Alte Markt in Potsdam: die Nikolaikirche, das Potsdam-Museum und der Landtag Brandenburg. Jetzt ist das Museum Barberini hinzugekommen. Damit hat Potsdam eine neue Kunstbegegnungsstätte von hohem Rang, und das Stadtzentrum erstrahlt im alten friderizianischen Glanz. Der Milliardär Hasso Plattner, Gründer des Hasso-Plattner-Instituts für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam, großzügiger Spender für die historische Fassade und das Kupferdach des wiedererrichteten Stadtschlosses, hat Potsdam für sich entdeckt und gestaltet die Stadt mit. Erklärte Gegner historischer Rekonstruktionen – nicht nur unter den Architekten – dürfte das nicht freuen.

 

In der Märkischen Allgemeinen Zeitung bekannte Plattner beim Räsonieren über den »Einigungsprozess«, die Menschen in der Ex-DDR seien im wiedervereinigten Deutschland schlechter weggekommen: »Über die Kunst sind wir hinweggewalzt.« Mit dem modern gestalteten Museum will er den geprellten Ostdeutschen etwas zurückgeben; eine noble Geste, die gebührend gewürdigt wurde mit dem Verdienstorden des Landes Brandenburg, der Ehrendoktorwürde der Universität Potsdam und dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt als Ehrenbürger.

 

Das Museum ist besucherfreundlich und modern eingerichtet. Es gibt kunstgerecht gestaltete Ausstellungsräume, einen Museums-Shop und ein kleines, angenehmes Restaurant. Auf 2200 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind in drei Etagen und mehreren Themenräumen gegenwärtig 92 Gemälde untergebracht. Die hellen Säle mit neutral-grauer oder blauer Wandfarbe bringen die Kunstwerke voll zur Geltung. Sitzgelegenheiten gestatten ein Verweilen. Die Exponate stammen aus der Sammlung Plattners, aus anderen Privatsammlungen oder sind Leihgaben aus internationalen Museen, unter anderem aus den USA, aus Paris, St. Petersburg oder Dresden. Bis zum 28. Mai gibt es drei große Ausstellungsbereiche: die Impressionisten, Klassiker der Moderne und eine Auswahl aus der Sammlung von DDR-Kunst des Barberini-Museums.

 

Im Mittelpunkt stehen die Impressionisten. Der Begriff Impressionismus stammt von Claude Monets Landschaftsbild »Impression, soleil levant«. Fürsprecher und Freund der Impressionisten war der Pariser Kunsthändler Paul Durand-Ruel, den man »Vater des Impressionismus« nennt. Claude Monet bekannte: »Ohne Durand wären wir verhungert, wir Impressionisten. Wir verdanken ihm alles.« Auktionen in Galerien und Künstlervereinigungen boten finanzielle Sicherheit. Durand nahm Künstler unter Vertrag, gab Vorschüsse, arrangierte Ausstellungen, denn das Publikum des 19. Jahrhundert wusste mit »unfertigem Gekleckse«, mit der Auflösung der Form nichts anzufangen. Der Durchbruch gelang dem Impressionismus 1886 in Amerika; er setzte sich in abgewandelter Form in ganz Europa durch. Auch im Museum Barberini zeigen die Werke der Impressionisten eine Fülle von flirrendem Licht und leuchtenden Farben; daraus entsteht Bewegung, Konturen werden aufgelöst. Das ist ein Fest fürs Auge. Die Themenräume Wald und Lichtung, Weite des Meeres, Himmel im Fluss, Pappeln und Felder, Der Süden, Weißes Licht, Gartenbilder und Seerosen lassen die Landschaften in den verschiedenen Jahreszeiten mit den Augen der Künstler sehen, lassen Kälte und Wärme mitempfinden. Es sind Werke von Claude Monet, Édouard Manet, Auguste Renoir, Camille Pissarro, Alfred Sisley und anderen zu bewundern. Claude Monets »Petites Dalles bei Ebbe« zeigt eine Harmonie warmer Farben und eine wunderbare Spiegelung im Wasser; das muss man einfach sehen. Vieles wirkt spielerisch, die Gartenbilder widerspiegeln die ganze Palette Monets; hier entfaltet er eine üppige Farbenpracht. Im Raum Wechselspiel mit der Natur werden einige seiner berühmten Seerosen-Bilder gezeigt. Manche Bilder sind aus feinen Farbtupfen zusammengesetzt und nähern sich dem Pointillismus, andere zeigen kräftige, breite Pinselhiebe.

 

Bei den Klassikern der Moderne fallen vor allem Werke von Liebermann, Nolde, dem Flamen Maurice de Vlaminck und dem Norweger Edvard Munch auf. Sie sind auf dunkelblaue Wände gehängt und schlagen einen Bogen zur Gegenwart. Munch stellt auf bewegende Weise Menschen dar, die atmen und fühlen, zum Beispiel in seinem Gemälde »Mädchen auf der Brücke«. In einem anderen Saal stehen Plastiken von Rodin, für mich ein Höhepunkt der Ausstellung.

 

Zwanzig Bilder zeigen im Erdgeschoss Malerei aus der DDR, unter anderem von Bernhard Heisig, Willi Sitte und Wolfgang Mattheuer. Wenn im Oktober eine umfangreiche Sonderschau mit solchen Werken eröffnet werden wird, kann man sich nur wünschen, dass die Bildkommentare Raum für eine freie Bildbetrachtung lassen und nicht alles im Sinn der Totalitarismusdoktrin interpretieren. Vielleicht sollte man künftig überhaupt auf Werkerläuterungen direkt neben den Exponaten verzichten – wie es in Museen von Weltrang üblich ist –  und mehr auf die Intelligenz des Publikums vertrauen.

 

 

Museum Barberini, Alter Markt, Humboldtstraße 5-6, Potsdam, Öffnungszeiten: Mo., Mi.-So. 11-19 Uhr, an jedem ersten Donnerstag im Monat 11-21 Uhr, Eintritt: 14 €, ermäßigt 10 €