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Titel719

Antworten

Florian Herrmann, Leiter von Söders Staatskanzlei und bayerischer Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten. – Im Bayerischen Landtag haben Sie einen Dringlichkeitsantrag der AfD, in dem diese das Fehlen der Forderung nach Aufhebung der sogenannten Beneš-Dekrete in einem Antrag von Freien Wählern und CSU zur Entwicklung der deutsch-tschechischen Beziehungen monierte, als »ewig gestrig« und »revanchistisch« zurückgewiesen. Wir kramen in unserem Gedächtnis, reißen staunend die Augen auf und stellen fest: Selbst die CSU ist ja lernfähig!

 

Carsten Sieling, Bürgermeister, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen (SPD). – Es ehrt Sie, dass Sie sich die Zeit genommen haben, persönlich die Benennung einer Straße nach der Bremerin Martha Heuer vorzunehmen, die während der NS-Zeit zusammen mit ihrer Mutter Melida Palme sechs jüdische Menschen versteckt und vor dem Tode gerettet hat. In Ihrer Rede vor der Enthüllung des ersten Schildes mit der Aufschrift »Martha-Heuer-Straße« sagten sie, gerade in diesen Tagen, da vermehrt populistische Parteien einfache Lösungen versprächen, sei es wichtig, sich diejenigen zum Vorbild zu nehmen, die sich in »dunkler Zeit« dem Unrecht und der Ausgrenzung entgegengestellt haben.

 

Karl Dietz Verlag, Berlin. – Sie haben die Anregung des Ossietzky-Autors Gerhard Hoffmann aufgenommen und Clara Tempel ein Exemplar Ihrer neuen Ausgabe von Rosa Luxemburg: »Briefe aus dem Gefängnis« in die JVA Hildesheim geschickt. Danke für diesen Akt der Solidarität. Tempel saß in der JVA einen Teil ihrer Geldstrafe ab, zu der sie für das Besetzen der Start- und Landebahn des Fliegerhorstes Büchel verurteilt worden war (vgl. Ossietzky 6/2019).

 

Dr. Gregor Mayntz, Vorsitzender der Bundespressekonferenz. – Ihr 1949 gegründeter Verein möchte »relativ schnell an möglichst objektive Informationen herankommen«. Regelmäßig veranlasst er heute Regierungssprecher Steffen Seibert aber nur, entweder ausweichende, gar keine oder an der Wahrheit dicht vorbeischrammende Antworten zu geben. Die von Ihnen versammelte Journalistenschar lässt sich das bieten. Rühmliche Ausnahme: Florian Warweg, RT-Redakteur. Er lässt Seibert und dessen Kollegen häufig uralt aussehen. Doch statt ihn kollegial mit Beifall zu unterstützen und Seibert notfalls mit Nachdruck an seine Auskunftspflichten zu erinnern, ist die Bundespressekonferenz zum Kopfnicker-Club verkommen. Beschämend, wie sich an diesem Beispiel zeigt: https://deutsch.rt.com/inland/86322-bundespressekonferenz-zu-nato-krieg-gegen-jugoslawien-offenbarungseid.

 

Erzählung, die. – Sie haben eine erstaunliche Karriere seit den letzten paar Jahren hingelegt. Ursprünglich waren Sie mal eine literarische Form, inzwischen aber können Sie für alles herhalten. Erzählung der deutschen Teilung, des deutschen Wirtschaftswunders, Erzählung der Mutterschaft und der immer besseren Entwicklung der sozialen Marktwirtschaft. Man erzählt heute die Philosophie, die Klassik und die Ernährungsfolgen. Eine Weiterentwicklung ist die Neuerzählung: der deutschen Teilung, des deutschen Wirtschaftswunders, der Mutterschaft …

 

Bauhaus-Publizisten, fleißig, aber gefährdet. – Sie haben dieses Jahr viel zu tun. Haben Sie aber mal bedacht, dass Sie für jede Erwähnung von »bauhaus« oder »Bauhaus« Lizenzgebühren zahlen müssten? Damit‘s gut werden muss, gibt es schließlich eine Handelskette. Und im ganz gewöhnlichen Kapitalismus muss man für alles zahlen, was ein anderer besitzt.

 

Finnische Sozialversicherungsbehörde, Grundeinkommen testend. – Andere Länder überlegen noch, Sie hingegen haben bereits erste Ergebnisse eines zweijährigen Pilotversuchs vorgelegt zu der Frage: Wie wirkt sich bei Erwerbslosen ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) aus? Durch das BGE von monatlich nur 560 Euro sei es den Erwerbslosen weder besser noch schlechter als der Kontrollgruppe möglich gewesen, an einen bezahlten Arbeitsplatz zu gelangen, stellten Sie fest – aber das dürfte Sie kaum überrascht haben. Interessant jedoch: Menschen mit BGE seien zuversichtlicher in Bezug auf ihre Zukunft und litten weniger unter Stress, Konzentrations- und Gesundheitsproblemen als diejenigen in der Kontrollgruppe mit herkömmlichen Unterstützungsleistungen. Anders gesagt: Ein bedingungsloses Grundeinkommen verursacht keineswegs nur Kosten, sondern dürfte zu Einsparungen im Gesundheitswesen sowie in Arbeitslosen- und Sozialämtern führen. Vor allem aber: Es sorgt für ausgeglichenere, gesündere Bürger. Wäre das nicht auch in unserem Staat erstrebenswert?