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Titel814

Alternative für DDR  (Matthias Biskupek)

Die schöne nagelneue Partei mit den klugen, älteren Herren in den Vorständen heißt AfD, was fälschlicherweise mit »Alternative für Deutschland« übersetzt wird. Dabei ist das D nur eine abgekürzte DDR, denn viele Forderungen dieser Partei decken sich mit jenen, die in der DDR vollinhaltlich, wie das damals hieß, verwirklicht wurden und worden waren – so viel Zeit für die deutsche Grammatik muß sein.

Wohl deshalb hat jene AfD auch in den bis heute als DDR-Kernländer geltenden Gebieten, dem einstigen Königreich Sachsen und den thüringischen Fürstentümern, besonders großen Anklang gefunden. Bis zu sieben Prozent der Bürger an den Urnen falteten dort ihre Wahlzettel für die AfD.

Man hat in der Partei bereits einen Generalsekretär für die Sachsen bestimmt. Das läßt an gute Zeiten erinnern. Man möchte die Braunkohleindustrie ausbauen, auch das ist eine schöne und gute Erinnerung. An den deutschen Grenzen will man eine schärfere Personen- und Warenkontrolle durchführen. Es gibt viele bereits in den Ruhestand versetzte Bürger, die einst bei den Zoll-Organen der DDR genau das in beeindruckender Weise durchführten. Es wäre relativ einfach, diese Menschen mit ihren großen Erfahrungen bei der Bekämpfung illegaler Grenzverletzungen wieder zu aktivieren. Auch bei der Postkontrolle und allen weiteren Sicherheitsmaßnahmen kann die AfD nahtlos an ein im Augenblick noch ruhendes Staatswesen anschließen.

Die AfD-Hauptforderung, die Wiedereinführung der D-Mark, liegt ebenfalls voll auf DDR-Linie, denn genau diese Währung war die gefragteste im einstigen Land zwischen Kap Arkona und Fichtelberg, zwischen Deutschland und Polen.

Die AfD möchte die mittlerweile offenbar in allen sächsischen Dörfern und in jeder thüringischen Residenz errichteten Moscheen samt Minaretten nicht mehr einfach so hinnehmen. Auch da befindet sie sich auf historisch fruchtbarem Boden: Die einzige Moschee in der DDR war in Wirklichkeit eine Dresdner Zigarettenfabrik.

Doch die AfD kümmert sich ebenso wie die volksnahe DDR-Führung rührend um die Entwicklung der Kultur. Sie möchte eine Radioquote für deutsche Musik einführen. In der DDR hieß diese segensreiche Regelung Sechzig-Vierzig. Erst wenn sechzig Mal Frank Schöbel, Dagmar Frederic, Carmen Nebel und Achim Mentzel gesungen hatten und das besonders patriotische Duo, die Träger der Hermann-Löns-Medaille Monika Hauff / Klaus-Dieter Henkler, lautstark für Sauberkeit plädiert hatte (»Auf die Bäume, ihr Affen, der Wald wird gefegt«), durfte das Yeah, Yeah der Beatles (anglo-amerikanisch) und die Gitarre von Django Reinhardt (belgischer Sinto) ertönen.

Nun wird bei den demnächst anstehenden Landtagswahlen in Thüringen eine Regierungsbildung allein mit den Kadern der AfD schwer werden; man muß sich Bündnispartner suchen. Auch da gibt es ein schönes Vorbild: der Block der Nationalen Front.

Für die AfD bietet sich ein natürlicher Bündnispartner an, die CDU. Diese hat lange historische Traditionen als Partner-Partei. In der DDR durfte sie beispielsweise IMMER den Minister für Post- und Fernmeldewesen stellen, auch das Gesundheitsressort und der Posten des Weimarer Oberbürgermeisters lagen traditionell in christdemokratischen Händen.

Die Kampfreserve dieser Partei, die sich »Junge Union« nennt, hat kürzlich in Thüringen bewiesen, daß sie zu jenen Grundwerten zurückkehren kann, die auch in der AfD immer mehr eine Heimstatt finden: die klassenmäßige Erziehung unserer jungen Menschen.

Da hatten doch in Suhl ein paar Schüler die Idee, während einer Projektwoche sich satirisch (!) mit der DDR auseinanderzusetzen. Zu diesem Zwecke zogen sie FDJ-Hemden an und überredeten ihre Lehrerin, dies auch zu tun. Dann ließen sich alle ablichten; die Lehrerin wurde auf einem Tisch, liegend vor der Schülergruppe, plaziert.

Die »Junge Union« forderte, nach eingehender Begutachtung der so entstandenen Bilder im Netz, völlig zu Recht, diese Lehrerin sofort aus dem Schuldienst zu entfernen.

Denn wo kommen wir hin, wenn unsere Lehrer die DDR lächerlich machen? Soll jener Staat doch demnächst als AfD fröhliche Wiederauferstehung feiern, von der Braunkohle bis zur Grenzkontrolle, vom Generalsekretär bis zur deutschen Schlagerquote.