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Titel1017

Inkompetent impotent  (Harald Kretzschmar)

Darf man so offenherzig dieses heikle Thema ansprechen? Ich denke, ja. Es ist alarmierend genug. Aus einer allmählich fadenscheinig durchlässig erscheinenden Männerwelt verlautet, es häuften sich die beklagenswerten Fälle von Impotenz. Was ist geschehen? Nicht nur Potentaten konnten sich immer auf ihre Potenz berufen. Alle potentiell für Leitungsposten geeigneten Kader hatten das gewisse Etwas, das sie attraktiv machte. Durch das Schwinden von Potenz sei ein entscheidender Wettbewerbsvorteil dem weiblichen Geschlecht gegenüber in Gefahr, hinfällig zu werden. Das immer häufiger am entscheidenden Punkt nicht mehr kompetent funktionierende Organ eines sonst gesunden Mannes zeige gravierende Schwachpunkte. Ein auf alarmierende Weise zunehmendes Erschlaffen körperlicher Spannkraft bedrohe unabsehbar elementare Grundwerte menschlichen Zusammenlebens.

 

Die vielgepriesene sexuelle Revolution – was ist sie noch wert, wenn es mit ihrem Haupt-Nutzeffekt abwärts geht? Das Phänomen hinterließe eklatante Fehlstellen in der geistigen Aktionsbereitschaft, so eine offensichtlich treffende Beobachtung. Depressionen mit Burnout-Symptomen seien an der Tagesordnung. Bedauerlicherweise sind die ersten Suizidversuche zu verzeichnen. Das Projekt, weibliche Hilfskräfte zur Stimulierung heranzuziehen, scheitert daran, dass im Allgemeinen der Stolz des Mannes zuallerletzt klein beigibt. Medizinische Ratgeber ziehen die ganze Angelegenheit leider aus der Sphäre intimer Diskretion bereits hemmungslos in eine auf peinliche Weise öffentliche Debatte. Und ihre Ratschläge sind offenbar nicht in der Lage, an die Wurzel des Übels zu gelangen.

 

Denn worauf läuft ärztliche Diagnose hinaus? Weniger körperliche Erschöpfung als in der Regel fehlgeleitete Hirntätigkeit verursache den Ausfall bisher gewohnter Funktion, wird da gesagt. Eine in den meisten Fällen zu registrierende falsche Durchblutung von Organen müsse geradezu zwangsläufig zu Pannen führen. Eine intakte Partnerbeziehung ohne Wenn und Aber sei notwendig. Frei von falschem Rekord-Leistungszwang solle man sich doch einfach mal so gehen lassen – welch höhnisches Ansinnen gegenüber all den bis ins letzte Effeff exakt durchgeplanten Lebensprogrammen! Außerdem sei eine unkontrollierte Einnahme von pharmazeutischen und alkoholischen Aufputschmitteln von Schaden. Gut gesagt, wo doch die Werbung suggestiv ganz andere exakte Informationen serviert.

 

Und das Schlimmste ist wie immer der Spott als Zugabe zum Schaden. Nichts bringt das Image aufrechten Mannestums mehr in eine Schieflage als das Tuscheln hinter vorgehaltener Hand über Vorfälle von Versagen. Ausgerechnet die Gelegenheiten, die bisher sieghafter Selbstverherrlichung Vorschub leisteten, drohen nun imaginären Frauenquoten geopfert zu werden. In dem Moment, da Männer-Seilschaften gekappt werden, wird Kraftpotential in erheblichem Maß reduziert. Lange bewährte Bruderbünde gelten von einem Tag zum anderen nicht mehr. Im Gegenzug weht ein scharfer Wind.

 

Eine total ausgewogene Balance von Männlichem und Weiblichem ist nun mal eine Rarität. Man beachte: Sobald irgendwo eine Mehrheit von weiblichen Akteuren, Verzeihung Aktricen, in Erscheinung tritt, dominiert deren Sichtweise. Und bis in die letzte einst von Männlichem geprägte Wortschöpfung tritt der Kehraus der Umkehrung aller Werte seinen Siegeszug an. Die dann eben auch für das weibliche Geschlecht bittere Erkenntnis besteht darin: Gerade in der Phase neu zu entdeckender femininer sexueller Aktivität lässt die Leistungsfähigkeit der dazu erforderlichen männlichen Partner auf besorgniserregende Weise nach. Was Werbung dem weiblichen Gemüt da an wundersamen Zaubermitteln aufschwatzt, kann dann nur noch weiteren Schaden anrichten. Sind wir noch zu retten?