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Titel1310

Reden oder schießen  (Eckart Spoo)

Mit den Hamas darf man nicht reden. Niemand darf nach Gaza, wenn Israel es nicht will. Auch nicht ein deutscher Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Er würde dort Hamas treffen und mit ihnen reden. Das darf er nicht.

Die Hamas haben in freier Wahl von der großen Mehrheit den Regierungsauftrag erhalten. Sie sollen über Frieden verhandeln. Aber die in Israel regierenden Politiker verhandeln nicht mit ihnen und blockieren jeden Kontakt zu ihnen.

Wer sind die Hamas? Was wollen sie? Welche politischen Vorstellungen haben sie? Wir erfahren nichts darüber. Dieser Tage soll auch noch der Empfang ihres Fernsehsenders Al-Aksa-TV in Europa unterbunden werden. Die EU-Kommission will ihn abschalten lassen.

Als George W. Bush den »globalen Krieg gegen den Terror« begann, ließ er in Afghanistan sogleich die Radio-Sender der regierenden Taleban bombardieren. Sie wurden mundtot gemacht, bevor die USA und ihre »uneingeschränkt solidarischen« Verbündeten sie systematisch zu töten begann.

Im Krieg gegen Jugoslawien veranlaßte Joseph Fischers Auswärtiges Amt bei der Eutelsat-Zentrale in London, daß die Übertragung serbischer Fernsehprogramme abgeschaltet wurde. Wir – eingeschlossen die in Westeuropa lebenden Serben – wurden gehindert, Bilder von den unsäglichen Wirkungen der Bombenangriffe zu sehen. Ein direkter Eingriff in unser Grundrecht auf Information. Begründung: Was Belgrad sende, sei doch nur Propaganda – als wäre das, was US-amerikanische oder deutsche oder israelische Medien verbreiten, die reine, objektive, umfassende Wahrheit. Und als hätten die Regierungen zu entscheiden, was wahr ist oder welche Wahrheit uns frommt.

Im Irakkrieg luden deutsche Gewerkschafter irakische Kollegen ein, hier über den Krieg zu berichten. Die Gäste waren unerwünscht. Sie erhielten keine Einreisegenehmigung. Wir sollen uns in Kriegen nicht von beiden Seiten informieren lassen. Im Zweiten Weltkrieg bestrafte die Nazi-Justiz das Hören von Feindsendern mit dem Tode.

Zivilisierte Menschen reden miteinander. Das ist die Voraussetzung für Frieden und Demokratie. Wer uns verwehrt, uns von anderen ein eigenes Bild zu machen und uns mit ihnen auszutauschen, der macht sie zu unseren Feinden und uns zu ihren. Wer Kontakt- und Informationsmöglichkeiten einschränkt, zieht uns in den Krieg. Ein Verbrechen. Aber wer von uns kann auch nur ahnen, was ihm oder ihr vorenthalten wird? Wenn unsere Verwandten, Bekannten, Nachbarn und womöglich wir selber glauben, über Hamas und Taleban hinreichend informiert zu sein, gut genug jedenfalls, um zu wissen, daß sie Barbaren und Verbrecher sind, mit denen man nicht reden kann, dann hat die Propaganda ihren Zweck erfüllt.