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Titel1620

Bemerkungen

Kurz notiert

Der Sieg ist ein Triumph der Kompromisse.

 

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Der Trockenschwimmer denkt am meisten über Wasser nach.

 

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Phantasie ist das Verlangen der Vernunft nach Selbstüberwindung.

 

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Wer das letzte Wort beansprucht, dem muss ein Punkt gesetzt werden.

 

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Keine Vernunft kommt ohne Dummheit aus.

 

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Eine Festung ist mein Glauben, aber sie hat keine Besatzung.

 

Norbert Büttner

 

Unter dem Titel »Wahrheit ist stets Beleidigung der Lüge« hat Norbert Büttner jetzt Glossalien, Lokalien und Paraphrasen versammelt. Erschienen ist das 95-seitige Buch zum Preis von 11,80 Euro im Geest-Verlag. Originalität und Scharfzüngigkeit laden zum Durchstöbern der Berichte und Notate aus dem Zettelkasten ein.

 

 

Belastender Skandal

Endlich Klarheit: Der emeritierte spanische König Juan Carlos I. ist in Abu Dhabi. Die katholisch-monarchistische Tageszeitung ABC brachte die Nachricht mit Foto, dann auch TVE1.

 

Ministerpräsident Pedro Sánchez (Partido Socialista Obrero Español) ist derzeit der wichtigste Verbündete von König Felipe VI. Sánchez nahm nach dem Abgang des Ex-Königs ins Exil die Monarchie öffentlich in Schutz. Spanien brauche in diesen schweren Zeiten robuste Institutionen, teilte er in einem Brief den Mitgliedern seiner Partei mit. »Mit der Verabschiedung der spanischen Verfassung 1978 und der Einführung der konstitutionellen Monarchie« sei in Spanien »eine der zwanzig besten Demokratien der Welt« entstanden, schrieb Sánchez weiter. In seiner Regierungserklärung vor der Sommerpause sagte er, es müsse verhindert werden, dass Juan Carlos’ Fehltritte dessen Sohn Felipe und die Institution Monarchie in Mitleidenschaft ziehen.

 

Die Einführung der Monarchie bereitete allerdings bereits 1947 Francisco Franco zur Sicherung seiner Diktatur vor.

 

Vizeministerpräsident Pablo Iglesias übte Kritik daran, dass Juan Carlos einfach untergetaucht ist, er hält das Verhalten für mehr als beschämend. Nach fast vierzigjähriger Amtszeit als Staatschef sei Juan Carlos verpflichtet, Verantwortung für seine Taten zu übernehmen. Auch sei es kein guter Stil, dass sich Felipe VI. und Sánchez auf das Exil einigten, ohne dass er und andere Regierungsmitglieder in die Beratungen einbezogen worden seien.

 

Im katalanischen Parlament gab es eine Sondersitzung zur Krise der spanischen Monarchie. Quim Torra, Präsident der Generalitat de Catalunya, rief Felipe VI. zum Thronverzicht auf und bezeichnete die spanische Monarchie als ein von Franco aufgezwungenes »Bourbonen-Regime«.

 

Angesichts der Skandale der Königsfamilie haben viele Spanier das Vertrauen in die Monarchie verloren. Das zeigen die antimonarchistischen Demonstrationen im Baskenland und in Katalonien. Das spanische Meinungsforschungsinstitut Centro de Investigaciones Sociológicas hatte 2015 das letzte Mal nach der Beliebtheit des Königshauses gefragt – damals wurden von möglichen zehn Punkten nur 4,3 Punkte erzielt. Einige Städte, darunter Cádiz und Saragoza überlegen, ob Straßen, Parks oder Universitäten, die nach Juan Carlos benannt sind, einen neuen Namen erhalten sollen.

 

Ian Gibson, ein irischer Autor und Hispanist, schreibt am 11. August in der Internetzeitung elDiario.es: »Es ist bedauerlich, dass Juan Carlos das Franco-Regime nie hinterfragt hat.« Er fordert: »Nach der Pandemie muss die Debatte Monarchie oder Republik geführt werden.«                              

 

Karl-H. Walloch

 

 

 

Manifest mit festen Fakten

Analyse und Vorschläge in Bezug auf die Verkehrspolitik in einzigartiger Weise vereinigt – das leisten Carl Waßmuth und Winfried Wolf in ihrem Buch »Verkehrswende. Ein Manifest«. Sie haben Argumente und Schlussfolgerungen in 20 Punkte gefasst, von denen jeder einzelne gesellschaftliche und ökologische Vorteile bringen würde. In Summe ergeben sie ein schlüssiges Konzept für die notwendige Korrektur der Verkehrspolitik.

 

»Der Schlüsselgedanke der in diesem Manifest vorgestellten Verkehrswende stellt den Menschen, den Umweltschutz und den Kampf gegen die Klimaerwärmung ins Zentrum«, benennen die Autoren ihr Anliegen einleitend.

 

Die Reihenfolge ist keineswegs zufällig oder beliebig: Viele Veröffentlichungen beginnen mit der drohenden Ökokatastrophe und entsprechenden Szenarien. Hier dagegen gehen die Autoren Punkt für Punkt von den positiven Folgen ihrer Vorschläge für die Menschen aus. Und die Vorschläge beinhalten nicht nur strukturelle, sondern eine Fülle von ›weichen‹, leichter realisierbaren Schritten.

 

Das ist deshalb bedeutsam, weil eine Verkehrswende – wie überhaupt eine ökologische Transformation – gegen die Widerstände der von Veränderungen betroffenen Menschen kaum durchsetzbar sein dürfte. Es ist zweitens auch deshalb wichtig, weil das Bewusstsein von den Möglichkeiten vielfach durch jahrzehntelange Lobbyarbeit, die verbreitete scheinbare Alternativlosigkeit und eine eingefahrene Konsumgesellschaft getrübt und gelenkt ist.

 

Die Autoren senken eine erkenntnispsychologische Hemmschwelle, die aus Angst vor dem Unbekannten das Klammern an das, was man kennt, bewirkt.

 

Von daher ist es auch nicht zufällig, dass das Auto erst in den letzten beiden Punkten in den Blick genommen wird, obwohl der »Abschied vom Auto« den »Wesenskern der Verkehrswende« bildet. Aber auch hier überrascht das Buch durch seinen Einstieg mit systematisch niedrigschwelligen Vorschlägen, um schließlich zum Thema Konversion vorzudringen.

 

Bei der Aufklärung hilft ein weiterer Pluspunkt des Buches: das Zahlenmaterial. Bis ins Detail und gut belegt werden akribisch Entwicklungen nachgezeichnet, die zu den heutigen Zuständen geführt haben, und die in dieser Dichte sonst nicht so schnell zu finden sind.

 

So ist es nicht verwunderlich, dass die Engführung der Transformation auf die Elektromobilität in der Autobranche, wie sie in der Wirtschaftspolitik und damit auch der gesellschaftlichen Mainstream-Debatte vorherrscht, für die Autoren nicht als Lösung in Frage kommt. Ergänzend sei dazu auf das Buch »Mit dem Elektroauto in die Sackgasse« des Ko-Autors Wolf verwiesen.

 

»Verkehrswende – Ein Manifest« sollten all diejenigen parat haben, die politisch unterwegs sind, in Bildungseinrichtungen für Aufklärung sorgen oder einfach nur das Gefühl überwinden wollen, etwas ändern zu sollen, ohne die Alternativen genauer zu kennen.

 

Herbert Storn

 

Carl Waßmuth/Winfried Wolf: »Verkehrswende. Ein Manifest«, PapyRossa, 200 Seiten, 14,90 €

 

 

 

Familien und Gewalt

Kindheit in einer sächsischen Kleinstadt der 80er Jahre. Ruth ist die Tochter eines Pfarrers, Viktors Vater ist NVA-Offizier. Es werden Episoden aus dem Familienleben erinnert, und scheinbar ist dieser Alltag nicht sonderlich spektakulär: Die Eltern sind beschäftigt, streiten sich, wie es die Nachbarn auch tun. Und doch: Hier geht es um mehr als normale Familientristesse und Vorwendeatmosphäre – den Kindern wird von Familienangehörigen sexuelle Gewalt angetan, und alle schweigen. Dieses Schweigen und Verdrängen ist genauso Thema des Romans wie die Gewalt, die weder allein an Zeit noch Ort gebunden ist, wie es ein weiterer Handlungsstrang in Frankreich bezeugt.

 

Ulrike Almut Sandig (geboren 1979 in Großenhain), bisher als Lyrikerin bekannt, arbeitet viel mit Andeutungen, versteht es aber auch, genau und sachlich zu sein. Das Ganze kann man als Versuch verstehen, die Erfahrungen ihrer Generation festzuhalten oder aber Gewalterfahrung literarisch zu thematisieren. Gleichzeitig gibt es einen ökologischen Hintergrund: Die Helden leben im Braunkohleabbaugebiet. Ein bisschen viel auf einmal.            

 

Christel Berger

 

Ulrike Almut Sandig: »Monster wie wir«, Schöffling & Co, 232 Seiten, 22 €

 

 

Letzter Applaus

Applaus auf einem Friedhof ist eine ungewöhnliche Bekundung. Und doch stellte er sich zwischen alten Bäumen und frischen Gräbern an der noch offenen Urnenstelle auf dem Friedhof Karlshorst ein, nachdem sich Familienangehörige, gute Freunde und zahlreiche Trauergäste am 23. Juli von Manfred Rosenberg verabschiedet hatten. Ihnen allen war der Vollblutmusiker menschliches Vorbild, einfühlsamer Dirigent, souveräner musikalischer Begleiter und verständnisvoller Berater in allen nur möglichen Situationen des Lebens gewesen. Und der anerkennende, von einem Künstlerkollegen spontan empfundene und von allen Anwesenden aufgenommene Applaus am Ende des bewegenden Abschiedes war nicht weniger als eine Beifallsbekundung für sein Können und eine Ausstrahlung, wie sie dem Generalmusikdirektor nach großen Konzerten in Opernhäusern ein ganzes Berufsleben lang ebenso zuteil geworden war wie nach der musikalischen Leitung von Programmen der kleinen musikalisch-literarischen Form.

 

Mit Manfred Rosenberg verliert die bundesdeutsche Musikwelt einen Künstler, der als Dirigent die unterschiedlichsten Genres beherrschte und als musikalischer Interpret der Chansons eines Kurt Tucholsky oder eines Friedrich Hollaender den Texten stets einen besonderen Esprit verlieh. Er war ein Mann ohne jeden Profidünkel, ein Mensch voll uneigennütziger Hilfsbereitschaft und voller ehrlicher Solidarität. Geprägt wurden diese Eigenschaften bereits durch die Musikerfamilie, in der er in seiner brandenburgischen Heimat aufwuchs. Und geformt und gefordert wurden sie in den Nachkriegsjahren, in denen er mit anderen jungen Leuten zum Tanz und zur Unterhaltung aufspielte, was den Akteuren in den Nachkriegsjahren statt Honorar Überlebensmittel einbrachte.

 

Viele Jahre lang war der Theaterkapellmeister und spätere langjährige Chef des DEFA- und des nachfolgenden Babelsberger Filmorchesters für uns vom Zimmertheater Karlshorst eine aus der Ferne bewunderte Ikone. Dann rückte er uns näher, als er die Berliner Profi- und Amateur-Kabarett-Szene noch zu DDR-Zeiten in Workshops musikalisch betreute und die »Kleinkünstler« einfühlsam beriet. Und wir hatten zu Beginn der 90er Jahre miteinander zu tun, als er im Theater Karlshorst die musikalische Leitung der Kabarette »Paul Lincke ist nicht totzukriegen« übernahm. Diese Spielform war dem Versuch geschuldet, eine neue satirisch-musikalische Klangfarbe zu schaffen und Künstlern des abgewickelten Berliner Metropol-Operettentheaters zugleich eine neue künstlerische Chance zu bieten. Das war der Beginn einer Zusammenarbeit, die sich durch Manfreds Übernahme der musikalischen Leitung unseres Tucholsky-Programms »Das Leben ist gar nicht so – es ist ganz anders ...« dauerhaft vertiefte .

 

Unsere Gastspiele in Städten wie Hannover, Lübeck, Leipzig, St. Georgen, in Detmold und Minden sowie im Schwarzwald, im Erzgebirge, auf Hiddensee und in den französischen Pyrenäen trugen dazu bei, das Nachdenken über die Aktualität Tucholskys anzuregen. Der Generalmusikdirektor gehörte zu jenen Künstlern, die durch ihr Engagement in der von den bisherigen Besuchern besetzten Kurt-Tucholsky-Bibliothek in der Berliner Esmarchstraße erfolgreich darauf hinwirkten, die bereits behördlich verfügte Schließung wieder aufzuheben.

 

Und Manfred Rosenberg war einer  jener Berliner, die laut Kurt Tucholsky »ständig noch etwas vorhaben«. Er hatte das siebte Lebensjahrzehnt bereits hinter sich, als er zu den Begründern der »Elblandfestspiele« gehörte, deren Konzerte in Wittenberge er in den Anfangsjahren dirigierte. Und die Leitung der jährlichen Neujahrskonzerte der Volkssolidarität im Berliner Konzerthaus gab er erst auf, als er den körperlichen Anstrengungen beim besten Willen nicht mehr gewachsen war.

 

Er wird uns auch wegen der Erlebnisse auf unseren gemeinsamen Auftrittsreisen unvergessen bleiben – nicht zuletzt, weil wir uns nicht nur die Bühne, sondern auch das Steuer teilten und gemeinsam unseren VW-Bus anschoben, wenn wir wieder einmal stehengeblieben waren ...

 

Marlis und Wolfgang Helfritsch

 

 

Zuschrift an die Lokalpresse

Am 12. August berichteten die Medien über den ersten Corona-Impfstoff, der staatlich zugelassen wurde. Das russische »Vakzin« wurde vom Moskauer Gamaleja-Institut für Epidemiologie entwickelt und führt, wie Präsident Putin höchstpersönlich versicherte, zu einer »beständigen Immunität«. Bereits am 1. Januar 2021 soll das Präparat in Umlauf gebracht werden. Ich finde, dass dieses Resultat der russischen Forschung Anerkennung verdient, obwohl von internationalen Fachleuten sofort kritisiert wurde, dass das Prüfverfahren noch nicht alle Teststufen durchlaufen hat. In Anbetracht der weltweiten Auswirkungen der Pandemie ist keine Zeit zu verlieren. Und ich gönne jedem Land die Beispielwirkung und das – warum auch nicht? – dadurch erworbene Prestige. Einen solchen internationalen Wettbewerb halte ich im Gegensatz zur Entwicklung noch wirksamerer Atomwaffen für sinnvoll und menschenwürdig! – Gottlob Brausewetter (56), Probant, 01234 Dresden-Weißer Hirsch

 

Wolfgang Helfritsch