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Titel212013

Staatsgalerie Stuttgart in alter Pracht?  (Rosa Wacholder)

Der neuen Chefin dient die Staatsgalerie wie schon dem Vorgänger als Sprungbrett für die weitere Karriere. Durch unkonventionelle Ideen, eigene Gedanken ist sie bei ihren vielen Interviews noch nicht aufgefallen, statt dessen betreibt sie mit Macht und Rücksichtslosigkeit die Umgestaltung der Staatsgalerie in Richtung Pracht und Glanz. Daß das eine Rückentwicklung ist, eine Retro-Simulation, haben ältere BesucherInnen rasch erkannt.

Die Chefin agiert von oben herab, wie es ihr Vorgänger nicht getan hätte. Das ist ein Zeichen derzeitiger Herrlichkeit der Grünen. Sie leiten das baden-württembergische Kunstministerium.

Den Aufsichten hat die Chefin die Stühle weggenommen, nachdem sie ihnen vorher schon das Geld für Mehrarbeit nachträglich entzogen hatte, um sie dafür in den Zwangsurlaub während der Umbauphase zu schicken. Andere KollegInnen durften für den selben Zweck weit jenseits der erlaubten Arbeitszeit arbeiten.

Journalisten finden die Arbeitsbedingungen hier wahrscheinlich traumhaft – dieses Argument wird in der Staatsgalerie als Lohnersatz gehandelt. Als Ausgleich für den niedrigen Lohn, der einen kaum über »Hartz IV« hebt: Man ist von Kunst umgeben. Und: Woanders, zum Beispiel in der Wurstfabrik, ist es schlimmer. Mir fällt dazu nur noch ein: In Afrika essen sie Heuschrecken. Gut, wenn man hier mal damit anfängt. Es gibt ja schon Versuche.

Der Museumsshop wurde privatisiert, ein Eingang geschlossen. Man spart am Personal, um es besser für Performances einzusetzen, die als nützlich für die Karriere der Chefin gelten.

Betritt man die Staatsgalerie durch den nunmehr einzigen Eingang, so kommt man auf die schräge, halb verborgene Kassentheke zu. Über den Kassen schwebt ein Monitor, der etwas von einem Damoklesschwert hat, genau über dem eintrittswilligen Kunden. Hinter den Kassen ist der runde frühere Kassenbereich zum Herz des unternehmerisch aus der Staatsgalerie ausgegliederten, sprich: outgesourcten, Museumsshops geworden. Links davon dessen Warenangebot, gemütlich angeleuchtet.

Die MitarbeiterInnen der Kassentheke haben einen schmalen Gang zum Stehen, vor ihnen die Kundschaft, hinter ihnen der privatisierte Verkaufsladen, wo sie früher standen. Sie haben ihre Zukunft hinter sich und können nun das Fürchten lernen. Gemütlich werden sie es sich auf ihren Plätzen nicht machen können, da ist Frau Direktor vor.

In die Geschichte wird die Chefin durch die Erfindung des limitierten Rundgangs in der Sackgasse eingehen, durch farbige Wände, die der Orientierung dienen sollen, wo es früher Raumnummern gab, und durch die Erfindung des Info-Raums. Den wird womöglich die Plage der Ehrenamtlichen heimsuchen. Aber selbstverständlich wird dadurch kein Beschäftigter und keine Beschäftigte die Stelle verlieren. Nie und nimmer.

Ihrer Sitzmöglichkeiten beraubt, wandern die Aufsichten ruhelos durch die Hallen, im Angesicht einer Kunst, die einmal mehr bewiesen hat, daß sie die Menschen – zumindest die Leitung dieses Hauses – nicht besser macht, anders als wir es in der Schule lernten, Katharsis hin oder her.

Die Grünen sind die Partei der Besserverdienenden, wie man erst unlängst wieder in der Zeitung lesen konnte. Sie haben diese aus der Geld- oder Moralwaschanlage einer Bank gekommene Direktorin berufen, damit sie einen gemeinsamen Rundgang für grüne Prominenz und Großbürgertum kreiert, damit man sich auch menschlich näher kommt. Das Volk, das unter dem alten, eher britisch demokratisch gestimmt en Direktor noch fotografieren durfte, damit es ein Bild von dem, was eigentlich ihm gehört, mit nach Hause nehmen konnte, darf dies nun nicht mehr. Man erhofft sich davon vermutlich Mehreinnahmen einen Schub etwa beim Verkauf der Postkarten mit Abbildungen von Kunstwerken aus diesem Hause.

Historisch interessierte Menschen werden vielleicht wissen, worauf früher Glanz und Pracht beruhten. Gelegentlich erinnern uns Bilder an eine verleugnete Tradition von Macht und Herrschaft. Ob sie in dem neuen Glanz, der neuen Pracht der Staatsgalerie wahrgenommen werden?