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Titel2409

Manfred Wekwerth zum 80.  (David Salomon)

Im Mai 2008 veranstaltete der Studentenverband »Die Linke.SDS« eine große Konferenz zum 40. Jahrestag der 68er-Bewegung. Manfred Wekwerth, der frühere Intendant des Berliner Ensembles, wurde für ein öffentliches Gespräch über die Frage, ob Theater die Welt verändern könne, gewonnen. Ich sollte moderieren. Auf der Treppe zum Dekanatssaal der Humboldt-Universität, etwa auf der Höhe, wo Marx’ elfte Feuerbach-These in der von Engels redigierten Fassung feststellt, daß die Philosophen die Welt nur verschieden interpretiert hätten, es aber darauf ankomme, sie zu verändern, flüsterte er mir zu: »Wehe, du nennst mich einen Zeitzeugen. Ich bin Zeitgenosse.«

Am 3. Dezember wird Manfred Wekwerth achtzig Jahre alt. Sein Theater, seine Filme und seine Bücher belegen, daß es ihm niemals bloß darum ging, Zeit zu bezeugen: Vom »Mutter Courage«-Film aus den Sechzigern (mit Helene Weigel, Ernst Busch und Erwin Geschonneck) über die »Tage der Commune« und den »Arturo Ui«, von den Filmen »Optimistische Tragödie«, »Die unheilige Sophia«, »Happy End« und »Zement« bis zum 2006 uraufgeführten Brecht-Rockkonzert mit der Band Emma, von der großen Arbeit über »Theater und Wissenschaft« bis zum jüngst erschienenen Band »Mut zum Genuß«, stets geht es Manfred Wekwerth darum, die zeitgenössische Welt zu begreifen und zu ihrer Veränderung beizutragen, kurz: »eingreifend zu denken«. Denn: »Nur was ich verändere, begreife ich«, zitiert er gerne Brecht.

Wenn er betont, daß Brecht den Linken die Ästhetik zurückgegeben hat, so ist das nur die halbe Wahrheit. Er selbst hat an einem solchen Programm keinen geringen Anteil. Daß Begreifen und Verändern Spaß machen kann und – nicht zuletzt im Theater – auch Spaß machen muß, kann man von Manfred Wekwerth lernen. Daß man es in seiner Kunst auch erleben kann, ist freilich zugleich das Verdienst wunderbarer Schauspieler wie Renate Richter, mit der er (nebenbei) auch verheiratet ist.

Lieber Manfred Wekwerth, wir – und das sind viele – gratulieren Dir und hoffen, daß Du noch lange unser Zeitgenosse bleibst.