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Titel320

Monatsrückblick: Nicht nichts  (Jane Zahn)

»Das ist nicht nichts, aber auch nicht sehr viel«, sagte Sahra Wagenknecht in der taz vom 18./19. Januar über die Erfolge der Linkspartei. Eigentlich kann man das über sehr vieles sagen.

 

Aber nicht über den Mord per Drohne an dem iranischen General Soleimani. »They attacked us, and we hit back« (»Sie haben uns angegriffen, und wir haben zurückgeschlagen«), twitterte Donald Trump am 5. Januar. Andere Sicht: Trump habe eine »Dynamit-Stange in ein Pulverfass geworfen«, so Joe Biden, Präsidentschaftskandidat der Demokraten. Anzeichen für eine direkte Bedrohung der USA durch General Soleimani kann übrigens das Außenministerium der USA nicht bestätigen. Da kann nichts dann doch sehr viel sein.

 

»Es ist durch die Aktion nicht einfacher geworden, Spannungen abzubauen«, kritisierte vorsichtig Heiko Maas (MAZ, 4./5.1.20). Mit Verlaub, Herr Maas, es wäre leichter, wenn die USA jetzt der Forderung des irakischen Parlaments Folge leisteten und abzögen. Machen sie selbstverständlich nicht. Sie sind ja auch nicht auf Einladung der irakischen Regierung dort. Während der General eingeladen war …

 

Eingeladen waren auch General Haftar und der von der EU anerkannte Präsident Libyens. Nach Berlin. Nachdem die Türkei und Russland einen Waffenstillstand zwischen der Regierung und ihrem Herausforderer, General Haftar, ausgehandelt hatten, wollte nun die BRD zum Friedensstifter werden und lud  zur großen Friedenskonferenz nach Berlin ein. Es war schon ein Erfolg, dass alle kamen und dass vor allem niemand vorzeitig abreiste (wie Haftar vor kurzem aus Moskau). Das war nicht nichts! Aber Heiko Maas  fordert auch noch »Nichteinmischung« in Libyen. Die sei nötig, damit der Bürgerkrieg in dem Land aufhöre. Aber von Nichteinmischung keine Rede. Die EU soll Militär schicken, um den Waffenstillstand zu schützen. Weil die EU ja so neutral ist. Nein, sie hat weder Interesse am libyschen Öl noch an dem Zurückhalten der afrikanischen Migranten! Völlig uneigennützig! So uneigennützig wie sie vor neun Jahren Gaddafi stürzen und ermorden ließ. Wenn die Räuber und Mörder nun selbst die Einhaltung der Gesetze überwachen sollen, ist das nur gerecht, oder? Jedenfalls nicht nichts.

 

Ist das Abreißen eines Helmes versuchter Mord? Einem Polizeibeamten wurde beim Einsatz in der Silvesternacht in Leipzig-Connewitz der Helm vom Kopf gerissen, dem Mann musste unter örtlicher Betäubung das Ohr operiert werden. Im Polizeibericht stand »Notoperation« und »versuchter Mord« (jW, 4./5.1.20). Leipzigs Oberbürgermeister Jung (SPD) verurteilte den »heftigen kriminellen Gewaltausbruch«, Innenminister Seehofer wusste: »Diese Tat zeigt: Menschenverachtende Gewalt geht auch von Linksextremisten aus« (MAZ, 3.1.20).

 

Zum Vergleich: In Berlin wurden in der Silvesternacht 15 durch Böller schwer verletzte Menschen ins Krankenhaus eingeliefert. Und 2018 erschossen Polizisten im Einsatz elf Menschen. Nichts ist das nicht …

 

Das NATO-Großmanöver »Defender 2020« wirft seine Schatten voraus, die US- und Bundeswehr-Generäle machen PR. Die Truppen wollen »gute Nachbarn« sein, da wo sie durchziehen. Sie haben auch aus schlechten Erfahrungen gelernt: Bei Lehnin wird es diesmal keinen Rastplatz geben, da gab es bei vergangenen Manövern zu viele Gegendemonstrationen. Das Manöver »richte sich nicht gegen ein einzelnes Land«, betonten die Generäle (MAZ, 15.1.20). Es geht nur an die Grenze eines Landes. Und das hat traumatische Erfahrungen mit Grenzverletzungen gemacht und feiert während des Manövers den 75. Jahrestag seines Sieges über die Invasoren. Nichts, was den Frieden stören könnte …

 

Die Fondsgesellschaft BlackRock will Kapital für Klimaschutz mobilisieren, und schwärmt auf der Homepage von einer »fundamentalen Umgestaltung der Finanzwelt« (https://www.blackrock.com/de). Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos tat sich BlackRock mit Frankreich und Deutschland zu einer »Klima-Finanz-Partnerschaft« zusammen. Irgendwie kam mir die Meldung bekannt vor, und Google fand dann die Nachricht aus dem Jahr 2018: »Gemeinsam gegen den Klimawandel: BlackRock gründet einen Klimafonds, und die Regierungen (Frankreichs und Deutschlands) und Stiftungen (Ikea, Hewlett, Grantham) könnten eine Art Anschubfinanzierung für einen Klimainvestmentfonds leisten und dafür zunächst bis zu 100 Millionen Dollar mobilisieren, hieß es in Finanzkreisen. Institutionelle Investoren wie Pensionsfonds, Staatsfonds, Versicherungsunternehmen, Family Offices und weitere Stiftungen sollen hernach ein Vielfaches der Summe aufbringen.« (Handelsblatt, 26.9.18) Dabei sollen die Gelder durchaus nicht verloren sein. Die Renditeerwartung beträgt fünf bis sieben Prozent. Mehr als nichts!

 

Und was macht BlackRock mit seinen Anteilen zum Beispiel an RWE und e.on? Außer Briefe schreiben?

 

»Das Bewusstsein ändert sich rasant, und ich bin überzeugt, dass wir vor einer fundamentalen Umgestaltung der Finanzwelt stehen«, schreibt Lawrence Fink, Eigentümer von BlackRock in einem vierseitigen PR-Brief (https://www.blackrock.com/de/privatanleger/larry-fink-ceo-letter). Der neue Fonds soll sich schließlich rentieren! Und BlackRock will bei der Umgestaltung vorne dran sein.

 

»In Davos beraten jetzt 3000 Brandstifter, wie man gewinnbringend die Feuer löschen könnte«, formulierte Klaus Stuttmann in einer Karikatur (MAZ, 21.1.20).

 

Das ist nicht nichts, aber besser wäre es, wenn die Brände gar nicht erst entstünden!