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Titel0411

Antworten

Redaktion Frankfurter Allgemeine, zuversichtlich. – »Inspiration für Arabien« lassen Sie Ihre Leitartikler jubeln, den »Freiheitssturm« begrüßen. Die »Kleptokratien«, die »korrupten Eliten« würden nun weggeräumt, die Epoche der »orientalischen Despotie« sei beendet. Offenbar verlassen Sie sich darauf, daß die USA und die EU es im arabischen Raum schon richten werden. Und darauf, daß Ihre Leserinnen und Leser ein schwaches Gedächtnis haben, dem Ihre frühere Berichterstattung über Despoten und Kleptokraten schon entschwunden ist. Außerdem dürfte sich Ihre Zuversicht darauf gründen, daß es auch in stürmischen Zeiten standfeste Partner am Nil gibt: die Militärs. Denen hat es an Inspiration nie gefehlt. Auch nicht an Zuwendungen westlicher Freundesstaaten. Damit dies so bleibt, wird es gewiß auch in Zukunft nicht mangeln. Also sind auch Wutaraber freundlich zu beschreiben. Es sind, darauf werden Sie setzen, Demokraten in der Fürsorge von Soldaten.

Guido Westerwelle, Chefdiplomat. – Ganz begeistert zeigten Sie sich über den »Aufbruch« in Ägypten: »Wir freuen uns, daß der Weg frei ist für einen politischen Neuanfang«. Schon in der Vergangenheit waren Sie erfreut über »die enge Partnerschaft mit Ägypten«. Und mit dessen bisherigem Staatsführer, den Sie einen »Mann mit enormer Erfahrung, großer Weisheit, die Zukunft fest im Blick« nannten. Der Mann hat jetzt ausgesorgt, etwas vorzeitig, aber es wird sich doch ein ebenso geeigneter Nachfolger finden lassen. Die westliche Wertegemeinschaft ist da dem ägyptischen Volk gern behilflich.

Angela Merkel, Dienstleisterin. –
Nachdem Sie nie den Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Mubarak verlangt hatten, erklärten Sie nun feierlich: »Präsident Mubarak hat mit seinem Rücktritt dem ägyptischen Volk einen letzten Dienst erwiesen.« Das wirft Fragen auf. Wenn es denn sein letzter Dienst am Volk war, muß er ihm ja auch vorher schon Dienste erwiesen haben. Woran dachten Sie dabei? Doch nicht etwa an die 30 Jahre lange Unterdrückung und Willkür des Mubarak-Regimes? An Folter für die eigenen politischen Häftlinge und die von der CIA überstellten Gefangenen? An die etwa 300 Toten und 3000 Verletzten bei den Prügelorgien gegen Demonstranten? Oder die Käufe von Waffen und Wasserwerfern in Deutschland? Bitte klären Sie uns auf!

Steffen Seibert, großzügig i. A. –
Muß der nächste Chef der Europäischen Zentralbank ein Deutscher sein? Keineswegs, haben Sie als Sprecher der Bundesregierung bekanntgegeben, »auf den Paß kommt es nicht an«. Entscheidend sei, daß die deutschen finanzpolitischen Vorstellungen umgesetzt würden. Ein Fremdenlegionär würde hier also akzeptiert, bei der Rekrutierung für die Bundeswehr gibt es noch Zweifel. Aber was ist das »Deutsche« im europäischen Geldgeschäft, welche Deutschen sind es, deren Interessen der EZB-Spitzenmann vertreten soll? Das herauszubekommen, wäre umständlich; vielleicht würde sich damit selbst die Kanzlerin zu viel zumuten. Wir wissen Hilfe: Einfach die Deutsche Bank fragen, beispielsweise. Wüßte die nicht, was deutsch ist, hieße sie ja anders.

Angela Merkel, Bastapolitikerin. Eines dürfe es nicht geben bei den weiteren Vermittlungsversuchen zur »Hartz IV«-Reform, so Ihre Anweisung an die Verhandler aus der Union: eine Erhöhung des Regelsatzes. Denn die Regierung wolle »einen Anreiz setzen, arbeiten zu gehen, sich anzustrengen«. Das Ziel sei »Arbeit für alle«, nicht etwa »möglichst viel ›Hartz IV‹«. Ein schlagendes Argument: Wenn der Arbeitslose mehr als fünf Euro zusätzlich im Monat bekäme, würde er sich weigern, sogar einen gut bezahlten Job anzunehmen, und sich lieber auf die faule Haut legen. Offenbar erwarten Sie, daß sich dann viele dazu legen und den Job, den sie haben, aufgeben. Einen solchen Sittenverfall dürfen Sie nicht zulassen. Also: Fünf Euro mehr und dann aber Schluß mit lustig.

Halina Wawzyniak, Gegnerin der Linken bei den Linken. – Beim erfolgreichen Volksentscheid zur Offenlegung der Geheimverträge über die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe haben Sie einen Sonderpreis für politische Akrobatik verdient. Während andere führende Landespolitiker der Linkspartei laut über eine Klage gegen das Abstimmungsergebnis nachdachten oder mit kräftigem Sowohl-Als auch begründeten, warum sie sich nicht am Volksentscheid beteiligt hatten, beanstandeten Sie die »Inkonsequenz« der Initiatoren, die nicht sichergestellt hätten, daß außer den bisherigen auch alle künftigen Geheimverträge offengelegt werden müssen.

Rolf Gössner, Ossietzky-Mitherausgeber. – Gratulation zum Prozeßerfolg gegen die Verfassungsschutzbehörde: Fast 40 Jahre rechtswidrig bespitzelt! Und nun? Womit werden sich die eifrigen Beamten künftig beschäftigen?