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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Angst vor Symbolik

Am 17. August die­ses Jah­res jähr­te sich zum 65. Mal die Ver­kün­dung des vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt aus­ge­spro­che­nen Ver­bots der KPD. Die in der Zeit des Kal­ten Krie­ges und unter dem erheb­li­chen Ein­fluss einer angeb­li­chen Bedro­hung durch den Kom­mu­nis­mus ergan­ge­ne Ent­schei­dung dürf­te inzwi­schen auch zeit­lich über­holt sein. Spä­te­stens seit der Libe­ra­li­sie­rung des poli­ti­schen Straf­rechts in der Bun­des­re­pu­blik im Jahr 1968 und mit Zulas­sung der DKP im glei­chen Jahr wur­de die bis dahin restrik­tiv erhär­te­te Auf­fas­sung deut­lich auf­ge­weicht. Den­noch sah sich die Staats­an­walt­schaft Bre­men noch im Janu­ar 2020 ver­an­lasst, gegen einen Beschul­dig­ten Ankla­ge zu erhe­ben, der »Auf­kle­ber, auf denen sich das Logo der ver­bo­te­nen Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Deutsch­lands befun­den hat, in Kennt­nis die­ses Ver­bots im öffent­li­chen Raum publi­ziert« habe. Die Auf­kle­ber waren auf einem Ampel­mast und einem Müll­ei­mer ange­bracht wor­den. Die Staats­an­walt­schaft sah dar­in ein straf­be­wehr­tes Ver­ge­hen nach § 86 Abs. 1 StGB, näm­lich des Ver­brei­tens ver­fas­sungs­wid­ri­ger Sym­bo­le, weil sich auf den Auf­kle­bern das Logo »Ham­mer und Sichel« befand. Eine min­de­stens frag­wür­di­ge Ent­schei­dung. Das Amts­ge­richt Bre­men dem mit sei­nem Beschluss vom 26. April 2021 (Az.: 107 Ds. 12/​20), ent­ge­gen. Straf­bar­keit käme schon des­halb nicht in Betracht, »weil die­ses Sym­bol für den Mar­xis­mus und Leni­nis­mus – genau­er: für die Ver­bun­den­heit der soge­nann­ten Arbei­ter- und Bau­ern-Klas­se – aus einem bestimm­ten poli­ti­schen-ideo­lo­gi­schen Blick­win­kel her­aus steht, dabei aber kein Allein­stel­lungs­merk­mal für die ehe­ma­li­ge KPD beinhal­tet. So ver­wen­det bei­spiels­wei­se die in Deutsch­land zuge­las­se­ne Par­tei DKP gleich­falls die­ses Logo. An die­ser Wer­tung ändert auch nicht, dass die Auf­kle­ber den Zusatz ›Für die Rekon­sti­tu­ti­on der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Deutsch­lands‹ ent­hal­ten, weil die­se For­mu­lie­rung zwar eine For­de­rung, nicht aber eine der KPD zure­chen­ba­re Urhe­ber­schaft beinhaltet.«

Bemer­kens­wert bleibt jedoch, dass das Ver­wen­den der Sym­bo­le Ham­mer und Sichel offen­bar noch immer bei man­chen Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den Beklem­mun­gen aus­löst und der Hang zur Kri­mi­na­li­sie­rung ein­setzt. Zuwei­len scheint die Zeit dort ste­hen geblie­ben zu sein.