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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Facebooks Hammelbeine

Erin­nern Sie sich noch an Cam­bridge Ana­ly­ti­ca? Das ist die US Ana­ly­se- und Bera­tungs­fir­ma mit bri­ti­schem Hin­ter­grund, die stolz dar­auf ist, Dut­zen­de Wah­len in aller Welt »auf Bestel­lung« mani­pu­liert zu haben. Die Fir­ma also, die auf Betrei­ben des Wahl­kampf­teams von Prä­si­dent Trump und sei­ner eng­sten und reak­tio­när­sten Bera­ter John Bol­ton und Ste­ve Ban­non bis zu 87 Mil­lio­nen per­so­nen­be­zo­ge­ne Infor­ma­tio­nen vom Daten­kra­ken Face­book kauf­te, um die US-Wäh­ler ent­spre­chend beein­flus­sen zu kön­nen und damit 2016 Prä­si­dent Donald Trump ins Wei­ße Haus zu hie­ven (s. Ossietzky 11/​2018 »Freie Wah­len zu ver­kau­fen«). Der Daten­ver­kauf geschah weder mit Wis­sen der betrof­fe­nen Per­so­nen, geschwei­ge denn mit deren Genehmigung.

Die­sen Wahl­be­trug will jetzt Gene­ral­staats­an­walt Karl A. Raci­ne, der Justiz­mi­ni­ster der US-Haupt­stadt Washing­ton D.C., been­den und hat kurz vor Weih­nach­ten Ankla­ge gegen Face­book wegen des bis­her fol­gen­lo­sen Cam­bridge-Ana­ly­ti­ca-Skan­dals erho­ben. Er stell­te fest, dass in D.C., dem klei­nen District of Colum­bia, mehr als 340.000 Wäh­ler von dem Daten­miss­brauch betrof­fen gewe­sen seien.

Das bedeu­te, so heißt es in einer Erklä­rung der Gene­ral­staats­an­walt­schaft, »dass fast die Hälf­te der Daten aller Bewoh­ner des Distrikts wäh­rend der Wah­len für poli­ti­sche Zwecke mani­pu­liert wur­de«. Die Daten von Face­book hät­ten es ermög­licht, die Wäh­ler auf der Grund­la­ge ihres eige­nen Per­sön­lich­keits­pro­fils zu beein­flus­sen. Face­book habe die ihm anver­trau­ten Daten nicht geschützt, betont der Generalstaatsanwalt.

Wenn es in Washing­ton D.C. fast die Hälf­te aller Wäh­ler­da­ten war, die mani­pu­liert wur­de, wie­so soll­te es im gro­ßen Rest der USA nicht genau­so oder viel­leicht noch schlim­mer gewe­sen sein? Da taucht selbst­ver­ständ­lich die Fra­ge auf: Will nur der Justiz­mi­ni­ster der US-Haupt­stadt Face­book die Ham­mel­bei­ne lang­zie­hen! Wo blei­ben die ande­ren 49 US-Bun­des­staa­ten? Oder bes­ser noch: War­um hat das US-Justiz­mi­ni­ste­ri­um nicht bereits die Ermitt­lun­gen ver­gan­ge­nes Jahr auf­ge­nom­men und schon lan­ge Ankla­ge erho­ben. Die Fak­ten lie­gen auf dem Tisch. Denn es han­delt sich hier um ein Bun­des­ver­ge­hen. Und müss­ten nicht die Wah­len ange­sichts die­ses mas­si­ven Ein­griffs durch Cam­bridge Ana­ly­ti­ca und ihre Hin­ter­män­ner für ungül­tig erklärt werden?

Könn­te es sein, dass die US-Bun­des­be­hör­den wie Justiz und FBI in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren damit total über­la­stet waren und immer noch sind, Prä­si­dent Trump Ver­bin­dun­gen zu Putin und eine angeb­li­che Beein­flus­sung der US-Wahl durch Russ­land nach­zu­wei­sen? Und das bis­her völ­lig ohne ein greif­ba­res Ergebnis!

Könn­te das auch der Grund dafür sein, dass über die eigent­lich sen­sa­tio­nel­le Ankla­ge des Gene­ral­staats­an­walts der Bun­des­haupt­stadt Washing­ton in dem Wahl­skan­dal gegen Face­book wenig bis nichts in den mei­sten deut­schen Medi­en zu fin­den war? Wer­den wir des­halb stän­dig mit einer angeb­li­chen Wahl­be­ein­flus­sung durch Russ­land trak­tiert, weil man von der bewie­se­nen Wahl­ma­ni­pu­la­ti­on durch bis zu 87 Mil­lio­nen Daten­sät­ze im eige­nen Land ablen­ken will? Vie­le Fra­gen – und immer noch kei­ne Antworten.