»Die Faschisten standen zehn Meter im Umkreis mit angeschlagenem Gewehr um uns herum. Ich sog die Luft in vollen Zügen ein. Verflucht! Es ist schwer zu sterben. Mit diesen Gedanken ging ich wieder zu meinen Kameraden, die gerade darüber debattierten, was sie vor der Erschießung rufen sollten. Einige wollten ›Es lebe die Freiheit‹, andere ›Es lebe der Sozialismus‹, wieder andere wollten ›Es lebe der Kommunismus‹ rufen. Ich entschied ›Wir rufen: Es lebe die Republik, denn schließlich sind wir nach Spanien gekommen, um die Republik zu verteidigen; damit verteidigen wir auch die Demokratie, Freiheit, Sozialismus und unsere deutsche Heimat.‹ Dabei blieb es dann auch.« Das berichtet Robert Weinand aus Essen in seinen Erinnerungen, die in einem kleinen Band der Reihe »Kinder des Widerstandes« von seiner Tochter zitiert werden. Auch dass die deutschen Antifaschisten im letzten Moment gegen gefangene italienische Faschisten ausgetauscht wurden und somit überlebten.
Es ging um die Verteidigung der spanischen Republik und damit um die Demokratie und auch um die sozialistische Perspektive. Eine wichtige Erkenntnis und Entscheidung. In der Situation vor dem Erschießungskommando die prinzipielle Klarheit zu formulieren, dazu gehört etwas. Es war die Erfahrung mit falschen Losungen aus der Weimarer Zeit, die da mitspielte. So jener von linken Jusos und auch Kommunisten, die sich etwa in Devisen wie »Republik, das ist nicht viel, Sozialismus ist das Ziel« oder auch in Wendungen wie »Schwarz-Rot-Mostrich« für die Farben der Republik ausgedrückt hatten.
Auch heute trifft man wieder Sektierertum und Geringschätzung der parlamentarischen Demokratie an. So wenn die Klugheit der großen Massen, die im ersten Halbjahr 2024 gegen die AfD auf die Straßen gingen, nicht gewürdigt wird. Wenn behauptet wird, das lenke »vom wirklichen Gegner, dem Monopolkapital« ab oder sei eine Unterstützung der Politik der »Zeitenwende«.
Die Massen, die »Nie wieder 33« auf ihre Schilder schrieben, sollen in Wirklichkeit eine Kriegspolitik gewollt haben? Ja, es gab neben antifaschistischen Rednern auch solche, die ansonsten Ampelpolitik machen und die Mikrofone missbrauchten, aber es gab nie Schilder der Demonstranten pro Kriegspolitik. Wer mehr als nur »Nie wieder« ausdrücken wollte, hatte Schilder dabei wie wir in Dortmund: »Die AfD macht die Hetze, die Ampel die Gesetze.«
In der Tat ist es so, dass starke außerparlamentarische Bewegungen eine Umkehr des heutigen verheerenden Kurses möglich machen können. Dazu bedarf es eines Zusammengehens aller großen Bewegungen wie »Friday for Future«, Friedenskräften und der Bewegung gegen die AfD. Dann können wir tatsächlich auf gesellschaftlichen Fortschritt hoffen.
Die demokratische Republik verteidigen, wie jene eingangs zitierten deutschen Interbrigadisten, das ist die Aufgabe der Stunde. Wenn heute der Vorrang des Kampfes für den Frieden und für die gewerkschaftlichen Positionen betont wird, ist es verständlich. Große Massen der Jugend sind jedoch der Meinung, es könnte passieren, dass wir infolge des Klimawandels die letzte Generation sind und dass für den dritten Weltkrieg gar keine Zeit mehr bleibt. Darüber muss gesprochen werden, nicht reden ist keine Lösung.