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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Gleichgültig und ignorant

Unter der Über­schrift »Roma-Mahn­mal in Gefahr: Geden­ken bleibt auf der Strecke« berich­te­te die taz am 22. Mai über einen Plan der Deut­schen Bahn AG, der deut­lich illu­striert, wie stark Gleich­gül­tig­keit und Igno­ranz noch heu­te das Ver­hält­nis der Mehr­heits­ge­sell­schaft zur Min­der­heit der Sin­ti und Roma prä­gen. Es geht um die neue S-Bahn­strecke, die in ein paar Jah­ren den Ber­li­ner Haupt­bahn­hof in Nord-Süd-Rich­tung an das S-Bahn­netz anschlie­ßen soll. Und um die Fra­ge, wie dabei der Reichs­tag unter­ir­disch umfah­ren wird. Lan­ge war die Sache unklar. »Die Lösung, die schließ­lich vom Bun­des­tag, dem Land Ber­lin und der Deut­schen Bahn AG ver­ein­bart wur­de«, so die taz, »sieht vor, dass sich der Tun­nel nach der Spree-Unter­que­rung in zwei Arme spal­tet, die west­lich und öst­lich am Par­la­ments­ge­bäu­de vor­bei­füh­ren. Süd­lich davon lau­fen sie wie­der zusam­men. Ab hier wird das Tun­nel­bau­werk in offe­ner Bau­wei­se fort­ge­führt – und hier steht seit 2012 das Mahn­mal für die [wäh­rend der NS-Zeit ermor­de­ten 500.000] Sin­ti und Roma.«

Der Plan ist, der taz zufol­ge, seit Ende Janu­ar auf dem Tisch. Anfang März habe ein Gespräch statt­ge­fun­den, zu dem die für die Betreu­ung des Mahn­mals zustän­di­ge Stif­tung Denk­mal für die ermor­de­ten Juden Euro­pas und der Zen­tral­rat Deut­scher Sin­ti und Roma Ver­tre­ter der Bahn AG und der zustän­di­gen poli­ti­schen Gre­mi­en ein­ge­la­den hat­ten. Auch die für Grün­flä­chen zustän­di­ge Bezirks­stadt­rä­tin Sabi­ne Weiß­ler (Grü­ne) sei dabei gewe­sen. Ihr Ein­druck: »Ich habe die Ver­tre­ter der DB bei die­sem Gespräch gar nicht als stur erlebt, son­dern nur als völ­lig ver­blüfft.« Die hät­ten »ein­fach nicht erwar­tet, dass es pro­ble­ma­tisch sein könn­te, wenn das Mahn­mal tan­giert wird«.

Wie die taz wei­ter erfuhr, sei die DB offen­bar nach dem Gespräch von ihrem ursprüng­li­chen Plan abge­rückt, bei dem ein voll­stän­di­ger Abbau des von dem israe­li­schen Künst­ler Dani Kara­van gestal­te­ten Mahn­mals erfor­der­lich gewe­sen wäre. »Statt­des­sen wür­de die Bau­gru­be nun scharf am Rand des kreis­run­den Was­ser­beckens in der Mit­te des Denk­mals vor­bei­füh­ren, Tei­le davon wären dann nicht mehr begeh­bar.« Außer der Stif­tung Denk­mal für die ermor­de­ten Juden Euro­pas auch den Zen­tral­rat Deut­scher Sin­ti und Roma über die­se Plan­än­de­rung zu infor­mie­ren, hat die Bahn laut taz nicht für nötig befunden.

Für den Zen­tral­rat eben­so wie für die Denk­mal-Stif­tung ist auch der neue Plan »nicht akzep­ta­bel«. Auch eine Teil­schlie­ßung des Mahn­ma­les kom­me nicht in Fra­ge. Sin­ti und Roma haben nicht so lan­ge für ihren Gedenk­ort gekämpft, um ihn jetzt wider­stands­los zer­stö­ren zu lassen.