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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Stunde der Diplomaten

Das The­ma der UN-Voll­ver­samm­lung wird durch Russ­land bestimmt: Volks­ab­stim­mung in Gebie­ten der Ukrai­ne, Mobil­ma­chung im eige­nen Land. Wen über­rascht die­se Ent­wick­lung? Krie­ge sind die höch­ste Form der Eska­la­ti­on. Krieg­füh­ren­de Par­tei­en grei­fen zu jedem Mit­tel, um ihre Zie­le zu errei­chen. Wla­di­mir Putin hat den Feld­zug gegen die Ukrai­ne nicht begon­nen, um der Welt zu zei­gen, dass Russ­land einen Krieg ver­lie­ren kann. Die Ukrai­ner weh­ren sich tap­fer gegen eine Über­macht und suchen Hil­fe bei der Welt­ge­mein­schaft. Zu Recht for­dert Wolo­dym­yr Selen­skyj eine Bestra­fung der Kriegs­ver­bre­cher. Ist es nicht längst Kon­sens, dass jeder, der einen Krieg vom Zaun bricht, ein Ver­bre­cher ist? Aber – wie bestraft man den Spit­zen­po­li­ti­ker einer Super­macht? Inter­na­tio­na­le Äch­tung und Sank­tio­nen, das sind seit dem Beginn der UN die Mit­tel. Ande­re gibt es nicht. Inzwi­schen sind wir alle längst ver­wickelt in die­sen Welt-Macht­kampf, bei dem es um mehr geht als ein paar Dör­fer und Fel­der im Don­bass, von denen noch dazu nach dem Ende der Kampf­hand­lung wenig übrig sein wird. Ja wor­um eigent­lich, wor­um geht es? Um Vor­macht, um Res­sour­cen, um Gewinn­ma­xi­mie­rung? Wer pro­fi­tiert am Krieg? Jeden­falls nicht die »Hel­den«, die dafür bestimmt sind, auf dem »Feld der Ehre« ver­heizt zu wer­den. Nicht Müt­ter­chen Russ­land. Nicht die Ukrai­ne. Wor­um ging es, um histo­ri­sche Bei­spie­le auf­zu­ru­fen, beim Ein­satz der Atom­waf­fen, wäh­rend in Pots­dam die Kon­fe­renz der Sie­ger­mäch­te tag­te, um die Neu­ord­nung der Welt zu ver­han­deln? Wor­um ging es in Viet­nam, im Irak, in Afgha­ni­stan, in Kroa­ti­en, im Koso­vo, in Tsche­tsche­ni­en, Geor­gi­en, Liby­en, Syri­en? Hört das nie­mals auf? Der Kriegs­zu­stand ist die Stun­de, in der die Welt­ge­mein­schaft ihre Ver­ant­wor­tung wahr­neh­men muss. Nicht durch Rüstung und Waf­fen­lie­fe­run­gen wird Frie­den geschaf­fen. Son­dern durch Ver­hand­lun­gen, Ver­trä­ge, Diplo­ma­tie und Aus­tausch. Durch einen Aus­gleich der schrei­en­den Dis­pro­por­tio­nen. Durch Han­del. Wo sind sie heu­te die Gan­dhi, Man­de­la, Pal­me? Die Diplo­ma­ten, Schlich­ter, Media­to­ren? Es ist die Stun­de der Diplo­ma­tie. Kann es denn nicht gelin­gen, wenig­stens ein Mora­to­ri­um zu errei­chen, einen Waf­fen­still­stand? Solan­ge geschos­sen wird, kann man nicht verhandeln.