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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Vernachlässigte Literatur

»Ver­nach­läs­sigt« ist ein zu schwa­cher Aus­druck für den Vor­gang, den die ton­an­ge­ben­den Medi­en bedie­nen: die Nicht­be­ach­tung der Lite­ra­tur der DDR, vor allem der Wer­ke, die DDR-Autoren nach der Wen­de geschrie­ben haben. Rüdi­ger Bern­hardt ist der Anwalt die­ser Schrift­stel­ler und ihrer Lite­ra­tur. Vor allem in der Wochen­zei­tung Unse­re Zeit nahm er sich in Wür­di­gun­gen und Kri­ti­ken ihrer an und schuf ein Kom­pen­di­um, das pro­fes­sio­nell Aus­kunft über meist ver­schwie­ge­ne Lei­stun­gen gibt. Gün­ter Gör­lich, Hel­mut Sakow­ski, Beni­to Wogatz­ki, Her­mann Kant, Chri­stoph Hein, Vol­ker Braun, Erik Neu­tsch, Armin Stol­per, Rudi Strahl und vie­le ande­re – sie alle haben nach 1989 wei­ter­ge­schrie­ben, manch­mal in klei­ne­ren Ver­la­gen, aber sie haben sich nicht unter­krie­gen las­sen und »ihrs« gesagt.

Wie Rüdi­ger Bern­hardt, der direkt und ohne Kom­pro­mis­se an den Zeit­geist Lei­stun­gen nennt und ein brei­tes Lite­ra­tur­kon­zept mit gro­ßem huma­ni­sti­schem Anlie­gen ver­tei­digt. Das gilt auch für die Bewe­gung des »Bit­ter­fel­der Weges«, die kei­nes­falls nur ver­ord­net und schnell erle­digt exi­stier­te. Bern­hardt beschreibt die Arbeit und Lei­stun­gen der Zir­kel »schrei­ben­der Arbei­ter« und wür­digt Bücher und Schrift­stel­ler, die »Bit­ter­feld« ver­pflich­tet sind. Das alles mit gro­ßer Kennt­nis und Fak­ten­reich­tum. Da kann es nicht ver­wun­dern, wenn er sich eini­ge Ver­su­che jüng­ster lite­ra­tur­hi­sto­ri­scher Deu­tung »zur Brust« nimmt und ihnen Ein­sei­tig­keit oder man­geln­de Kennt­nis nach­weist. Der Lite­ra­tur­pro­fes­sor, der gera­de acht­zig gewor­den ist, ist in sei­nen Tex­ten jung, kühn und trotzig.

Rüdi­ger Bern­hardt: »Essay & Kri­tik. Lite­ra­tur im Osten Deutsch­lands nach 2000«, Edi­ti­on Frei­berg, 430 Sei­ten, 19,50 €