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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Veronika Fischer (Politikerin)

Zu den 20 größ­ten post­mo­der­nen Übeln dürf­ten der Auto­ver­kehr, die Berufs­po­li­tik und die Frau­en­be­frei­ung zäh­len. Frau Fischer reprä­sen­tier­te sie gleich im Strauß. Als sie am Sonn­tag, den 6. Mai 2012, aus ihrer am Maye­ner Markt­platz gele­ge­nen klei­nen Woh­nung getra­gen wur­de, war sie tot. Da hat­te sie die Übel immer­hin schon 47 Jah­re lang aus­ge­hal­ten. May­en, knapp 20.000 Ein­woh­ne­rIn­nen, liegt west­lich von Koblenz. Fischer (CDU) war die amtie­ren­de Ober­bür­ger­mei­ste­rin der Eifel­stadt gewe­sen. Sie hat­te zwei halb­wüch­si­ge Kin­der, leb­te jedoch »seit eini­ger Zeit« von denen und deren Vater getrennt. Die gebür­ti­ge West­fä­lin stand in jeder Hin­sicht auf eige­nen Füßen. Sie war gelern­te Juri­stin, ehr­gei­zig und sogar film­bar. Prompt mau­ser­te sich das blon­de »Frau­chen« um 2000 zur »knall­har­ten« Poli­ti­ke­rin, wie es über­all heißt. Indes­sen ahn­ten man­che Zeit­ge­nos­sen gleich­wohl, dass Fischer »innen« eher einer emp­find­li­chen Schwimm­bla­se glich. Schon am Sams­tag als ver­misst gemel­det, war sie andern­tags in ihre bereits durch­such­te Woh­nung zurück­ge­kehrt, wo sie abends nur noch tot vor­ge­fun­den wur­de. Die Art des Selbst­mor­des bleibt unge­nannt. Kum­mer mit Nahe­ste­hen­den wird zwar gemut­maßt. Wahr­schein­lich habe Fischer aber vor­nehm­lich unter dem von ihr mit­ge­schaf­fe­nem Arbeits­kli­ma gelit­ten: den meist ver­steckt vor­ge­brach­ten Angrif­fen auf die­se »Che­fin« also, die es angeb­lich lieb­te, ihre Kol­le­gen im Stadt­rat ent­we­der stun­den­lang an die Wand zu reden oder mit knap­pen bis­si­gen Kom­men­ta­ren an der­sel­ben auf­zu­spie­ßen. Das Maga­zin Focus wuss­te auch, Fischer hat­te erst Ende März einen »schwe­ren« Auto­un­fall gehabt, bei dem ihr Wagen in Brand geriet; sie habe sich frei­lich noch aus die­sem ret­ten kön­nen. Denk­ba­re wei­te­re Unfall­be­tei­lig­te über­geht das Maga­zin. Die­sen Crash über­stand sie also glimpf­lich. Bald dar­auf, am 8. Mai, war der Regio­nal­pres­se zu ent­neh­men, die grö­ße­re Kata­stro­phe habe die zier­li­che Frau, die so gern Macht­ha­be­rin war, weni­ge Tage vor ihrem Tod geahnt, als sie seufz­te: »Die­ser Job bringt einen um.«

Liegt Mar­tin Ran­del­hoff von der TU Dort­mund (2019) rich­tig, lei­stet sich die Welt jähr­lich 1,35 Mil­lio­nen, täg­lich rund 3.700 Stra­ßen­ver­kehrs­to­te. Tag für Tag wird also ein tra­di­ti­ons­rei­ches Städt­chen wie Frey­burg an der Uns­trut aus­ra­diert, nur möch­te es kei­ner sehen. Bei Kin­dern sei der Stra­ßen­ver­kehr bereits die häu­fig­ste Todes­ur­sa­che. Die jähr­li­chen Ver­letz­ten schätzt Ran­del­hoff auf 50 Mil­lio­nen. Da die Autos inzwi­schen Pan­zern ähneln, lan­den heut­zu­ta­ge nicht mehr ganz so vie­le Leu­te im Sarg oder im Roll­stuhl. Zukünf­tig nur mit einem Auge und dem ein­ge­brann­ten Schrecken zu erwa­chen, ist aller­dings auch nicht gera­de ermun­ternd. Hät­te Ran­del­hoff sei­ne Zah­len den Coro­na-Viren unter­brei­tet, hät­ten sie sich tot­ge­lacht. Stell­te man ähn­lich über­ra­schend, wie kürz­lich eine soge­nann­te Pan­de­mie aus­ge­ru­fen wur­de, die welt­wei­te Pro­duk­ti­on von Autos ein, brä­che wohl mehr als nur Frey­burg an der Uns­trut zusammen.

An das Unglück, die UNO näh­me plötz­lich die post­mo­der­ne Befrei­ung der Frau zurück, darf man gar nicht den­ken. Kei­ne Tes­la-Mana­ge­rin­nen mehr, kei­ne Sol­da­tin­nen und Kriegs­mi­ni­ste­rin­nen, kei­ne Bischö­fin­nen, Fern­seh­in­ten­dan­tin­nen und Ober­bür­ger­mei­ste­rin­nen und so wei­ter und so fort. Für jeden männ­li­chen Schand­tä­ter, der wohl­weis­lich erst ein­mal Gras über sein Ver­bre­chen wach­sen las­sen will, fin­det sich in der Post­mo­der­ne auf der Stel­le weib­li­cher Ersatz. Bleibt nur noch zu hof­fen, Fischers Kin­der, einer­lei wel­chen Geschlechts, hät­ten mehr Glück als die Mutter.