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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Chronik des Grauens Syrien

I.
Syri­sche Frau­en sol­len an Strän­den künf­tig Bur­kini tragen
Syri­ens Über­gangs­re­gie­rung hat neue Beklei­dungs­vor­schrif­ten für öffent­li­che Strän­de her­aus­ge­ge­ben. Frau­en wer­den ange­hal­ten, ihren Kör­per voll­stän­dig zu bedecken. Auch für Män­ner sol­len teils stren­ge­re Regeln gel­ten. Das geht aus einer neu­en Richt­li­nie der Über­gangs­re­gie­rung in Damas­kus her­vor. »An öffent­li­chen Strän­den und Ufern wird dar­um gebe­ten, kon­ser­va­ti­ve Bade­an­zü­ge zu tra­gen (Bur­kini oder Schwimm­be­klei­dung, die den Kör­per ganz bedeckt)«, hieß es in einer Erklä­rung des Tou­ris­mus­mi­ni­ste­ri­ums. Alle Strand­be­su­che­rin­nen und -besu­cher soll­ten Bade­klei­dung tra­gen, die die »mora­li­schen Grund­sät­ze« und die Gefüh­le aller Glau­bens­rich­tun­gen ach­te (Der Spie­gel, 11. Juni 2025).
II.
Sicher­heits­la­ge in Syri­en wei­ter verheerend
Die Bun­des­re­gie­rung will nach dem Sturz von Dik­ta­tor Assad wie­der nach Syri­en abschie­ben. (Doch) das Leben vor Ort ist wei­ter­hin extrem gefähr­lich. (…) Seit dem Sturz von Syri­ens Dik­ta­tor Baschar al-Assad im ver­gan­ge­nen Jahr sam­mel­te das Außen­mi­ni­ste­ri­um Infor­ma­tio­nen für ein neu­es Lage­bild. (…) Seit eini­gen Tagen nun kur­siert die als ver­trau­lich ein­ge­stuf­te Ana­ly­se, datiert auf den 30. Mai, in Sicher­heits­krei­sen. (…) Sie umfasst den Stand der Din­ge in Syri­en aus Sicht der Diplo­ma­ten bis Ende März. Der Bericht beruht auf Erkennt­nis­sen eines Kern­teams der deut­schen Bot­schaft in Damas­kus, die im Früh­jahr wie­der den Betrieb auf­nahm. Laut dem Papier flos­sen die Bewer­tun­gen von vor Ort täti­gen inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen ein, etwa vom Uno-Flücht­lings­hilfs­werk, von UNICEF, syri­schen Men­schen­recht­lern sowie west­li­chen Partnern. (…)
Auf 29 Sei­ten zeich­nen die Diplo­ma­ten ein über­wie­gend ver­hee­ren­des Bild. In allen Regio­nen des Lan­des blei­be die Lage »sehr ange­spannt«. Die neu­en Macht­ha­ber um den Prä­si­den­ten und ehe­ma­li­gen Rebel­len­füh­rer Ahmed al-Sha­raa hät­ten die Sicher­heits­la­ge prak­tisch nur in und um Damas­kus sowie in den Gebie­ten Idlib und Hama eini­ger­ma­ßen unter Kon­trol­le. Ein »flä­chen­decken­des Gewalt­mo­no­pol« bestehe nicht.
Bewaff­ne­te Grup­pie­run­gen ver­füg­ten auf loka­ler Ebe­ne immer noch über ein »hohes Maß an Auto­no­mie« und ver­folg­ten eige­ne Zie­le. An der Küste sowie im west­li­chen Teil des Gebiets um die Stadt Homs wüte­ten nach wie vor Anhän­ger des gestürz­ten Assad-Regimes. Nach­dem die­se Sicher­heits­kräf­te der neu­en Regie­rung ange­grif­fen hät­ten, hät­ten im März bewaff­ne­te Grup­pen gezielt Hun­der­te Zivi­li­sten getö­tet – ins­be­son­de­re Ala­wi­ten, eine Reli­gi­ons­ge­mein­schaft, der Ex-Dik­ta­tor Assad angehört.
Neben eth­nisch moti­vier­ten Gewalt­ta­ten, mili­tä­ri­schen Angrif­fen Isra­els und Ter­ror­ge­fahr tra­ge auch die schlech­te wirt­schaft­li­che Lage zur pre­kä­ren Sicher­heits­la­ge bei. Wie­der­holt sei es in den Groß­städ­ten zu Ent­füh­run­gen und ande­ren For­men von Gewalt­kri­mi­na­li­tät gekom­men. Allein von Janu­ar bis März hät­ten Beob­ach­tungs­stel­len knapp 4000 »Kon­flikt­to­te« gezählt. Hin­zu kämen wohl Hun­der­te Opfer, die durch Minen ums Leben kamen. Beson­ders betrof­fen davon sei­en Bau­ern sowie zurück­keh­ren­de Flücht­lin­ge und Bin­nen­ver­trie­be­ne. (…) Auch nach dem Sturz Assads gebe es Berich­te über »will­kür­li­che Ver­haf­tun­gen durch syri­sche Sicher­heits­kräf­te«. Zudem sehe die Straf­ge­setz­ge­bung die Todes­stra­fe für eini­ge Delik­te vor. (…) Sexu­el­le Min­der­hei­ten wür­den wei­ter­hin dis­kri­mi­niert und sei­en häu­fig Gewalt aus­ge­setzt (Der Spie­gel, 19. Juni 2025).

Ausgabe 15.16/2025