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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Ein unangemessener Besuch

Zur Gedenk­ver­an­stal­tung am 11. Mai hat­te der Bun­des­prä­si­dent der Repu­blik Öster­reich, Alex­an­der Van der Bel­len, den König von Spa­ni­en Feli­pe VI. und sei­ne Frau Leti­zia ein­ge­la­den. Der spa­ni­sche Ver­band »Aso­cia­ción para Recup­er­a­ción de la Memo­ri­al Históri­ca« – Wie­der­erlan­gung des histo­ri­schen Gedächt­nis­ses – bezeich­ne­te die Ein­la­dung wie die Anwe­sen­heit des Königs­paa­res als ethisch und mora­lisch nicht ver­tret­bar. Die spa­ni­sche Mon­ar­chie sei die Hin­ter­las­sen­schaft der Fran­co-Dik­ta­tur, daher for­der­ten sie in ihrem Schrei­ben den König auf, sei­ne Teil­nah­me an der Inter­na­tio­na­len Befrei­ungs­fei­er des KZ Maut­hau­sen am 11. Mai 2025 abzusagen.

Mit 7000 Häft­lin­gen stell­ten die Spa­ni­er in den Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern von Maut­hau­sen und Gusen eine der größ­ten Häft­lings­grup­pen. Bei den Gefan­ge­nen han­del­te es sich gro­ßen­teils um Teil­neh­mer am Spa­ni­schen Bür­ger­krieg von 1936 bis 1939, die auf der Sei­te der Repu­blik gegen den Putsch-Gene­ral und spä­te­ren faschi­sti­schen Dik­ta­tor Fran­cis­co Fran­co kämpf­ten. Nach Fran­cos Sieg im Früh­jahr 1939 muss­ten sie nach Frank­reich flüchten.

Nach dem Ein­marsch der Hit­ler Wehr­macht im Mai 1940 schlos­sen sich die Spa­ni­er den fran­zö­si­schen Arbeits­ba­tail­lo­nen an, wur­den in Lagern fest­ge­hal­ten oder gin­gen in den Wider­stand. Nach der Kapi­tu­la­ti­on Frank­reichs im Mai 1940 kam vom Dik­ta­tor Fran­co an Hit­ler grü­nes Licht, dass die ins­ge­samt 15.000 gefan­ge­nen »Rot­s­pa­nier« in die Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger über­führt wer­den können.

Die mei­sten Spa­ni­er kamen in die Lager von Maut­hau­sen und Gusen in die Ost­mark, so wur­de Öster­reich nach dem Ein­marsch von Hit­ler ab 1938 genannt. In Maut­hau­sen muss­ten die Spa­ni­er über die berüch­tig­te Todes­stie­ge die Gra­nit­blöcke aus dem Stein­bruch ins Lager schlep­pen. Bei der Befrei­ung von Maut­hau­sen und Gusen am 5. Mai 1945 durch die US-Armee leb­ten noch 2.200 Spa­ni­er. In ihre Hei­mat konn­ten sie nicht zurück­keh­ren, Fran­co regier­te noch bis zu sei­nem Tod am 20. Novem­ber 1975 mit har­ter Hand.

In dem Brief der ARMH heißt es: »Unse­rer Ansicht nach kann ein Staats­ober­haupt, das die Dik­ta­tur nicht ver­ur­teilt hat, nicht an einer Gedenk­ver­an­stal­tung teil­neh­men, bei der der Frei­las­sung tau­sen­der spa­ni­scher repu­bli­ka­ni­scher Gefan­ge­ner gedacht wird, die auf­grund Fran­cos direk­ter Inter­ven­ti­on in die Nazi­la­ger depor­tiert wur­den. Weder Juan Car­los noch Feli­pe VI. haben die Fran­co-Dik­ta­tur und ihre Ver­bre­chen jemals ver­ur­teilt. Gegen­über den Fami­li­en der Opfer ist es ein Man­gel an Respekt, wenn Feli­pe VI. kommt.«

Als am 5. Mai 1945 die US-Trup­pen ein­tra­fen, hat­te sich das Lager bereits von innen befreit. An die­sem Mor­gen häng­ten die Spa­ni­er ein Trans­pa­rent auf, mit der Auf­schrift: »Die anti­fa­schi­sti­schen Spa­ni­er grü­ßen die Befreiungskräfte«.

Den­noch: Feli­pe VI. kam mit Leti­zia nach Maut­hau­sen und leg­te am Denk­mal einen Kranz mit der spa­ni­schen Fah­ne nie­der. Hin­ter ihm ein Meer von Fah­nen der zwei­ten spa­ni­schen Repu­blik. So sen­de­te das ORF den 80. Jah­res­tag der Befrei­ung des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Mauthausen.