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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Frontex: Herrschaft ohne Kontrolle

1.Frontex: Mehr Abschot­tung als Schutz
Die Euro­päi­sche Agen­tur für die Grenz- und Küsten­wa­che, auch Fron­tex genannt, ist eine Agen­tur der Euro­päi­schen Uni­on mit Sitz in War­schau, die, so heißt es offi­zi­ell, für den Schutz der Außen­gren­zen des Schen­gen-Raums zustän­dig ist. Ein Schwer­punkt der Fron­tex-Akti­vi­tä­ten fin­det auf dem bzw. rund um das Mit­tel­meer statt.

Doch was so euphe­mi­stisch Schutz genannt wird, bedeu­tet in Wahr­heit Abschot­tung und Abwehr. Mit Sta­chel­draht bewehr­te, meter­ho­he Bar­rie­ren; modern­ste Über­wa­chungs­tech­nik, Schnell­boo­te, Hub­schrau­ber, Droh­nen, Kriegs­schif­fe: Die Euro­päi­sche Uni­on »schützt« ihre Außen­gren­zen über ihre Grenz­schutz­agen­tur Fron­tex mit zahl­rei­chen bru­ta­len Maß­nah­men gegen Flücht­lin­ge und Migran­ten. Zuneh­mend kommt dabei Mili­tär zum Ein­satz. Um das zu recht­fer­ti­gen, wird argu­men­tiert, es gin­ge um die Bekämp­fung von Schlep­pern. Dabei ist die Abschot­tung der EU die Geschäfts­grund­la­ge der Schleu­ser. Flücht­lin­ge blei­ben in jedem Fall die Opfer der Abschot­tung: Denn abge­rie­gel­te Gren­zen füh­ren zu län­ge­ren und ris­kan­te­ren Flucht­we­gen. Und damit zu mehr Toten.

Zahl­rei­che Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen kri­ti­sie­ren Fron­tex in Zusam­men­hang mit mili­tä­ri­schen Flücht­lings-Abwehr­maß­nah­men in der Mit­tel­meer-Regi­on. Die zen­tra­le Mit­tel­meer-Rou­te ist der wich­tig­ste Kor­ri­dor für Men­schen, die aus Afrika

und dem Mitt­le­ren Osten nach Euro­pa gelan­gen wol­len. Wo sie einen Asyl­an­trag stel­len kön­nen. In Grie­chen­land, Ita­li­en oder Spa­ni­en. Ein Rechts­gut­ach­ten des Euro­pean Cen­ter for Con­sti­tu­tio­nal and Human Rights (ECCHR) kommt zu dem Schluss, dass die EU-Grenz­schüt­zer auch außer­halb der Ter­ri­to­ri­en der EU-Staa­ten – also etwa auch auf Hoher See jen­seits der 12-Mei­len-Zone – an Flücht­lings- und Men­schen­rech­te gebun­den sind. Mit­ten auf dem Meer auf­ge­grif­fe­ne Flücht­lin­ge haben dem­zu­fol­ge das Recht, einen Asyl­an­trag zu stel­len. Sie dür­fen nicht zurück­ge­scho­ben wer­den, wenn ihnen mög­li­cher­wei­se Ver­fol­gung oder Miss­hand­lung droht. Um Flücht­lin­ge aber erst gar nicht bis zur Mit­tel­meer­kü­ste gelan­gen zu las­sen, unter­stützt Fron­tex zum Bei­spiel die Ein­rich­tung von Lagern in ent­le­ge­nen liby­schen Wüsten­ge­bie­ten. Hier­zu zäh­len in Liby­en die Kuf­ra-Oasen und Sabha.

Flücht­lin­ge aus dem Sene­gal beschrie­ben in Report Mainz, gesen­det am 5. Okto­ber 2009, wie ihr Boot auf See auf­ge­bracht wur­de: »Wir hat­ten nur noch drei Tage zu fah­ren, da hat uns ein Poli­zei­schiff auf­ge­hal­ten. Sie woll­ten uns kein Was­ser geben. Sie haben gedroht, unser Boot zu zer­stö­ren, wenn wir nicht sofort umkeh­ren. Wir waren fast ver­dur­stet und hat­ten auch Lei­chen an Bord. Trotz­dem muss­ten wir zurück nach Sene­gal.« Amne­sty Inter­na­tio­nal, Pro Asyl und der Evan­ge­li­sche Ent­wick­lungs­dienst bestä­ti­gen auf Anfra­ge von Report Mainz über­ein­stim­mend sol­che Berichte.

2.Die Geschich­te von Amjad Naim
Die Grenz­schutz­agen­tur Fron­tex wird immer wie­der von Skan­da­len erschüt­tert, so muss­te Ende April 2022 der dama­li­ge Fron­tex-Direk­tor Fab­ri­ce Leg­ge­ri zurück­tre­ten. Dem Rück­tritt vor­an­ge­gan­gen waren Berich­te eines Unter­su­chungs­aus­schus­ses im EU-Par­la­ment zu Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen an den Gren­zen und außer­dem zahl­rei­che Medi­en­be­rich­te über Ver­wick­lun­gen von Fron­tex in ille­ga­le Zurück­wei­sun­gen an den EU-Außengrenzen.

Eine der Geschich­ten beschrieb der Spie­gel: »Amjad Naim hat­te Samos schon fast erreicht, als die Män­ner mit den Sturm­hau­ben kamen. Es war der 13. Mai 2020, Naim saß auf einem wacke­li­gen Schlauch­boot. Mit knapp 30 ande­ren Flücht­lin­gen war der Palä­sti­nen­ser auf dem Weg nach Grie­chen­land. Die Küste, so erin­ner­te er sich wenig spä­ter am Tele­fon, konn­te er schon sehen. Es waren nur noch weni­ge Meter. Naim hör­te den Lärm eines Heli­ko­pters über sich. Dann habe sich ein gro­ßes Boot genä­hert. Naim erin­nert sich an die grie­chi­sche Flag­ge an der Außen­wand, an die Bei­boo­te. Dann hät­ten die Ver­mumm­ten ange­grif­fen. Die Män­ner, so sagt Naim, hät­ten ins Was­ser geschos­sen, mit einem Haken auf das Boot ein­ge­schla­gen, den Motor zer­stört und so das Boot gestoppt. Dann schließ­lich hät­ten sie die Flücht­lin­ge an Bord genom­men. Naim habe geweint, so sagt er, und sein Han­dy in der Unter­ho­se versteckt.

Die näch­sten Bil­der, die es von Naim gibt, doku­men­tie­ren ein Ver­bre­chen. Naim filmt 55 Sekun­den lang. Die Bil­der zei­gen ihn und die ande­ren Flücht­lin­ge auf zwei auf­blas­ba­ren Ret­tungs­in­seln. Die grie­chi­sche Küsten­wa­che hat die Flücht­lin­ge aus­ge­setzt. Die qua­dra­ti­sche Platt­form, auf der sie sit­zen, ist ein wacke­li­ges Ret­tungs­floß aus Gum­mi, es hat kei­nen Motor.

Ein grie­chi­sches Küsten­wa­che­schiff, Typ Pan­ther, 18 Meter lang, zieht das Ret­tungs­floß Rich­tung Tür­kei. Ein wei­te­res Schiff beglei­tet die Akti­on. In Naims Floß dringt Was­ser ein.

Dann, so zeigt es das Video, das Naim dem Spie­gel geschickt hat, löst die grie­chi­sche Küsten­wa­che das Tau. Sie setzt die Flücht­lin­ge aus. Mit­ten auf dem Meer. Erst Stun­den spä­ter wird die tür­ki­sche Küsten­wa­che die ver­äng­stig­ten und dur­sti­gen Flücht­lin­ge retten.

Was Amjad Naim an die­sem Mor­gen film­te, nen­nen Men­schen­recht­ler einen Push­back: Asyl­su­chen­de wer­den an der EU-Außen­gren­ze auf dem Meer aus­ge­setzt, außer­halb der grie­chi­schen Ter­ri­to­ri­al­ge­wäs­ser. Sie sol­len kei­nen Asyl­an­trag in Euro­pa stel­len. Die Aktio­nen sind ille­gal, sie ver­sto­ßen gegen inter­na­tio­na­les, euro­päi­sches und grie­chi­sches Recht. Die grie­chi­sche Küsten­wa­che führt sie seit März 2020 trotz­dem syste­ma­tisch durch – mit der Hil­fe von Frontex.«

3.Zahlreiche Fron­tex-Rechts­brü­che belegt
Für den Zeit­raum von März 2020 bis Sep­tem­ber 2021hat der Spie­gel – gemein­sam mit Light­house Reports, den Schwei­zer Medi­en SRF und Repu­blik sowie der fran­zö­si­schen Zei­tung Le Mon­de – zahl­rei­che sol­cher Rechts­brü­che zwei­fels­frei doku­men­tiert. Belegt ist auch, dass deut­sche Bun­des­po­li­zi­sten im Fron­tex-Ein­satz in die Push­backs ver­strickt sind. Die Fron­tex-Beam­ten ent­decken die Flücht­lings­boo­te im Auf­trag der Grie­chen. Die über­neh­men dann den Pushback.

In einer Daten­bank, die auf den Ser­vern der euro­päi­schen Grenz­schutz­agen­tur Fron­tex liegt, wird das Gesche­hen an den EU-Außen­gren­zen genau fest­ge­hal­ten. Der Inhalt der Daten­bank ist geheim. Nur euro­päi­sche Grenz­schüt­zer haben Zugriff auf die Daten. Eigent­lich. Doch auf Basis des euro­päi­schen Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­zes konn­ten die Recher­cheu­re die inter­ne Fron­tex-Daten­bank ein­se­hen und mit Fotos und Vide­os von Push­back-Ope­ra­tio­nen abglei­chen. Die Recher­chen beleg­ten erst­mals das gan­ze Aus­maß der Fron­tex-Unter­stüt­zung für die grie­chi­schen Push­backs in der Ägä­is. Auch Naims Fall ist dort notiert.

Der Spie­gel schreibt: »In der Daten­bank steht, ein deut­scher Heli­ko­pter im Fron­tex-Ein­satz habe das Flücht­lings­boot an die­sem Tag in tür­ki­schen Gewäs­sern ent­deckt, gemein­sam mit einem Patrouil­len­boot der Bun­des­po­li­zei. Die deut­schen Poli­zi­sten hät­ten das gemein­sa­me Kon­troll­zen­trum in Pirä­us infor­miert, die Grie­chen dann wie­der­um die tür­ki­sche Küsten­wa­che. Ein tür­ki­sches Patrouil­len­boot sei am Ort des Gesche­hens ange­kom­men und habe die Ver­ant­wor­tung für den Vor­fall über­nom­men. Das war’s. Angeb­lich. In der Fron­tex-Daten­bank ist der Vor­fall als »pre­ven­ti­on of depar­tu­re« regi­striert, also als »Ver­hin­de­rung der Aus­rei­se«. Der Begriff soll eigent­lich nur genutzt wer­den, wenn die tür­ki­sche Küsten­wa­che Flücht­lings­boo­te in tür­ki­schen Gewäs­sern auf­hält. Aber so war es nicht. Amjad Naim befand sich klar in grie­chi­schen Gewäs­sern. Er hät­te einen Asyl­an­trag stel­len dürfen.

Auch die Ankunft und der Angriff der grie­chi­schen Grenz­schüt­zer in unmit­tel­ba­rer Nähe von Samos, die wacke­li­gen Ret­tungs­flö­ße, der Push­back, der klar auf Video fest­ge­hal­ten ist, wer­den in der Daten­bank ver­schwie­gen. Die Beschrei­bung des Vor­falls, das steht fest, ist falsch.«

Zwi­schen März 2020 und Sep­tem­ber 2021 war Fron­tex in ille­ga­le Push­backs von min­de­stens 957 Flücht­lin­gen invol­viert. Das sind 22 Fäl­le, bei denen es sich zwei­fels­frei um einen grie­chi­schen Push­back han­del­te. Die wah­re Zahl der Push­backs, bei denen Fron­tex behilf­lich war, liegt höchst­wahr­schein­lich noch höher.

Der Spie­gel: »Die Recher­chen zei­gen zudem, dass die­se Push­backs in der Daten­ba­sis fein säu­ber­lich erfasst wer­den – aller­dings stets mit dem fal­schen, unver­däch­ti­gen Begriff »pre­ven­ti­on of depar­tu­re«. Die Daten­bank wird also fri­siert. Die Daten­bank von Euro­pas größ­ter Behör­de, ursprüng­lich dazu gedacht, ein akku­ra­tes Bild von der Situa­ti­on an den EU-Gren­zen ver­mit­teln, ist zu einem Werk­zeug gewor­den, mit dem die Rechts­brü­che der grie­chi­schen Regie­rung und die Kom­pli­zen­schaft einer EU-Behör­de ver­tuscht werden.«

4.Keine guten Wün­sche zum Geburtstag
Am 26. Okto­ber 2024 wur­de Fron­tex, die Euro­päi­sche Agen­tur für die Grenz- und Küsten­wa­che, 20 Jah­re alt. Das sind 20 Jah­re des Weg­schau­ens bei Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen und 20 Jah­re der Migra­ti­ons­ab­wehr ohne Rück­sicht auf Grund­rech­te. Ursprüng­lich gegrün­det zum ver­stärk­ten Schutz der EU-Außen­gren­zen, um gleich­zei­tig im Rah­men des Schen­ge­ner Abkom­mens die Kon­trol­le an den EU-Bin­nen­gren­zen abzu­schaf­fen, hat Fron­tex sich längst ver­selbst­stän­digt. Anfangs war noch gedacht, dass die aus­füh­ren­den Orga­ne wei­ter­hin die Mit­glieds­staa­ten sind, zum Bei­spiel mit ihren Küsten­wa­chen oder zustän­di­gen Behör­den an den Land­gren­zen. Inzwi­schen ist Fron­tex aber zu einer Grenz­po­li­zei mit eige­nem bewaff­ne­tem und uni­for­mier­tem Per­so­nal mutiert. Eine Ver­ord­nung aus 2016 regel­te, dass die Agen­tur eige­ne Aus­rü­stung anschaf­fen kann; ab 2019 begann die Agen­tur mit der Rekru­tie­rung von eige­nem Per­so­nal – und kann seit­her unab­hän­gig von den Mit­glied­staa­ten agie­ren. Den­noch müs­sen die Fron­tex-Grenz­trup­pen wei­ter­hin, um an bestimm­ten Orten aktiv wer­den zu kön­nen, von den betref­fen­den Staa­ten ein­ge­la­den werden.

Fron­tex ist immer auf dem neu­sten Stand der Tech­nik. »Das Mit­tel­meer«, so nd-Redak­teur Mat­thi­as Mon­roy, der seit Jah­ren zum The­ma arbei­tet, »ist wahr­schein­lich das am besten über­wach­te Meer der Welt.« Die Flug­zeu­ge, die Fron­tex zur Grenz­über­wa­chung ein­setzt, sind mit Kame­ras, Infra­rot und Radar aus­ge­stat­tet. Außer­dem kön­nen Satel­li­ten­te­le­fo­ne, die Geflüch­te­te in vie­len Fäl­len auf den Boo­ten haben, von Satel­li­ten geor­tet wer­den. Der­zeit forscht Fron­tex zu soge­nann­ten hoch­flie­gen­den Platt­for­men, die sich auto­nom in der Stra­to­sphä­re bewe­gen kön­nen: Die Agen­tur hat 5 Mil­lio­nen Euro für ein For­schungs­pro­jekt mit Air­bus aus­ge­ge­ben, um die Lücke zwi­schen Flug­zeu­gen, Droh­nen und Satel­li­ten zu schlie­ßen. Das gan­ze Arse­nal die­ne angeb­lich der Ent­deckung von See­not­fäl­len, wird aber vor allem zur Migra­ti­ons­ab­wehr ange­schafft und ein­ge­setzt. Mat­thi­as Mon­roy in einem Gespräch mit der zivi­len See­not­ret­tungs­or­ga­ni­sa­ti­on »Sea-Eye«: »Die See­not­fäl­le wer­den gern nach Liby­en gemel­det und eben nicht an die zivi­len Ret­tungs­schif­fe. So betei­ligt sich Fron­tex dar­an, dass schutz­su­chen­de Men­schen zurück in liby­sche Lager gebracht wer­den und dort schwe­ren Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen aus­ge­setzt sind.« Und wie immer neue Berich­te zei­gen, erst 2024 von der BBC, ist Fron­tex auch wei­ter­hin an Push­backs beteiligt.

Zwar gibt es bei Fron­tex Stel­len für soge­nann­te Grund­rechts­be­ob­ach­ter – unter dem ehe­ma­li­gen Chef Fab­ri­ce Leg­ge­ri (jetzt Abge­ord­ne­ter der rechts­extre­men Par­tei Ras­sem­blem­ent Natio­nal in Frank­reich) wur­de kei­ne der Stel­len besetzt. Unter sei­nem Nach­fol­ger Hans Leij­tens aus den Nie­der­lan­den sind es mitt­ler­wei­le etwa 50. Doch sie sind Teil von Fron­tex und ihre Berich­te sind nur intern. Mat­thi­as Mon­roy: »Bei Fron­tex feh­len defi­ni­tiv unab­hän­gi­ge Beob­ach­ter, die Skan­da­le auf­decken und auch Ein­fluss dar­auf haben, was mit ihren Berich­ten pas­siert. Die­se Rol­le über­neh­men der­zeit eigent­lich nur Jour­na­li­sten und Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen. Sie sind im Moment die Ein­zi­gen, die dafür sor­gen, dass nach die­sen Berich­ten, die sie häu­fig mit­hil­fe von Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­zen anfor­dern, auch etwas pas­siert. Je weni­ger Kon­troll­me­cha­nis­men es für Fron­tex gibt, desto wich­ti­ger ist die Arbeit, die Akti­vi­sten und die Medi­en machen.«

5.Frontex: Von Euro­pa in die gan­ze Welt
Wäh­rend das Fron­tex-Bud­get in 2005 noch sechs Mil­lio­nen Euro betrug, wer­den für 2025 rund 1,12 Mil­li­ar­den pro­gno­sti­ziert. In Zukunft soll Fron­tex zuneh­mend außer­halb der EU ein­ge­setzt wer­den. Seit 2016 kann Fron­tex Per­so­nal in benach­bar­te Dritt­staa­ten ent­sen­den. Gere­gelt wird das über Sta­tus­ab­kom­men. Die gibt es mit Alba­ni­en, Maze­do­ni­en, Bos­ni­en und Her­ze­go­wi­na sowie Ser­bi­en. Seit 2019 darf Fron­tex auch mit nicht-benach­bar­ten Län­dern wie dem Koso­vo sol­che Abkom­men abschlie­ßen. Inzwi­schen gibt es schon Ver­trä­ge mit afri­ka­ni­schen Län­dern wie dem Sene­gal oder Mau­re­ta­ni­en. Und die EU-Kom­mis­si­on will die Zahl der Ver­trags­part­ner zur Flücht­lings­ab­wehr wei­ter erhö­hen. Nach ihrer Vor­stel­lung sol­len die Men­schen mög­lichst erst gar nicht aus die­sen Län­dern her­aus­kom­men. Mat­thi­as Mon­roy: »Fron­tex ist auf kei­nen Fall refor­mier­bar und soll­te des­halb abge­schafft wer­den. Wir brau­chen kei­ne Orga­ni­sa­ti­on, deren pri­mä­res Ziel die Abwehr von Migra­ti­on ist und die dafür sogar Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen in Kauf nimmt. Zudem ist der Ansatz, Men­schen an den Gren­zen an der irre­gu­lä­ren Ein­rei­se zu hin­dern, völ­lig falsch, solan­ge das die ein­zi­ge Mög­lich­keit ist, in einem Land in Euro­pa Asyl zu beantragen.«

6.Zahl der Toten auf dem Mit­tel­mehr steigt wieder
Die Zahl der im Mit­tel­meer ertrun­ke­nen Geflüch­te­ten steigt nach Anga­ben der UNO-Flücht­lings­hil­fe wie­der an. 2023 waren es 4.110 Tote und Ver­miss­te; die höch­ste Zahl seit 2016. Damals waren 5.096 Todes­op­fer zu bekla­gen. Auch 2024 blei­ben die Zah­len auf hohem Niveau: es star­ben oder ver­schwan­den 3.530 Men­schen. Vie­le von ihnen hät­ten von den Schif­fen der tech­nisch hoch­ge­rü­ste­ten Grenz­schutz-Agen­tur Fron­tex geret­tet wer­den können.

Mat­thi­as Mon­roy: »Das, was jetzt die zivi­len See­not­ret­tungs­or­ga­ni­sa­tio­nen machen, soll­ten die Mit­glied­staa­ten über­neh­men – näm­lich dafür zu sor­gen, dass kei­ne Men­schen im Mit­tel­meer ster­ben. Das soll­te nicht die Auf­ga­be von Ver­ei­nen sein, die sich über Spen­den finan­zie­ren, son­dern eine staat­li­che Aufgabe.«

Ausgabe 15.16/2025