Mit großer öffentlicher Resonanz hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ein Positionspapier mit dem Titel »Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick« veröffentlicht. Das Papier »revidiert die Friedensethik«, stellte am 11. November die FAZ befriedigt fest und lobte es als einen »richtigen Bruch«. Ein folgenreicher Bruch ist es in der Tat.
Auf ihrer eigenen Website kündigt die EKD weitere Schritte mit den Worten an: »Die evangelische Friedensethik befindet sich in einem Prozess der Neuorientierung, der noch nicht abgeschlossen ist.«
Schon vor dem Abschluss dieser »Neuorientierung« beinhaltet diese 140 Seiten lang theologisch durch die Welt des Glaubens mäandernde Schrift harte Schnitte: Regelrecht abgekanzelt wird der lange Zeit eine Hauptrichtung vieler Kirchentage bildende Pazifismus. Der ist zwar in der Kirche noch erlaubt, aber nur in einer Nische, denn: »Als universale politische Ethik lässt sich der Pazifismus des kategorischen Gewaltverzichts ethisch nicht legitimieren.« Statt »Frieden schaffen ohne Waffen« heißt es nun: »Gewalt muss – notfalls mit Gegengewalt – eingedämmt werden.« Dazu seien auch Atomwaffen ein legitimes Mittel, denn ein einseitiger Verzicht auf Atomwaffen sei »kaum politisch zu vertreten. Auch die nukleare Teilhabe oder der Besitz von Nuklearwaffen kann also (…) eine ethisch begründbare Entscheidung sein.«
In der ideologischen Formierung einer Gesellschaft spielen die beiden Hauptkirchen nicht mehr die zentrale Rolle, die sie im 20. Jahrhundert spielten. Aber in der EKD sind 18 Millionen Menschen organisiert – nach dem Willen ihrer Führung werden sie in der Nach-Käßmann-Ära nun Schritt für Schritt aus dem Friedens- ins Kriegslager geführt.
Die historisch wahrscheinlich in Deutschland mit am häufigsten in Metall geprägte Kurzformel lautete »Gott mit uns«. In trauter Eintracht mit dem Hakenkreuz standen diese Worte auf allen über 15 Millionen Koppelschlössern der deutschen Wehrmacht. Unter Gottes Segen fanden die Schlächtereien an den Völkern Europas vom Nordkap bis Griechenland, vom Atlantik bis zur Wolga statt. Die von den evangelischen Kirchen herausgegebenen Durchhalte-Predigten trugen erheblich zum Gehorsam der Deutschen bis zum bitteren Ende bei. Auf diese Traditionslinie schwenkt die Evangelische Kirche nun nach dem Willen ihrer Führung ein. Ihr Hinweis auf eine »Neuorientierung«, die »noch nicht abgeschlossen« sei, lässt Schlimmes befürchten.