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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Gott mit uns

Mit gro­ßer öffent­li­cher Reso­nanz hat die Evan­ge­li­sche Kir­che in Deutsch­land (EKD) ein Posi­ti­ons­pa­pier mit dem Titel »Welt in Unord­nung – Gerech­ter Frie­de im Blick« ver­öf­fent­licht. Das Papier »revi­diert die Frie­dens­ethik«, stell­te am 11. Novem­ber die FAZ befrie­digt fest und lob­te es als einen »rich­ti­gen Bruch«. Ein fol­gen­rei­cher Bruch ist es in der Tat.

Auf ihrer eige­nen Web­site kün­digt die EKD wei­te­re Schrit­te mit den Wor­ten an: »Die evan­ge­li­sche Frie­dens­ethik befin­det sich in einem Pro­zess der Neu­ori­en­tie­rung, der noch nicht abge­schlos­sen ist.«

Schon vor dem Abschluss die­ser »Neu­ori­en­tie­rung« beinhal­tet die­se 140 Sei­ten lang theo­lo­gisch durch die Welt des Glau­bens mäan­dern­de Schrift har­te Schnit­te: Regel­recht abge­kan­zelt wird der lan­ge Zeit eine Haupt­rich­tung vie­ler Kir­chen­ta­ge bil­den­de Pazi­fis­mus. Der ist zwar in der Kir­che noch erlaubt, aber nur in einer Nische, denn: »Als uni­ver­sa­le poli­ti­sche Ethik lässt sich der Pazi­fis­mus des kate­go­ri­schen Gewalt­ver­zichts ethisch nicht legi­ti­mie­ren.« Statt »Frie­den schaf­fen ohne Waf­fen« heißt es nun: »Gewalt muss – not­falls mit Gegen­ge­walt – ein­ge­dämmt wer­den.« Dazu sei­en auch Atom­waf­fen ein legi­ti­mes Mit­tel, denn ein ein­sei­ti­ger Ver­zicht auf Atom­waf­fen sei »kaum poli­tisch zu ver­tre­ten. Auch die nuklea­re Teil­ha­be oder der Besitz von Nukle­ar­waf­fen kann also (…) eine ethisch begründ­ba­re Ent­schei­dung sein.«

In der ideo­lo­gi­schen For­mie­rung einer Gesell­schaft spie­len die bei­den Haupt­kir­chen nicht mehr die zen­tra­le Rol­le, die sie im 20. Jahr­hun­dert spiel­ten. Aber in der EKD sind 18 Mil­lio­nen Men­schen orga­ni­siert – nach dem Wil­len ihrer Füh­rung wer­den sie in der Nach-Käß­mann-Ära nun Schritt für Schritt aus dem Frie­dens- ins Kriegs­la­ger geführt.

Die histo­risch wahr­schein­lich in Deutsch­land mit am häu­fig­sten in Metall gepräg­te Kurz­for­mel lau­te­te »Gott mit uns«. In trau­ter Ein­tracht mit dem Haken­kreuz stan­den die­se Wor­te auf allen über 15 Mil­lio­nen Kop­pel­schlös­sern der deut­schen Wehr­macht. Unter Got­tes Segen fan­den die Schläch­te­rei­en an den Völ­kern Euro­pas vom Nord­kap bis Grie­chen­land, vom Atlan­tik bis zur Wol­ga statt. Die von den evan­ge­li­schen Kir­chen her­aus­ge­ge­be­nen Durch­hal­te-Pre­dig­ten tru­gen erheb­lich zum Gehor­sam der Deut­schen bis zum bit­te­ren Ende bei. Auf die­se Tra­di­ti­ons­li­nie schwenkt die Evan­ge­li­sche Kir­che nun nach dem Wil­len ihrer Füh­rung ein. Ihr Hin­weis auf eine »Neu­ori­en­tie­rung«, die »noch nicht abge­schlos­sen« sei, lässt Schlim­mes befürchten.