Die Weltklimakonferenz – COP 30 – in der brasilianischen Amazonas-Stadt Belém konnte ihren Ansprüchen von Anbeginn her nicht gerecht werden, da sie blind gemacht wurde gegen den weißen Elefanten im Gebüsch. Eine Google-Anfrage mit den Begriffen »COP 30« und »Militär« ergab lediglich zwei Links – vom Tagesspiegel und von der taz – die von der Google-KI wie folgt zusammengefasst wurden:
»Experten fordern, dass der militärische Sektor verpflichtet wird, seine Treibhausgasemissionen an die Vereinten Nationen zu melden, da diese aktuell eine große Datenlücke im Klimaschutz darstellen. (…) Derzeit müssen militärische Treibhausgasemissionen nicht gemeldet werden. Dies wird als eine ›blinde Stelle‹ im Klimaschutz kritisiert.«
Ohne die Überwindung der Hoch- und Atomrüstung hat unsere Zivilisation keine Zukunft. Das Bulletin der kritischen Atomwissenschaften bringt das in seiner Weltuntergangsuhr – »Doomsday Clock« – zum Ausdruck: Wir leben gegenwärtig in der gefährdetsten Zeit überhaupt. Das liegt an internationalen Spannungen, an den immens gesteigerten Ausgaben für die Atom- und Hochrüstung und an den Risiken, die von drohenden ökologischen Kipp-Punkten, vor denen viele Wissenschaftler warnen, ausgehen.
Vorberichte zur Konferenz senkten schon die Erwartungen, etwa weil die EU ihre Klimapolitik mit ihrer neoliberalen Politik des so genannten »Bürokratieabbaus« zugunsten der Handlungsfreiheit für die großen Konzerne aufweichte.
Derweil eskalieren die Schädigungen der Atmosphäre und der Fruchtbarkeit der Erde. Dies, obwohl es im Sommer 2024 in Europa bereits über 62.700 hitzebedingte Todesfälle gab, was einem Anstieg von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Die ökologischen Schädigungen durch eine beschwichtigende Umweltpolitik ohne konsequente Bewahrung der Lebensgrundlagen kostete die Staaten der EU bisher schon hunderte von Millionen Euro; das aber wird allen kompetenten Warnungen aus der COP 30 und der Wissenschaft nicht mehr als ein im Vergleich geringer Auftakt an Zerstörungen sein.
Längst ist klar, dass die Risiken ökologischer Kipp-Punkte einen Kontrollverlust für die Staaten bedeuten können, ein Systemproblem darstellen. Deshalb verhallen die Appelle an die Vernunft der Verantwortungsträger in den Spitzen der Staaten ohne Erfolg. Selbst die Welt am Sonntag erkannte am 26.10.2025 an: Laut Wissenschaftlern der Ökologie »werde die Natur in den gängigen ökonomischen Modellen – die stark auf Märkte und kurzfristige Gewinne ausgerichtet sind – kaum berücksichtigt«.
Hinzu kommt der Faktor Militär als Verursacher der Zerstörung von Lebensgrundlagen für die Menschheit. Der französische Sozialist Jean Jaurès fasste den Zusammenhang in diese Worte: »Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich, wie die Wolke den Regen.«
Die Auswirkungen sind laut Deutschlandfunk Kultur vom 2.1.2025 bereits heute immens: »Kriege zerstören Menschenleben, Infrastrukturen und ganze Länder. Doch ein Opfer wird meist übersehen: die Schäden an der Umwelt. Dabei kann die Zerstörung an der Natur erhebliche Ausmaße annehmen.«
Bis heute werden militärische Schädigungen nicht in die Klimabilanzen eingerechnet. Das Pentagon argumentiert: Der Energieverbrauch des Militärs dürfe nicht eingeschränkt werden, weil sonst die Verteidigungsfähigkeit gefährdet sei. So setzten die USA im Kontext mit der Kyoto-Weltklimakonferenz durch, dass nur die nichtmilitärischen Verbrennungsabgase an den Weltklimarat gemeldet werden müssen. Auch die Bundeswehr profitiert von dieser Regelung, obwohl sie sich selbst zu Umweltschutz-Maßnahmen verpflichtet. Der ökologische Fußabdruck der Bundeswehr ist laut Bundestags-Drucksache 20/10928 deutlich. Im Jahr 2021 etwa hat sie insgesamt 1,71 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent ausgestoßen – zwei Jahre zuvor waren es 1,45 Millionen Tonnen. Wohlgemerkt, diese Zahlen beziehen sich auf Jahre vor der Großinvasion Russlands in die Ukraine.
Die Manipulation der Weltöffentlichkeit infolge des Ausblendens der ökologischen Schädigungen durch den Militärsektor ist auch eine Bestätigung der Warnungen des damaligen US-Präsidenten Eisenhower vor dem militärisch-industriellen Komplex in seiner Abschiedsrede:
»Diese Verbindung eines gewaltigen Militärapparates mit einer großen Rüstungsindustrie stellt eine neue Erfahrung in den USA dar. Der gesamte Einfluss – wirtschaftlich, politisch, ja sogar spirituell – wird wahrgenommen in jeder Stadt, in jedem Parlament unserer Bundesstaaten und jeder Behörde der Bundesregierung. Wir erkennen die Notwendigkeit dieser Entwicklung an. Wir dürfen aber auch nicht die Augen verschließen gegenüber ihren schwerwiegenden Folgen. All unsere Bemühungen, Mittel und Existenzgrundlagen sind betroffen; das gilt auch für die Struktur unserer Gesellschaft.«
Welche Kräfte das heute sind, zeigt sich unter anderem auf der Website der für den September 2026 in der Messe Essen vorgesehenen Rüstungsmesse »Eurodefence-Expo«: Dort preisen die Veranstalter ihr Projekt mit der Orientierung auf einen einzigartigen Austausch verschiedener Repräsentanten aller Hauptsparten des militärisch-industriellen Komplexes an: Eurodefence fördere »aktiv den Austausch von Politik, Industrie und den Anwendern militärischer Sicherheitstechnologie. (…) Die enge Verzahnung der Veranstaltungen schafft wertvolle Synergie zwischen Industrie und Militär.«
Außer den Politikern, Rüstungsindustriellen und Militärs sind noch die Medien wichtig, die die Sprache im Sinn der Militarisierung weißwaschen; deutlich wird das bereits, wenn im Zusammenhang mit der Rüstungsmesse Kriegshandlungen mit den Worten »Anwendung militärischer Sicherheitstechnologie« erwähnt werden.
Mit ihrem Weißwaschen des Militärs hat die COP 30 wie ihre Vorgänger-Konferenzen den erklärten Zielen geschadet. Zur COP 29, die 2024 in Baku stattfand, formulierte die DFG-VK eine entsprechende Kritik: »Auch auf der COP 29 in Baku haben die Themen Militär und Krieg sowie deren klimapolitische Auswirkungen nur eine marginale Rolle gespielt, und zwar auf einer Nebenveranstaltung, bei der die Dekarbonisierungsansätze der slowenischen und norwegischen Streitkräfte vorgestellt wurden. (…) Die dominanten Diskussionen drehen sich (…) um ›klassische‹ Emittenten wie die Energieindustrie, Verkehr und Landwirtschaft, wohingegen das Militär als institutioneller Emittent eher verdrängt wird.«
Durch die Täuschung der Weltöffentlichkeit, zu der die Militärlobby greift, können politische Kräfte wie die Parteien, die in den letzten Jahren die Bundesregierung trugen, Hochrüstung mit dem Anschein ökologischer – grüner – Politik verbinden, ohne dass das den erforderlichen Aufschrei in der Gesellschaft hervorvorruft.