Martin Niemöller (1892 – 1984) war ein bekannter evangelischer Pfarrer, Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten und später wichtiges Mitglied der Friedensbewegung. In den 1920er und 1930er Jahren sympathisierte er jedoch zunächst mit vielen Ansichten der Nationalsozialisten und unterstützte rechtsradikale politische Bewegungen. Im Einklang mit seiner rechten, antisemitischen Haltung befürwortete Niemöller 1933 das NS-Regime und wählte im März desselben Jahres die NSDAP.
Die Begeisterung Niemöllers für die neue Regierung unter Adolf Hitler schwand jedoch bald, als das Regime anfing, sich in die Kirchenpolitik einzumischen. 1933 sprach Hitler seine Unterstützung für die Deutschen Christen aus, eine radikale Strömung innerhalb der evangelischen Kirche. Die Deutschen Christen porträtierten Jesus als Arier statt als Juden. Sie lehnten das Alte Testament ab und wollten Teile des Neuen Testaments abändern. Zielsetzung war es, die aus ihrer Sicht »jüdischen Elemente« des Christentums zu beseitigen. Dazu gehörte auch die Entlassung von Geistlichen mit jüdischen Vorfahren aus der evangelischen Kirche. Niemöller wurde zum führenden Kopf des Widerstands gegen die Deutschen Christen und die NS-Kirchenpolitik. Für ihn war es undenkbar, den Glauben und die damit verbundenen Werte für die Nationalsozialisten zu verraten. Am 1. Juli 1937 wurde Niemöller von der Gestapo verhaftet und war die folgenden acht Jahre als politischer Gefangener im KZ Sachsenhausen und im KZ Dachau interniert. Zahlreiche religiöse Führer verschiedener Länder forderten seine Freilassung. Niemöller kam jedoch erst mit dem Sieg der Alliierten im Mai 1945 frei.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Niemöller aufgrund seiner Aktivität im Widerstand auch international bekannt. Er engagierte sich für eine Neuordnung der Evangelischen Kirche und trat der Friedensbewegung bei. Wegen seiner freimütigen Ansichten stand er oft im Mittelpunkt von Kontroversen. So sprach er sich beispielsweise gegen die Entnazifizierungspolitik der Alliierten aus. Er war der Meinung, diese würde die Lage eher verschlechtern als verbessern. Er weigerte sich auch, im Kalten Krieg eindeutig Partei für die Vereinigten Staaten zu ergreifen.
Schon 1946 begab sich Niemöller in den westlichen Zonen des von den Alliierten besetzten Landes auf eine Vortragsreise. Niemöller räumte öffentlich ein, in den ersten Jahren des NS-Regimes zur Verfolgung anderer Deutscher geschwiegen zu haben – vor allem bei Mitgliedern linker politischer Bewegungen, die von dem konservativen Niemöller damals entschieden abgelehnt wurden.
Niemöllers Bekenntnis war primär an seine deutschen Mitbürger gerichtet. In seinen Vorträgen beklagte er, dass viele Deutsche sich weigerten, Verantwortung für den Nationalsozialismus, für die Verfolgung politisch Andersdenkender, für die Gräueltaten in den besetzten Ländern und für den Holocaust zu übernehmen. Niemöller kritisierte, dass die Deutschen die Schuld lieber ihren Nachbarn oder Vorgesetzten oder NS-Instanzen wie der Gestapo zuschoben. Mit seinem Bekenntnis hoffte er, den Deutschen ein Beispiel für die Übernahme von persönlicher Verantwortung für die Geschehnisse in der NS-Zeit zu geben.