Carlo Masala brach kürzlich in der Sendung ntv Salon eine Lanze gegen Bevormundung, wie sie für ihn hinter Reinhard Meys Liedzeile »Meine Söhne geb‘ ich nicht« steckt. Entschieden sich seine Kinder für oder gegen einen Dienst in der Bundeswehr, so könne er, falls sie Fragen hätten (und wenn nicht, dann eben nicht?), mit ihnen darüber diskutieren. Klar sei aber: »Wenn sie eine Entscheidung getroffen haben – egal, in welche Richtung –, dann habe ich die zu unterstützen« – statt wie möglicherweise Mey einem »Menschenbild« anzuhängen, das ihn »paternalistisch« dünke. Sollten – und daher rührt sein Plädoyer für Verzicht auf familiäre Einflussnahme – Eltern ihren Kindern gegenüber mit Einwänden gegen Kriegstüchtigkeit um die Ecke kommen, so ist das ein Übergriff auf deren Recht darauf, sich eine eigene Meinung zu bilden und nach ihr zu handeln (natürlich im Rahmen des Zulässigen). Also, Eltern, belabert eure Kinder nicht mit nur Gutgemeintem, schleift sie nicht nur euch zuliebe auf Ostermärsche!
Zugleich lässt Masalas Öffentlichkeitsarbeit (seine Kinder brauchen ihn gar nicht zu fragen; es reicht, wenn sie den Fernseher einschalten) keinen Zweifel daran, was die Heranwachsenden wollen sollen; Kriegstüchtigkeit ist ihm ja unabdingbar, als persönliche Einstellung bei Arbeit, Sport und Spiel, in Erziehung, Bildung, Wissenschaft, und als konsequentes Handeln, also mit dem Beitritt zur »starken Truppe«. Und wenn sich die Eltern eben einmal dort zurückhielten, wo ihre Worte nicht hingehören, so müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn die gerechte Saat von Medien und Jugendoffizieren nicht auch unter den Sprösslingen aufginge: »Right or wrong – my country!« Ohnehin gibt es auch noch die Option, den erforderlichen »Aufwuchs« von Kanonenfutter per allgemeiner Wehrpflicht sicherzustellen.
Der Wagen rollt also, ganz unpaternalistisch geschmiert; vgl. die Karfreitagsbotschaft von Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen, die den Slogan verirrter Schafe – »friedensfähig statt kriegstüchtig!« – im Auftrag des Herrn zurechtrückt: »Wir müssen kriegstauglich werden – um friedenstüchtig zu bleiben.« Und einiges für den Umgang mit Taurus Notwendige scheinen die deutschen Tempelritter ihre ukrainischen Knappen auch schon gelehrt zu haben, so dass zum Einsatz dieser Wunderwaffe eigentlich bloß noch die Traute, das heißt grünes Licht aus Washington dafür fehlt, sich als Kriegspartei auch zu bekennen. Furcht vor Entscheidung in diese Richtung kennt ein wackrer Deutscher nicht; »dann habe ich die zu unterstützen«. Der europäischen Familie liegt diese Gewissheit im Blut. Egal wie der Russe reagiert, daran wird er nichts ändern können. Es geht um die Enden der Wurst: Sieg oder Niederlage. Irgendwie spannend ist sie ja schon, diese existentielle Herausforderung. Endlich eine Bewährungsprobe mit einer Substanz, die der Größe der Nation auch würdig ist.
Zwar trägt Masalas Engagement für ein privates Überwältigungsverbot dieses als eine allgemeine Selbstverständlichkeit vor, aber es gilt natürlich nur für uns und die, die wir mögen. Natürlich sind alle Eltern in Russland, in Gaza, im Libanon etc. uneingeschränkt dazu aufgerufen, alles dafür zu tun, dass sich ihre Kinder nicht an die Front begeben wollen. Da ist Wehrkraftzersetzung einmal nicht verkehrt, und für Pazifisten beim Gegner haben wir schon ein Plätzchen in unseren Herzen frei, aufrecht und zivilcouragiert, wie sie dort sind. Hier jedoch brauchen wir sowas nicht. Es ist einfach nicht … na ja: »zeit(enwende)gemäß«.