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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Menschenbild

Car­lo Masa­la brach kürz­lich in der Sen­dung ntv Salon eine Lan­ze gegen Bevor­mun­dung, wie sie für ihn hin­ter Rein­hard Meys Lied­zei­le »Mei­ne Söh­ne geb‘ ich nicht« steckt. Ent­schie­den sich sei­ne Kin­der für oder gegen einen Dienst in der Bun­des­wehr, so kön­ne er, falls sie Fra­gen hät­ten (und wenn nicht, dann eben nicht?), mit ihnen dar­über dis­ku­tie­ren. Klar sei aber: »Wenn sie eine Ent­schei­dung getrof­fen haben – egal, in wel­che Rich­tung –, dann habe ich die zu unter­stüt­zen« – statt wie mög­li­cher­wei­se Mey einem »Men­schen­bild« anzu­hän­gen, das ihn »pater­na­li­stisch« dün­ke. Soll­ten – und daher rührt sein Plä­doy­er für Ver­zicht auf fami­liä­re Ein­fluss­nah­me – Eltern ihren Kin­dern gegen­über mit Ein­wän­den gegen Kriegs­tüch­tig­keit um die Ecke kom­men, so ist das ein Über­griff auf deren Recht dar­auf, sich eine eige­ne Mei­nung zu bil­den und nach ihr zu han­deln (natür­lich im Rah­men des Zuläs­si­gen). Also, Eltern, bela­bert eure Kin­der nicht mit nur Gut­ge­mein­tem, schleift sie nicht nur euch zulie­be auf Ostermärsche!

Zugleich lässt Masa­las Öffent­lich­keits­ar­beit (sei­ne Kin­der brau­chen ihn gar nicht zu fra­gen; es reicht, wenn sie den Fern­se­her ein­schal­ten) kei­nen Zwei­fel dar­an, was die Her­an­wach­sen­den wol­len sol­len; Kriegs­tüch­tig­keit ist ihm ja unab­ding­bar, als per­sön­li­che Ein­stel­lung bei Arbeit, Sport und Spiel, in Erzie­hung, Bil­dung, Wis­sen­schaft, und als kon­se­quen­tes Han­deln, also mit dem Bei­tritt zur »star­ken Trup­pe«. Und wenn sich die Eltern eben ein­mal dort zurück­hiel­ten, wo ihre Wor­te nicht hin­ge­hö­ren, so müss­te es doch mit dem Teu­fel zuge­hen, wenn die gerech­te Saat von Medi­en und Jugend­of­fi­zie­ren nicht auch unter den Spröss­lin­gen auf­gin­ge: »Right or wrong – my coun­try!« Ohne­hin gibt es auch noch die Opti­on, den erfor­der­li­chen »Auf­wuchs« von Kano­nen­fut­ter per all­ge­mei­ner Wehr­pflicht sicherzustellen.

Der Wagen rollt also, ganz unpa­ter­na­li­stisch geschmiert; vgl. die Kar­frei­tags­bot­schaft von Franz-Josef Over­beck, Bischof von Essen, die den Slo­gan ver­irr­ter Scha­fe – »frie­dens­fä­hig statt kriegs­tüch­tig!« – im Auf­trag des Herrn zurecht­rückt: »Wir müs­sen kriegs­taug­lich wer­den – um frie­dens­tüch­tig zu blei­ben.« Und eini­ges für den Umgang mit Tau­rus Not­wen­di­ge schei­nen die deut­schen Tem­pel­rit­ter ihre ukrai­ni­schen Knap­pen auch schon gelehrt zu haben, so dass zum Ein­satz die­ser Wun­der­waf­fe eigent­lich bloß noch die Trau­te, das heißt grü­nes Licht aus Washing­ton dafür fehlt, sich als Kriegs­par­tei auch zu beken­nen. Furcht vor Ent­schei­dung in die­se Rich­tung kennt ein wack­rer Deut­scher nicht; »dann habe ich die zu unter­stüt­zen«. Der euro­päi­schen Fami­lie liegt die­se Gewiss­heit im Blut. Egal wie der Rus­se reagiert, dar­an wird er nichts ändern kön­nen. Es geht um die Enden der Wurst: Sieg oder Nie­der­la­ge. Irgend­wie span­nend ist sie ja schon, die­se exi­sten­ti­el­le Her­aus­for­de­rung. End­lich eine Bewäh­rungs­pro­be mit einer Sub­stanz, die der Grö­ße der Nati­on auch wür­dig ist.

Zwar trägt Masa­las Enga­ge­ment für ein pri­va­tes Über­wäl­ti­gungs­ver­bot die­ses als eine all­ge­mei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit vor, aber es gilt natür­lich nur für uns und die, die wir mögen. Natür­lich sind alle Eltern in Russ­land, in Gaza, im Liba­non etc. unein­ge­schränkt dazu auf­ge­ru­fen, alles dafür zu tun, dass sich ihre Kin­der nicht an die Front bege­ben wol­len. Da ist Wehr­kraft­zer­set­zung ein­mal nicht ver­kehrt, und für Pazi­fi­sten beim Geg­ner haben wir schon ein Plätz­chen in unse­ren Her­zen frei, auf­recht und zivil­cou­ra­giert, wie sie dort sind. Hier jedoch brau­chen wir sowas nicht. Es ist ein­fach nicht … na ja: »zeit(enwende)gemäß«.