Nein, dumm sind sie nicht. Wenngleich manche Finte mehr einer gewissen Bauernschläue entspringt: Wenn es nicht durch die Vordertür geht, dann eben durchs Kellerfenster. Wobei der Umweg immer weniger nötig zu werden scheint: Die Tür öffnet sich Zentimeter um Zentimeter von innen, insbesondere die Konservativen von Union bis BSW arbeiten an der Vergrößerung des Spalts; in Erfurt spricht das Bündnis sogar schon mit Höcke.
Die Rede, Sie merken es, geht von den politischen Rechtsaußen. Eines ihrer rassistisch-völkischen Schlachtfelder befindet sich bei den Bürgergeldempfängern. Dort lassen sich Sozialneid und Ressentiments besonders gut schüren. Außer medialem Geraune – die Welt am Sonntag behauptete im Herbst des Vorjahrs, dass von den etwa vier Millionen Bürgergeldempfängern mehr als zweieinhalb Millionen einen Migrationshintergrund hätten – gab es wohl keine belastbaren Zahlen, die das Stammtisch-Votum belegt hätten. Amtliche Stellen entscheiden naturgemäß nicht nach ethnischer Herkunft, ob einem »Leistungsempfänger« das ihm gesetzlich zustehende Bürgergeld gezahlt wird. (Noch nicht, wird vielleicht dieser oder jener hier sarkastisch einfügen.)
Um dennoch politisches Kapital in dieser Sache zu gewinnen, hat ein Hinterbänkler eben jener Partei sich bei der Bundesregierung nach den »14 häufigsten Vornamen von Leistungsempfängern des Bürgergeldes gemäß § 19 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch« erkundigt. Weil, so vermutlich die Erwartung des Fragestellers Raimond Scheirich – der übrigens 1990 im rumänischen Timisoara zur Welt und über München im Februar 2025 in den Bundestag kam –, es dort vermutlich von Alis und Amiras, Jamals und Malikas nur so wimmeln würde. Quod erat demonstrandum.
Man wird ja wohl mal fragen dürfen, hat sich vielleicht der einstige Vertriebsingenieur und ehemalige Grundwehrdienstleistende bei der Luftwaffe gesagt. (Sofern nicht andere ihm die Frage souffliert hatten. Denn das ist ja Strategie dieser Partei: den Apparat so lange beschäftigen, bis er kollabiert.) Der Frager sitzt zwar in den Ausschüssen für Wirtschaft und Energie, für Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie für Angelegenheiten der Europäischen Union, was eigentlich mit diesem Thema nicht so richtig zu tun hat. Aber ich bitte Sie: Auch Minister leiten bekanntlich Ressorts, von denen sie keine Ahnung haben.
Und nun wurde also dem neugierigen Volksvertreter aus Bayern Auskunft zuteil. Das trug ihm nicht nur Befriedigung seiner Neugier, sondern auch mediale Aufmerksamkeit ein. Die Antwort aus dem Arbeitsministerium ging durch die Presse. Und siehe da: Die Hitparade wurde vom treudeutschen Michel angeführt, also von Michael. Der erste Name, der auf auswärtige Herkunft deutete, fand sich auf Rang fünf – Olena: die ukrainische Variante von Helena, die Leuchtende. Was vermutlich nicht überrascht. (Darum auf weiteren Plätzen auch Oleksandr, Tetiana und Iryna.)
Unter den ersten vierzehn der am häufigsten genannten Vornamen waren auch tatsächlich drei, deren Träger auf eine Herkunft aus dem afrikanisch-arabischen Raum schließen lassen könnten: Ahmad, Ali und Mohammad.
Doch was beweist das? Nix. Lassen sich etwa Schlüsse auf Charakter und Schicksal oder Herkunft ziehen, wenn einer als Kevin oder Marlon, eine als Amelie oder Chantalle durchs Leben gehen? Allenfalls Schlüsse auf die einstige Verwirrung ihrer wahrscheinlich deutschen Eltern auf der Suche nach möglichst originellen Namen für ihre Kinder. Mehr nicht.
Und warum ausgerechnet vierzehn Namen? Hätten es nicht auch zehn getan, oder zwanzig?
Folgte der Fragesteller vielleicht der kabbalistischen Deutung (kommt übrigens auch aus dem Ausland), wonach die Vierzehn für Disziplin, Zuverlässigkeit und Geduld steht, also dem Markenkern seiner Partei.
Allerdings verweise ich auf meine Erfahrungen mit Hotels in China oder Japan: Da gibt es keine Zimmer oder Etagen, deren letzte Ziffer eine Vier ist. Vier ist dort nämlich eine Unglückszahl, sie klingt – ausgesprochen auf Japanisch, Mandarin oder Kantonesisch – wie »Tod«. Und darum habe ich auch noch nie in diesem Teil der Welt in einem Raum geschlafen, an dessen Tür 14 stand. Zwischen 13 und 15 gab es nichts. Auch kein 14. Geschoss.
Welche Gedankengänge und Erinnerungen eine dämliche Abgeordnetenfrage so auslöst …
Übrigens: Schon im vergangenen Jahr fragte die Berliner AfD die häufigsten Vornamen von deutschen Staatsbürgern ab, gegen die wegen Messerangriffen ermittelt wurde. Wohl, um einen etwaigen Migrationshintergrund der Täter herauszustellen. Und auch die CDU Berlin fragte bereits nach Vornamen deutscher Tatverdächtiger.