Trotz Korruptionsvorwürfen ist am 19. Mai bei den vorgezogenen Parlamentswahlen das rechtskonservative Regierungsbündnis Aliança Democrátia (AD) erneut der Gewinner der Wahl. Das Bündnis setzt sich aus der Sozialdemokratischen Partei (PDS), dem Centro Democrátio e Social – Partido Popular (CDS-PP) und unabhängigen Persönlichkeiten zusammen. Der eigentliche Gewinner ist jedoch die ultrarechte Chega, übersetzt aus dem Portugiesischen: »Es reicht«. Gegründet wurde die Partei vom promovierten Juristen und ehemaligem Finanzbeamten André Ventura. Der Mann wurde noch 2017 als Spitzenkandidat der Partido Social Democrata (PSD) zum Stadtrat von Loures im Norden Lissabons gewählt. Er legte sein Amt nieder, trat aus der PSD aus und gründete Chega. Zur Europawahl 2019 kandidierte die Partei zusammen mit der »Partido Cidadania e Democracia Cristã« als Koalition »BASTA!«. Mit 1,3 Prozent Stimmen reichte es zu keinem Mandat, das Zweckbündnis wurde aufgelöst. Bei den nationalen Wahlen 2022 erhielt Chega dann schon 7,2 Prozent der Stimmen und zog mit 12 Abgeordneten ins Parlament ein. Bereits im Juli 2020 hatte sich die Partei der rechtspopulistischen und rechtsextremen »Europapartei Identität und Demokratie« angeschlossen. Daraus sind nun bei den Parlamentswahlen im Mai mit 22,56 Prozent der Stimmen 58 Parlamentssitze geworden.
Nach dieser Wahl fällt in Portugal das Urteil »Erdbeben«. Der Chega-Vorsitzende André Ventura jubelt: »Wir haben das Zweiparteiensystem getötet.« Seit dem demokratischen Neubeginn nach der Nelkenrevolution am 25. April 1974 wechselten sich die die Sozialdenkraten mit den Bürgerlich-konservativen im Regieren von Portugal immer ab. Das ist mit der Wahl vom Mai 2025 vorbei.
Über Jahrzehnte galt Portugal in der Erinnerung an die Salazar-Diktatur als immun gegen Rechtspopulistische Parteien. Nun hat sich nach Spanien – hier haben ehemalige Mitglieder der Partido Popular die rechtsextreme Partei VOX gegründet – auch in Portugal landesweit die rechte Partei Chega etabliert. Ist Portugal damit auch vom linken europäischen Abwärtstrend erfasst? Bröckelt nun das Bollwerk gegen die extreme Rechte? Dabei ist Chega, trotz der 22,56 Prozent Stimmenanteil, nicht Gewinner der Wahl. Die Partei hat bewusst nicht nur auf rechtspopulistische Parolen gesetzt gegen Migranten und Roma gesetzt, sondern auch auf die Rückbesinnung auf traditionelle Werte. Ebenso gelang es der Partei, den Stromausfall vor drei Wochen auf der Iberischen Halbinsel für sich auszunutzen. Es gibt eine Mehrheit aus AD, Chega und der Iniciativa Liberal von 156 Sitzen in einem Parlament mit 230 Sitzen. Der Wahlsieger Luís Montenegro von der AD kündigte Gespräche mit der Iniciativia Liberal an, ein Bündnis mit der Chega lehnte er ab. So wird es wohl erneut zu einer Minderheitsregierung des AD kommen.
Ob die Brandmauer gegen die Chega bestehen bleibt, das werden die Kommunalwahlen im Herbst und die Präsidentenwahl im Januar 2026 zeigen.