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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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(Un-)Sicherheitspolitik

Der dama­li­ge US-Prä­si­dent Eisen­hower warn­te in sei­ner Abschieds­re­de 1961 vor dem mili­tä­risch-indu­stri­el­len Komplex:

»In den Regie­rungs­rä­ten müs­sen wir uns davor schüt­zen, dass der mili­tä­risch-indu­stri­el­le Kom­plex unge­recht­fer­tig­ten Ein­fluss erlangt (…). Wir dür­fen nie­mals zulas­sen, dass das Gewicht die­ser Kom­bi­na­ti­on unse­re Frei­hei­ten oder demo­kra­ti­schen Pro­zes­se gefähr­det. (…) Nur eine auf­merk­sa­me und sach­kun­di­ge Bür­ger­schaft kann die ord­nungs­ge­mä­ße Ver­net­zung der rie­si­gen indu­stri­el­len und mili­tä­ri­schen Ver­tei­di­gungs­ma­schi­ne­rie mit unse­ren fried­li­chen Metho­den und Zie­len erzwin­gen, damit Sicher­heit und Frei­heit gemein­sam gedei­hen kön­nen. (…) Gemein­sam müs­sen wir ler­nen, Unter­schie­de nicht mit Waf­fen, son­dern mit Intel­lekt und anstän­di­gen Absich­ten zu komponieren.«

Die gegen­wär­ti­ge Poli­tik ver­lässt all das, sie ver­lässt auch die Öko­lo­gie und die Sozi­al­po­li­tik: 2019 betrug der Mili­tär­haus­halt Deutsch­lands cir­ca 43,2 Mil­li­ar­den Euro. Das mach­te 12,1 Pro­zent des gesam­ten Bun­des­etats aus; die 43,2 Mil­li­ar­den bedeu­te­ten eine Stei­ge­rung um cir­ca 10 Mil­li­ar­den gegen­über 2014. Die­se Ent­wick­lung ver­an­lass­te nicht nur den dama­li­gen FDP-Frak­ti­ons-Chef Dürr 2024 zur Aus­sa­ge, die Bun­des­wehr sei »kaputt­ge­spart« wor­den. Im Jahr davor befand sich der glei­che Vor­wurf auf der Web­site des mili­tär­po­li­ti­schen Spre­chers der AFD.

Die eta­blier­ten Par­tei­en reagier­ten mit dem 100 Mil­li­ar­den Son­der­ver­mö­gen und der Auf­he­bung der Schul­den­brem­se für die Mili­tär­po­li­tik. Es wird die näch­sten Gene­ra­tio­nen in eine Ver­schul­dungs­fal­le ohne Bei­spiel brin­gen und zugleich Kür­zun­gen in nie gekann­tem Aus­maß in der Daseins­vor­sor­ge nach sich ziehen.

Die stell­ver­tre­ten­de SPD-Bun­des­vor­sit­zen­de Anke Reh­lin­ger begrün­de­te am 11.Juni 2025 bei Mar­kus Lanz die Mili­tär­po­li­tik der Bun­des­re­gie­rung und damit auch der Nato damit, dass sich die sicher­heits­po­li­ti­sche Lage so ver­än­dert habe, dass die Poli­tik der Hoch­rü­stung zwin­gend sei. Die Begrün­dung der Nato und ihrer Lob­by für ihre For­de­run­gen nach exor­bi­tan­ter Stei­ge­rung der Mili­tär­aus­ga­ben ver­weist immer auf Russ­land, obwohl es zual­ler­erst die Nato war, die die Frie­dens­ord­nung gemein­sa­mer Sicher­heit ver­las­sen und damit wich­ti­ge inter­na­tio­na­le Ver­trä­ge wie den zur Ver­ei­ni­gung der zwei deut­schen Staa­ten und die Char­ta von Paris gebro­chen hat. Die­se Rich­tig­stel­lung der Nato-Pro­pa­gan­da­lü­ge stellt kei­ne Unter­stüt­zung der Kriegs­füh­rung von Russ­lands Armee dar. Michail Gor­bat­schow beklag­te 2019 in sei­nem Buch »Wor­auf es jetzt ankommt«, dass die Nato mit ihrer Ost­ex­pan­si­on bis an die rus­si­sche West­gren­ze das Ver­trau­en zer­stört habe, das zur Ver­ei­ni­gung der zwei deut­schen Staa­ten geführt hat.

Mit ihrer kon­fron­ta­ti­ven Vor­ge­hens­wei­se ist die Nato haupt­ver­ant­wort­lich für das, was sie beklagt. Sie belügt die Men­schen und legi­ti­miert eine Poli­tik der Eska­la­ti­on in einer Zeit, da die Mensch­heit sich auf die Abwen­dung der öko­lo­gi­schen Gefah­ren kon­zen­trie­ren muss. Somit ist die Nato-»Sicherheits«-Politik das Gegen­teil von dem, was sie zu sein vorgibt.

Nun plant Deutsch­lands Bun­des­re­gie­rung bis 2029 einen Mili­täre­tat von 152 Mil­li­ar­den Euro. Das ist fast schon das Vier­fa­che der Mili­tär­aus­ga­ben zehn Jah­re zuvor! Dies »braucht« das Mili­tär für den Ope­ra­ti­ons­plan Deutsch­land: Er »umfasst den Ein­satz der Bun­des­wehr in Deutsch­land in Frie­den, Kri­se und Krieg und damit die Band­brei­te von Hei­mat­schutz bis zur natio­na­len ter­ri­to­ria­len Ver­tei­di­gung. Die Fähig­keit, im Fal­le einer Zuspit­zung der sicher­heits­po­li­ti­schen Lage sehr schnell gro­ße Trup­pen­kon­tin­gen­te der Nato an die Ost­flan­ke des Bünd­nis­ses zu ver­le­gen, ist der zen­tra­le Pfei­ler der kon­ven­tio­nel­len Abschreckung. (…) In den Pla­nun­gen der Nato müs­sen meh­re­re hun­dert­tau­send Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten durch­gän­gig logi­stisch und medi­zi­nisch ver­sorgt werden.«

Hier wird Krieg vor­be­rei­tet, in einem Kon­ti­nent mit cir­ca 140 Atom­re­ak­to­ren, einer welt­weit her­aus­ge­ho­be­nen Indu­stria­li­sie­rung und einer Geschich­te mit zwei ver­hee­ren­den Weltkriegen.

Zusätz­lich zur sprung­haf­ten Stei­ge­rung der Mili­tär­aus­ga­ben über das Jahr 2028 auf 136,5 Mil­li­ar­den Euro kommt für die soge­nann­te Ukrai­ne-Hil­fe im Finanz­pla­nungs­zeit­raum bis 2029 durch­ge­hend ein jähr­li­cher Betrag von 8,5 Mil­li­ar­den Euro hinzu.

Die­se Poli­tik bricht auch mit Dwight D. Eisen­ho­wers War­nung vor dem »Poten­zi­al für den kata­stro­pha­len Auf­stieg fehl­ge­lei­te­ter Macht (…). Unter­schie­de nicht mit Waf­fen, son­dern mit Intel­lekt und anstän­di­gen Absich­ten zu kom­po­nie­ren«, das ist die wah­re Auf­ga­be der Gene­ra­tio­nen unse­rer Epo­che, es ist das Erfor­der­nis einer Sicher­heits­po­li­tik, die eine ist.