Die Kommunalwahlen in NRW im September 2025 dokumentieren den weiteren wahlpolitischen Vormarsch der AfD. Sie gewinnt in den entindustrialisierten NRW-Städten wie Gelsenkirchen und Duisburg etc. deutlich hinzu. Die Zugewinne der Partei Die Linke hingegen fallen sehr moderat aus. Die SPD ist in ihrem »Stammland« der Wahlverlierer.
Die Frage, warum die AfD fast ohne eigenes Zutun ihre parlamentarischen Positionen ausbauen konnte, obwohl die Partei – mangels Kandidaten – in vielen Kommunen NRW´s überhaupt nicht kandidierte, und die Linke abschmierte bzw. nicht profitierte, wird nicht gestellt. Hier wird wohl in die Zeit der Corona-Krise der Jahre 2020 und 2021 zurückzublicken sein. Wie hat sich damals z. B. die Partei Die Linke verhalten, und wie verhielt sich die politische Linke überhaupt? Wie wirkten sich die – pandemiebegründeten – Versammlungsverbote, die flächendeckenden Lockdowns und die irrwitzigen Ausgehverbote ab 21 Uhr aus? Diese Maßnahmen ließen fast das gesamte (außerparlamentarische) politische Leben wegbrechen! Teile der politischen Linken forderten sogar einen mehrwöchigen gesellschaftlichen Totalstillstand. Wer waren damals die handelnden Personen, und wie stehen diese zu ihren damaligen Forderungen?
Die industrielle Produktion hingegen lief weiter; und die Schutzmaßnahmen der dort Beschäftigten korrespondierten nicht mit den im öffentlichen Raum auferlegten Regeln. Regeln, die unter demokratiepolitischen Aspekten mindestens fragwürdig sind; entsprechend wurde die Aushebelung von Grundrechten, die das Grundgesetz vorsieht, von einigen zu Recht kritisiert. Eine staatskritische politische Linke, die das fragwürdige Regierungshandeln und die »Politik der Küchenkabinette« anprangerte, gab es dagegen nicht. Im Gegenteil: Kleine (Solo-)Selbständige, die sich durch ihre »Corona-Proteste« gegen Auftrittsverbote (KünstlerInnen etc.), Betriebsschließungen (Frisöre, Restaurants, Cafés etc.) und die Untersagung personennaher Dienstleistungen zur Wehr setzten, um ihre Existenz nicht zu verlieren, wurden in die Nähe von Nazis gerückt und ihr Protest so diffamiert.
Selbst die »Antifa« bekämpfte solche »Sozialproteste«; es interessierte die selbsterklärten Antifaschisten auch nicht, dass aus den Reihen der Sozialprotestler ebenfalls der Ruf erschall: »Nazis raus!« Auch eine nicht hilfreiche und (außerparlamentarisch) inaktive (deutsche) politische Linke kanzelte die Gegenwehr als nazidurchseucht ab. Die »Antifa« in Paris hingegen tummelte sich staatskritisch auf der Seite der Corona-Maßnahmen-Kritiker, unsere »Antifa« forderte hingegen: »Impft sie alle!«.
Die »Mittelstandslinke« konnte sich im Homeoffice und in großen Wohnungen/Wohnhäusern mit Gärten schön und mit überschaubaren Einschränkungen einrichten. Normalbeschäftigte immerhin konnten von einem erweiterten Kurzarbeitergeld profitieren – während die kleinen (Solo-)Selbständigen – ohne Netz und Boden – zu Hunderttausenden untergingen und große Familien in ihren zu kleinen Sozialbau-Wohnungen verzweifelten. Über die sozialen Nöte und die totale Isolation von Kindern und Jugendlichen – im Kontext der Spielplatz- und Schulschließungen etc. – wollen wir gleich ganz schweigen. Sie waren ja als »Pandemietreiber« und tödliche Subjekte, die das Leben ihrer Großeltern aufs Spiel setzten, gebrandmarkt.
Jetzt nach einem halben Jahrzehnt soll es zu einer auch parlamentarischen Aufarbeitung kommen. Der Bundestag richtete eine Enquete-Kommission ein. Auf Initiative der AfD in Hessen (!) gibt es in diesem Bundesland sogar einen Untersuchungsausschuss. Dabei wird dringend auch ein neuer Punkt zu verhandeln sein.
Nicht nur die dubiosen Maskenbeschaffungen (CDU-Spahn!), sondern auch die ab April 2020 gewährten Corona-Beihilfen bedürfen im Nachgang der Aufhellung. – So erreichte kürzlich in den hessischen Sommerferien 2025 knapp 100.000 (Solo-)Klein-Selbständige wie Frisöre, Gastronomen, freischaffende Künstler etc. per E-Mail die Rückforderung von Corona-Hilfen vom Regierungspräsidium Kassel. Der Rechnungshof habe das veranlasst, hieß es darin. Jetzt sollen also die zu Unrecht gewährten Corona-Subventionen zusammengekratzt werden, die vor 5 ½ Jahren unter denkwürdigen Bedingungen für »Lockdown«-Geschädigte gewährt wurden.
Die Anträge konnten nur begründet gestellt werden. Auf Corona-Hilfen (Subventionen!) besteht und bestand kein Rechtsanspruch. Es kann/konnte deshalb auch sehr willkürlich zugehen. Die Hilfen waren nur auf elektronischem Wege zu beantragen; Papieranträge gingen nicht. Tagsüber war oft kein Durchkommen im Internet (die Systeme waren dem Ansturm schlicht nicht gewachsen); die Anträge konnten erfolgreich nicht selten nur nachts gestellt werden. Häufig wurden die Subventionsbedingungen geändert. Ohne Internetzugang ging man überhaupt leer aus. Wie viele kleine Selbständige sind deshalb damals schon untergegangen und mussten ihren Betrieb aufgeben, weil sie keine Hilfen erhielten? Wen interessiert das überhaupt?
Kleine Selbständige, die sich gegen Grundrechtseinschränkungen, Lockdown und Untersagung ihrer Berufstätigkeit/Betätigung durch Sozialprotest wehrten, wurden nicht selten der Kontaktschuld mit Nazis von Seiten der Linken bezichtigt. Einer politischen Linken, die sich mehrheitlich und unkritisch mit den Corona-Eindämmungsmaßnahmen der (konservativ-bürgerlichen) Regierungs-Kräfte einverstanden erklärte – übrigens auch in dieser Zeitschrift (Ossietzky 06/2021 »Solidarität ist keine Angst-Pandemie«). Die sehr unzureichenden Corona-Finanzhilfen und ihre jetzigen Rückforderungen bedürfen – neben vielen anderen Fragen – einer dringenden Aufarbeitung. Warum? Weil sonst einseitig nur die AfD profitiert!
Hier ist besonders die politische Linke gefordert, die viel Grund hätte, »selbstkritisch« auf das damalige Geschehen zurückzublicken. Das ist auch deshalb notwendig, um zu verhindern, dass die AfD berechtigte Kritik nicht auf ihre Mühlen umleiten kann.