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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Die »Möglichmacherin«

Nach dem »Ermög­li­cher« (Ossietzky 12/​2025) bin ich nun auch sei­nem weib­li­chen Pen­dant begeg­net, das auch noch nicht im »Duden« ver­zeich­net ist: der »Mög­lich­ma­che­rin«.

Ort und Zeit die­ses Tref­fens waren für mich über­ra­schend. Ich saß an einem Spät­nach­mit­tag im Bus, um von einem Besuch nach Hau­se zu gelan­gen. Das Wet­ter war ange­nehm, der Him­mel blau. Ich blick­te dort hin­auf, dabei fiel mir eine klei­ne offi­zi­el­le Stel­len­an­zei­ge auf, die am obe­ren Teil der Bus­schrei­be ange­bracht war: Es wur­de eine »Mög­lich­ma­che­rin« gesucht, die »STEU­ER­ge­RECH­Tig­keit« [sic!] zu errei­chen hel­fen sol­le, indem sie eine »Aus­bil­dung als Finanz­wir­tin« absol­vier­te. Sie möge sich bei steuerverwaltung-hamburg.de melden.

Ich war über­rascht und zugleich nach­denk­lich. Soll­te an mich die­sel­be Ver­su­chung her­an­tre­ten, wie schon im Bereich des deso­la­ten Bahn­we­sen (»Betriebs­stö­run­gen«: Ossietzky 21/​2024, »Die Mise­re der Bahn und das Zug­per­so­nal«: Ossietzky 9/​2025): dass ich näm­lich dazu ver­führt wer­den soll­te, eine the­ma­tisch gebun­de­ne Kolum­ne im Ossietzky zu schrei­ben. Dazu war ich jetzt genau­so wenig bereit wie seinerzeit.

Aller­dings konn­te ich nicht umhin, mit Genug­tu­ung fest­zu­stel­len, was für eine deli­ka­te Ver­bin­dung der »Ermög­li­cher« und die »Mög­lich­ma­che­rin« wür­den ein­ge­hen müs­sen, wenn sie denn zuein­an­der fin­den wür­den: Der »Ermög­li­cher«: bereit, Kapi­tal zur Ver­fü­gung zu stel­len, zu wel­chen Zwecken auch immer, die »Mög­lich­ma­che­rin« als ethisch gelei­te­te Per­sön­lich­keit, die mit ihrer Arbeit Steu­er­ge­rech­tig­keit errei­chen oder zumin­dest dem Prin­zip nach för­dern möchte.

Es genüg­te mir aber nicht, mir die­sen kon­flikt­träch­ti­gen Gegen­satz vor­zu­stel­len, son­dern ich frag­te mich, was es wohl zu bedeu­ten hät­te, dass nach dem »Ermög­li­cher« aus dem bun­des­weit gel­ten­den Koali­ti­ons­ver­trag zwi­schen CDU/​CSU und SPD die »Mög­lich­ma­che­rin« aus Ham­burg mei­ne Auf­merk­sam­keit erregt hat­te: Es konn­te nur – das wur­de mir klar – dar­um gehen, dass ich auf den schrei­en­den Kon­trast in Sachen War­burg-Bank sowie der Rol­le der ehe­ma­li­gen bzw. jet­zi­gen Ham­bur­ger Bür­ger­mei­ster Scholz (»Gedächt­nis­lücken«) bzw. Tsch­ent­scher einer­seits und den wohl­fei­len Wunsch nach »Steu­er­ge­rech­tig­keit« gesto­ßen wer­den soll­te. Dank­bar nahm ich die­se Erhel­lung an.

Ich frag­te mich aller­dings, ob es ein Selbst­ein­ge­ständ­nis männ­li­cher Poli­ti­ker zu deu­ten sei, dass sie die »Steu­er­ge­rech­tig­keit« nun­mehr nur von Frau­en erwarteten.

Dar­über den­ke ich immer noch nach.