Nach dem »Ermöglicher« (Ossietzky 12/2025) bin ich nun auch seinem weiblichen Pendant begegnet, das auch noch nicht im »Duden« verzeichnet ist: der »Möglichmacherin«.
Ort und Zeit dieses Treffens waren für mich überraschend. Ich saß an einem Spätnachmittag im Bus, um von einem Besuch nach Hause zu gelangen. Das Wetter war angenehm, der Himmel blau. Ich blickte dort hinauf, dabei fiel mir eine kleine offizielle Stellenanzeige auf, die am oberen Teil der Busschreibe angebracht war: Es wurde eine »Möglichmacherin« gesucht, die »STEUERgeRECHTigkeit« [sic!] zu erreichen helfen solle, indem sie eine »Ausbildung als Finanzwirtin« absolvierte. Sie möge sich bei steuerverwaltung-hamburg.de melden.
Ich war überrascht und zugleich nachdenklich. Sollte an mich dieselbe Versuchung herantreten, wie schon im Bereich des desolaten Bahnwesen (»Betriebsstörungen«: Ossietzky 21/2024, »Die Misere der Bahn und das Zugpersonal«: Ossietzky 9/2025): dass ich nämlich dazu verführt werden sollte, eine thematisch gebundene Kolumne im Ossietzky zu schreiben. Dazu war ich jetzt genauso wenig bereit wie seinerzeit.
Allerdings konnte ich nicht umhin, mit Genugtuung festzustellen, was für eine delikate Verbindung der »Ermöglicher« und die »Möglichmacherin« würden eingehen müssen, wenn sie denn zueinander finden würden: Der »Ermöglicher«: bereit, Kapital zur Verfügung zu stellen, zu welchen Zwecken auch immer, die »Möglichmacherin« als ethisch geleitete Persönlichkeit, die mit ihrer Arbeit Steuergerechtigkeit erreichen oder zumindest dem Prinzip nach fördern möchte.
Es genügte mir aber nicht, mir diesen konfliktträchtigen Gegensatz vorzustellen, sondern ich fragte mich, was es wohl zu bedeuten hätte, dass nach dem »Ermöglicher« aus dem bundesweit geltenden Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD die »Möglichmacherin« aus Hamburg meine Aufmerksamkeit erregt hatte: Es konnte nur – das wurde mir klar – darum gehen, dass ich auf den schreienden Kontrast in Sachen Warburg-Bank sowie der Rolle der ehemaligen bzw. jetzigen Hamburger Bürgermeister Scholz (»Gedächtnislücken«) bzw. Tschentscher einerseits und den wohlfeilen Wunsch nach »Steuergerechtigkeit« gestoßen werden sollte. Dankbar nahm ich diese Erhellung an.
Ich fragte mich allerdings, ob es ein Selbsteingeständnis männlicher Politiker zu deuten sei, dass sie die »Steuergerechtigkeit« nunmehr nur von Frauen erwarteten.
Darüber denke ich immer noch nach.