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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Hinrichtungsrekord in den USA

Im Jahr 2014 wur­den in Flo­ri­da acht Men­schen hin­ge­rich­tet. Es war die höch­ste Zahl an Hin­rich­tun­gen in dem US-Bun­des­taat seit 1976, dem Jahr, in dem die Todes­stra­fe vom Ober­sten Gerichts­hof der USA wie­der ein­ge­führt wur­de – bis jetzt. Am Diens­tag­abend (28. Okto­ber) wur­de Nor­man Mear­le Grim Jr., getö­tet. Vor mehr als 25 Jah­ren war er wegen Ver­ge­wal­ti­gung und Tötung sei­ner Nach­ba­rin ver­ur­teilt wor­den. Nun starb er nach der Injek­ti­on von drei Medi­ka­men­ten im Flo­ri­da Sta­te Pri­son. Um 18.14 Uhr wur­de der 65-Jäh­ri­ge für tot erklärt.

Die Hin­rich­tung war die 15. in Flo­ri­da – in die­sem Jahr. Ein trau­ri­ger Rekord. Damit wur­den in Flo­ri­da mehr Men­schen hin­ge­rich­tet als in jedem ande­ren Bun­des­staat, gefolgt von Texas und Ala­ba­ma mit jeweils fünf Hin­rich­tun­gen. Zwei wei­te­re Hin­rich­tun­gen in Flo­ri­da sind geplant, die auf Todes­ur­tei­le zurück­ge­hen, die vom repu­bli­ka­ni­schen Gou­ver­neur Ron DeS­an­tis unter­zeich­net wur­den. Er gilt als Ver­fech­ter der Todes­stra­fe und hat sich die strik­te Durch­set­zung von Exe­ku­tio­nen auf die Fah­ne geschrie­ben. 2023 hat­te er die bis dahin nöti­ge Ein­stim­mig­keit unter den zwölf Geschwo­re­nen einer Jury für die Ver­hän­gung der Todes­stra­fe auf­ge­ho­ben. Seit­her rei­chen acht Stimmen.

Nicht nur Flo­ri­da, die gan­zen USA erle­ben der­zeit eine Wel­le der Hin­rich­tun­gen. Eine Woche vor der Hin­rich­tung in Flo­ri­da wur­de der 54-jäh­ri­ge Antho­ny Boyd in der »Wil­liam C. Hol­man Cor­rec­tion­al Faci­li­ty« in Ala­ba­ma durch die neu ein­ge­führ­te Hin­rich­tungs­me­tho­de des Stick­stoff­ga­ses exe­ku­tiert. Boyd war vor mehr als drei Jahr­zehn­ten wegen Bei­hil­fe eines Mor­des ver­ur­teilt wor­den. 32 Jah­ren hat­te er bis zu sei­ner Hin­rich­tung im Gefäng­nis ver­bracht, In sei­nen letz­ten Wor­ten beteu­er­te er sei­ne Unschuld und kri­ti­sier­te das Straf­rechts­sy­stem: »Ich habe nie­man­den getö­tet. Ich war an kei­ner Tötung betei­ligt.« Er füg­te hin­zu: »Es kann kei­ne Gerech­tig­keit geben, bis wir die­ses System ändern.«

Ins­ge­samt wur­den 2025 in den USA bereits 40 Men­schen hin­ge­rich­tet – min­de­stens 18 wei­te­re sol­len bis Ende des Jah­res getö­tet wer­den. Die Grün­de hin­ter die­ser Ent­wick­lung wer­fen lan­ge Schat­ten, Exper­ten sehen Ver­bin­dun­gen zur poli­ti­schen Stim­mung wäh­rend Donald Trumps Prä­si­dent­schaft. Trump ist ein kla­rer Befür­wor­ter der Todes­stra­fe. Bei einer Mehr­heit der ame­ri­ka­ni­schen Gesell­schaft fin­det er Zustim­mung. Nicht nur kon­ser­va­ti­ve Repu­bli­ka­ner sehen dar­in eine not­wen­di­ge und sinn­vol­le Reak­ti­on der Justiz im Sin­ne der Gerech­tig­keit. Rache und Ver­gel­tung wer­den eine klä­ren­de, berei­ni­gen­de Funk­ti­on zuge­schrie­ben: Der Mör­der bezahlt mit sei­nem Leben, danach ist die Welt wie­der im Gleich­ge­wicht. Auch Ange­hö­ri­ge von Opfern spre­chen von Gerech­tig­keit, die es nun end­lich gebe, wenn wie­der ein Täter hin­ge­rich­tet wor­den ist. Auge um Auge, Zahn um Zahn … Die Geg­ner argu­men­tie­ren, die Todes­stra­fe sei unmensch­lich, grau­sam und sinn­los. Und sie war­nen vor Justiz­irr­tü­mern: Es gebe kei­ne Mög­lich­keit, zu ver­hin­dern, dass auch Unschul­di­ge exe­ku­tiert wür­den. Auch wenn gesell­schaft­lich die Skep­sis zunimmt – von einer lan­des­wei­ten Abschaf­fung der Todes­stra­fe ist man in den USA noch weit ent­fernt. Die Hin­rich­tun­gen wer­den fort­ge­setzt – nicht nur in Flo­ri­da. Ganz im Sin­ne des ame­ri­ka­ni­schen Präsidenten.

 Vom Autor erschie­nen: OHNE GNADE. Eine Geschich­te der Todes­stra­fe, Nomen Ver­lag, 230 S., 22 €.