Kopfbedeckungen spielten in der Geschichte der Menschheit bis in die Gegenwart immer eine besondere Rolle. Vorrangig ging es dabei um den Schutz vor Kälte, Schnee oder Hitze. Auf diese Funktion waren und sind sie aber keineswegs reduziert. Bereits im vierten Jahrhundert dienten sie der Demonstration von Reinheit und Trauer im christlichen Sinne. Ludwig XIV. führte die Allongeperücke ein, die sich dann geradezu inflationär verbreitete. Vielfach waren Mützen, Hüte oder Helme zugleich auch Ausdruck eines sozialen Status, einer bestimmten Position oder Erkennungsmerkmal für eine spezielle Berufsausübung. Für uns verbinden sich manche Kopfbedeckungen auch mit bestimmten Personen, oder ihre Bezeichnung war zugleich ein Synonym. Dazu gehören der Bicorne (Zweispitz), wie ihn Napoleon einst trug, der Dreispitz von Offizieren und dem Adel des 18. Jahrhunderts, die Melone des gediegenen englischen Bankers oder der Schlapphut als scheinbares Erkennungsmerkmal für den Geheimagenten. Der Stahlhelm ist und bleibt Symbol für Militär und Krieg, die Pickelhaube des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts war gerade in Deutschland sehr verbreitet und unterstrich den militärischen Charakter und nicht selten auch das Machtgehabe ihrer Träger.
Richter trugen bis in die frühen 1960er Jahre ein Barett. An den höchsten deutschen Gerichten ist dies noch heute üblich, wie wir regelmäßig im Fernsehen bei der Verkündung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wahrnehmen können. Die Polizei ist nach wie vor ein amtlicher Mützenträger, auch wenn nicht immer in allen Situationen noch so konsequent wie einst.
Im privaten Bereich wurden Mützen, Kappen und Hüte immer getragen, oft auch nur als Accessoire. In den zurückliegenden 30 Jahren scheint dies eher zugenommen zu haben. Sogenannte Basecaps sind sehr verbreitet, und von Sängern und Schauspielern werden gern auch auffällige Hüte getragen, nicht selten, wenn sie sich in einem Fernsehstudio bei einer Talkshow präsentieren. Manchmal sagt der Hut dann mehr über seinen Träger als dieser selbst von sich gibt. Der Schornsteinfeger hat seit langem keinen Zylinder mehr, und auch auf Beerdigungen ist solcher Art Kopfschmuck nur noch selten anzutreffen. Als Helmut Schmidt Mitte der 1970er Jahre Bundeskanzler wurde, kam verstärkt die Prinz-Heinrich-Mütze in Mode. Inzwischen scheint auch dieser Trend wieder der Vergangenheit anzugehören. So hat alles seine Zeit, und das, was der Mensch auf dem Kopf trägt, offenbar auch.
Mich beschäftigt die Thematik eigentlich nur ab und an von Berufs wegen. Mancher, der heute als Angeklagter oder Zeuge vor ein Gericht geladen ist, erscheint gern auch mit Kopfbedeckung, vorrangig einem Basecap. Mitunter hat dieses zusätzlich eine eher fragwürdige Beschriftung. Das für sich allein wäre noch kein Problem. Es ist aber mindestens seit etwa 150 Jahren ein ungeschriebenes Gesetz, dass der Angeklagte und auch der Zeuge bei seiner Befragung durch ein Gericht die Kopfbedeckung abnehmen. Das ist eine Frage des Respekts vor staatlicher Autorität und der Berufsausübung der Richterin oder des Richters. Mancher Zeitgenosse scheint dies entweder nicht zu wissen oder den Gedanken daran zu verdrängen. So kommt es ab und an vor, dass die Kappe nicht abgenommen wird. Manche Gerichtsvorsitzende nehmen das schweigend hin und übergehen diese Unhöflichkeit. Spätestens dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo es mir notwendig erscheint, die vor Gericht erschienene Person auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen. Wir beklagen uns gesamtgesellschaftlich bereits seit Jahrzehnten über den Verlust von Autorität und der Achtung vor staatlichen Funktionsträgern wie Polizistinnen und Polizisten oder eben Richterinnen und Richter. Es bleibt oft unberücksichtigt, dass die Dinge – wie so oft – im Kleinen beginnen. Nach und nach wird auf feste Gepflogenheiten verzichtet, oder diese werden ohne Not gelockert. So kommt sukzessive eins zum anderen.