Viele Menschen nicht nur in Europa fragen sich immer drängender, warum die westlichen Regierungen sich nicht – z. B. im Namen der Menschenrechte – dafür einsetzen, dass das endlos scheinende Massaker an der palästinensischen Zivilbevölkerung beendet wird. Forderungen der letzten Biden-Regierung nach Milderung der Angriffe auf Gaza erwiesen sich sofort als sinnlos und leer, weil die militärische und finanzielle Unterstützung der Regierung Israels ungebrochen fortgesetzt wurde.
Norman Paech hat kürzlich in seinem Beitrag über Hintergrund und Folgen des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober 2023 (Ossietzky 6/25) anhand der Studie von Jacques Baud (»Die Niederlage des Siegers«) noch einmal auf die geopolitischen Interessen der USA hingewiesen und aufgezeigt, wie ein ökonomisch und militärisch starkes Israel als Bollwerk gegen die US-Gegner im Nahen Osten aufgebaut wurde und wird, inzwischen auch in der Perspektive einer künftigen militärischen Auseinandersetzung mit China. Diese enge strategische Allianz wird nun vom neuen Trump-Regime unverhüllt fortgesetzt. Israel kann ungestraft den Libanon, Syrien, den Jemen, inzwischen failed states der Region, einfach bombardieren, wie z. B. am 26. Oktober, als Israels F35-Bomber an nur einem Tag sogar 80 Prozent der iranischen Luftabwehr zerstörten, ohne dass sich nennenswerter Widerspruch im Westen regte.
Ungeachtet des Bruchs aller Menschenrechte soll ein israelischer Plan zur Vertreibung aller Palästinenser, auch aus den inzwischen zunehmend von israelischen Siedlern okkupierten Gebieten zwischen Meer und Jordan, durchgeführt werden – als »freiwillige Emigration« in Nachbarländer oder weiter nach Afrika –, bis hin zu Trumps obszönen Fantasien einer von Palästinensern entleerten Gaza-Riviera für seinesgleichen …
Ein Artikel von Alberto Negri in der römischen Tageszeitung il manifesto vom 25. März bietet Hinweise darauf, weshalb keine verantwortliche politische Kraft in Europa gegen all das interveniert. Der langerfahrene Kriegsberichterstatter beschreibt darin den gemeinsamen militärisch-industriellen Komplex, für dessen Aufbau die USA seit den 50er Jahren weit über 260 Mrd. Dollar an Israel zahlten. Der kleine Staat Israel wurde durch diese Investitionen über Jahrzehnte nicht nur zu einem großen Rüstungsexporteur aufgebaut und steht an 9. Stelle in der Weltstatistik – mit seiner Bevölkerungszahl rangiert es weltweit auf Rang 97 –, sondern ist auch einer der größten Kunden der US-Rüstungskonzerne wie Boeing, General Dynamics oder Lockheed Martin. Der Staat existiert nur in enger Abhängigkeit vom militär-industriellen Komplex der USA, und hinter diesem steht seit langem eine global agierende Finanzstruktur der großen Investmentfonds, der als Big Three bekannten BlackRock, Vanguard, State Street, die über ihre weltweit gestreuten Aktienpakete die gesamte Militär- und Cyberindustrie kontrollieren und an jedem Bomber und jeder Bombe verdienen. 2024 erfolgten 70 Prozent der Flüge aus Israel zur Ausspähung der Bombenziele in Gaza und Libanon mit amerikanischen und britischen Flugzeugen.
Der australische Pulitzer-Preisträger Antony Loewenstein schreibt in seinem kürzlich auf Italienisch erschienenen Buch »Laboratorio Palestina«, dass ja viele Länder Waffen herstellen, aber dass Israel sich auszeichnet durch seinen einzigartigen »Mix aus Waffen und diversen Überwachungs-Technologien, die eine komplexe Integration ermöglichen zur kompletten Kontrolle von ›schwierigen‹ Bevölkerungen, basierend auf langjähriger Erfahrung in Palästina«. Eben darin besteht demnach die Bedeutung der nicht abreißenden militärischen Interventionen: Gaza und das Westjordanland sind auch Versuchslaboratorien für neue Hightech-Waffen und KI-Systeme, die Israel dann in den Rest der Welt exportiert. Und mit dieser Industrie sind alle wesentlichen Staaten Europas verbunden – über die Israel Innovation Authority – die Forschung mit Stellantis (Ex-Fiat), Enel, Leonardo und Start-ups im Hightech-Sektor ermöglicht, um nur die wichtigsten aus Italien zu nennen.
Über allem schweben BlackRock und Co., deren fataler Rolle im System Werner Rügemer soeben ein schmales Bändchen gewidmet hat mit dem langen Titel: »BlackRock Germany. Die heimliche Weltmacht, ihre Praktiken in Deutschland und Friedrich Merz«. Rügemer forscht seit langem zu diesen »Kapitalisten des 21. Jahrhunderts« und hat auf 112 Seiten noch einmal die wichtigsten Kritikpunkte am »führenden Kapitalorganisator des ganzen US-geführten Kapitalismus« dargelegt, der seinen Großaktionären Anonymität und Steuerflucht ermöglicht.
Nach eigenen Angaben anlässlich seines 30-jährigen Jubiläums 2024 »optimiert BlackRock in Deutschland ein privates, steuerflüchtendes Vermögen in Höhe von 270 Mrd. €«. Hier operiert das Unternehmen zwar seit 1994, ist aber erst seit 2022 ins Lobbyregister des Bundestags eingetragen. Schon vorher war BlackRock ein wichtiger Akteur beim Ausverkauf deutscher Mittelstandunternehmen an US-Heuschrecken (dank Agenda 2010), bei der Bankenrettung 2007/8, bei der Erpressung Griechenlands 2015 und verfügt über ein vielgestaltiges Herrschafts-Instrumentarium und entsprechendes Personal auf vielen Ebenen in Politik, Medien, Universitäten, Ministerien, Stiftungen usw. Am Young-Leaders-Programm des WEF (World Economic Forum), in dessen Leitungsgremium BlackRock-Gründer Larry Fink sitzt, nahmen in ihren jungen Jahren u.a. Emmanuel Macron, Tony Blair, Justin Trudeau teil – aus Deutschland Angela Merkel, Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Markus Söder, Jens Spahn und Karl Lauterbach.
Friedrich Merz wurde erst 2016 Aufsichtsratsvorsitzender der BlackRock Deutschland AG. Er vertrat damals längst über seine US-Wirtschaftskanzlei die Interessen von Private Equity-Investoren und hatte 2008 bereits sein Buch: »Mehr Kapitalismus wagen« vorgelegt, in dem er sich u. a. für den Rückzug der Gewerkschaften aus den Betrieben und gegen Mindestlöhne, für Privatisierung der Sozialversicherungen und Aktienrenten nach BlackRock-Konzept ausgesprochen hatte.
Nun wird Merz zum neuen Kanzler der Bundesrepublik mit »neuer Führungsrolle« in Europa. Der die Ukraine beliefernde deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall, dessen Börsenwert stieg und steigt, wurde von BlackRock qua Aktienmehrheit übernommen – wie auch die Staatsanleihen der inzwischen völlig überschuldeten Ukraine, die damit in US-Hand sind und die Kontrolle über die Ressourcen sichern, die Donald Trump jetzt einfordert. Für den geplanten ›Wiederaufbau‹ der Ukraine wurde BlackRock schon 2022 als Koordinator ernannt. »Die Gewinne der BlackRock-Kunden für den ›Wiederaufbau‹ werden umso höher sein, je mehr vorher profitabel zerstört wird«, folgert Rügemer, und vor diesem Hintergrund schließt sich auch der BlackRock-Kreis zwischen Ukraine und Israel. Die täglich zunehmende Bedrohungspropaganda in der neuen BlackRock-Republik Deutschland und die ausstehenden Rüstungs-Milliarden werden dadurch wohl erklärbarer, aber nicht akzeptabel.
Dagegen gab es bisher Widerstand durch »BlackRock-Tribunale«, zuletzt am 7. Februar 2025 im IG-Metall-Haus, Berlin. Titel: »BlackRock im Kanzleramt«, siehe www.blackrocktribunal.de.