Die Nato-Staaten haben sich kürzlich in Den Haag verpflichtet, von ihrem Bruttoinlandprodukts (BIP) 5 Prozent bis 2035 für Verteidigungsausgaben einzusetzen, was eine enorme Erhöhung der militärischen Ausgaben gegenüber 2024 bedeutet. Nach den im Internet abrufbaren Angaben wandten die Nato-Staaten 2024 in der Summe für militärische Ausgaben mindestens 1456,8 Milliarden USD auf (bei den Baltikums-Ländern, Belgien, Irland und Rumänien wurde aufgrund fehlender expliziter Angaben auf Ausgaben 2023 zurückgegriffen). Legt man die vom IWF bestätigten Angaben für das BIP der Nato-Mitgliedsländer zugrunde, ergeben sich aus der Summe von 52.741,33 Milliarden USD im Jahr 2023 Ausgaben von 2,74 Prozent für das Jahr 2024. Mit 5 Prozent würden sich die militärischen Ausgaben bis zum Jahr 2035 schrittweise auf 2637,1 Milliarden USD erhöhen. Dabei ist bemerkenswert, dass schon im Vorfeld der Nato-Ratstagung in Den Haag vom 21. bis 24. Juni Einigung erzielt werden konnte, der USA-Forderung zu entsprechen, wonach sich zukünftig jedes Nato-Mitglied mit mindestens 5 Prozent seines Bruttoinlandprodukts an den angeblich zu Verteidigungszwecken benötigten Aufwendungen zu beteiligen habe, und so kam der Beschluss einmütig zustande. Begründet wurde die signifikante Erhöhung der Militärausgaben in den öffentlichen Medien mit angeblich wachsenden Sicherheitsbedrohungen insbesondere durch Russland und einen globalen Machtkampf mit autoritären Regimen.
Russland wandte 2024 nach im Internet abrufbaren Angaben mit 149 Milliarden USD zwar ca. 6 Prozent seines 2023 erwirtschafteten BIPs in Höhe von ca. 2010 Milliarden USD auf. Damit war das Potential militärischer Leistungsfähigkeit der Nato gegenüber dem russischen aber fast 10-fach überlegen, und es ist daher kaum glaubhaft, dass die Elite der politischen Führung des Westens ernsthaft davon ausgeht, Russland würde den Angriff auf ein einzelnes in die Nato eingebundenes Land in Betracht ziehen, käme doch der Bündnisfall sofort zum Tragen. Russland benötigt für seine Entwicklung nichts mehr als Frieden und eine gewisse Sicherheit. Die militärische Auseinandersetzung seit 2022 ist das Ergebnis einer Verweigerung seiner elementaren Sicherheitsinteressen durch den Westen (Nato-Osterweiterung) und der Krieg mit den Waffen der Nato auf dem Rücken der Ukraine von Anfang an Bestandteil eines Machtkampfes zur territorialen Erweiterung westlicher Einflusssphären. Die Bedrohung des Westens durch Russland erweist sich demzufolge als eine Lüge, die von den wahren Ursachen ablenken und die nicht unbeträchtlichen finanziellen Investitionen westlicher Länder in diesen Krieg rechtfertigen soll.
Warum dann aber die von der USA-Administration initiierte bedeutende Aufstockung der Nato-Militärausgaben in den nächsten 10 Jahren? Es ist nicht abwegig anzunehmen, dass der wahre Grund in der Vorbereitung auf eine Auseinandersetzung zur Wahrung des globalen Führungsanspruchs der USA und damit des Westens gegen Regime zu suchen ist, die sich bisher seinem unmittelbaren Zugriff entziehen, daher auch als totalitär oder autoritär verteufelt werden. Auf eine solche Auseinandersetzung gelte es, ggf. zukünftig vorbereitet zu sein, und das bis dahin weltweit angehäufte Waffenpotential einschließlich propagandistischer Einstimmung von Menschen auf Kriegstüchtigkeit würde einen angeblich zweckdienlichen Sinn, allerdings den von Vernichtung, ergeben. Eine solche, unsere menschliche Existenz bedrohende, Perspektive wäre das Ergebnis, und was dabei als besonders bedrohlich anzusehen ist, besteht auch darin, dass sich unser gesellschaftliches Leben auf eine solche Katastrophe scheinbar unwidersprochen zubewegt. Jegliche kritische Äußerung zu dieser Entwicklung ist in den öffentlichen Medien bisher zu vermissen.
Auffallend ist, mit welcher Entschiedenheit Beschlüsse zustande kommen, wenn es um Fortsetzung der in der Geschichte seit jeher praktizierten Machtspiele um Vorherrschaft unter Missachtung der Interessen anderer geht, die immer wieder zu Kriegen mit einem enormen Verschleiß an Ressourcen und großen Verlusten geführt haben. Dabei gälte es doch einer viel größeren Bedrohung, die unsere zukünftige Existenz über jedes Feindbild hinweg grundsätzlich in Frage stellt, oberste Priorität einzuräumen, indem mit vergleichbarer Verbindlichkeit wirksame Maßnahmen gegen die auf uns zukommende Klimakatastrophe beschlossen und umgesetzt werden. Die auf der Weltklimakonferenz im November 2024 in Baku gefassten Beschlüsse beschränkten sich auf finanzielle Unterstützung der bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt besonders betroffenen Länder des Südens. Beschlüsse zur weiteren Senkung der klimaschädlichen Treibhausgase kamen nicht zustande und wurden vertagt. Deren Ursache für die dramatische Temperatur-erhöhung der erdnahen Atmosphäre gilt aber als erwiesen. Sie resultiert aus der Erhöhung der Wärmekapazität der Erdatmosphäre infolge einer erhöhten CO2-Konzentration (von 280 ppm vorindustriell auf über 419 ppm 2023), und daran ist auch eine infolge Temperaturerhöhung vermehrte CH4-Emanation aus Permafrost-Böden (ca. 16 Prozent Anteil an Erwärmung) und der erhöhte H2O-Dampfgehalt der Luft beteiligt. Die anthropogene Erhöhung des CO2-Gehalts, eine Folge der Verarbeitung fossiler Brennstoffe, erweist sich als der entscheidende Beitrag und Auslöser der Erderwärmung. Maßnahmen zur Reduktion wurden zwar durch Umstellung auf erneuerbare Energien zur Wärmeerzeugung anstelle von Kohle-, Öl- oder Gasheizung sowie im mobilen Verkehr durch Umstellung auf Elektroantrieb eingeleitet, erweisen sich aber gegenüber den Erfordernissen als völlig unzureichend. Sie kommen aus Gründen der Aufrechterhaltung des aktuellen sozialen Gefüges in den bestehenden Gesellschaften nur langsam voran, wobei Beschäftigung und Kaufkraft, vor allem aber auch Profitinteressen in Betracht zu ziehen sind.
Eine Finanzrecherche im Online-Magazin Riff-Reporter vom Juli 2024 weist nach, dass trotz politischer Ziele und wissenschaftlicher Warnungen weiterhin riesige Investitionen in die fossile Branche fließen, allen voran von den USA mit 1100 Milliarden USD, aber auch von Kanada mit 254, Japan mit 168 und Großbritannien mit 152 Milliarden USD. Auch die Deutsche Bank gehört mit ihrer Tochter DWS zu den 30 größten fossilen Investoren weltweit. Die Gelder für Klimaschutzmaßnahmen wirken dagegen wie Tropfen auf dem heißen Stein. Die aufgrund des Klimawandels zunehmenden Extremwetterlagen stellen die größten ökonomischen Risiken der kommenden Jahre dar, und sie werden durch eben die Institutionen befeuert, die wegen eines schnellen Profits sorglos Kohle-, Öl- und Gasindustrien weiterhin finanzieren und sich daher im Grunde genommen verantwortungslos verhalten. Berechnungen nach verschiedenen Modellen zur Entwicklung des Klimas führen übereinstimmend zu dem Schluss, dass die Erhöhung der Temperatur der Erdatmosphäre auf unter 2 Grad begrenzt bleiben muss, da bei Überschreiten eine Umkehr kaum noch möglich erscheint. Ein solches Ziel ließe sich aber bis 2100 nur erreichen, wenn eine signifikante Erniedrigung des Ausstoßes von Treibhausgasen umgehend eingeleitet wird.
Nicht Verzögerung einer Umstellung auf erneuerbare Energien, indem fossile Brennstoffe verarbeitende Industrien gefördert werden, weil damit kurzfristig noch Profit zu machen ist, und nicht weltweite Aufrüstung und Vorbereitung auf einen großen Krieg mit Aufbau von Feindbildern lauten die Gebote der Stunde. Die Bedrohung aller durch die gegenwärtig gerade noch abwendbare Klimakatastrophe verlangt die Zurückstellung bisheriger auf gegenseitigen Vorteil orientierter politischer und wirtschaftlicher Ambitionen. Um die Bewohnbarkeit des Planeten zu erhalten, würde in erster Linie erforderlich sein, die hohen CO2-Emissionen, zu denen China, USA, Russland, Saudi-Arabien und Südafrika besonders beitragen, zu reduzieren, indem eine Umstellung von deren fossile Brennstoffe verarbeitenden Industrien auf erneuerbare Energien eingeleitet wird. Bei den dazu erforderlichen finanziellen Mitteln könnte man auf die bisher zur militärischen Aufrüstung vorgesehenen hohen Beträge zurückgreifen.
Man sollte erwarten, dass Menschen als vernunftbegabte Wesen fähig sind, sich angesichts der globalen Bedrohung zu einem solchen Schritt der gegenseitigen Verständigung zu entschließen, und mit der bei der Aufrüstung gezeigten Entschlusskraft könnte die Nato beispielgebend vorangehen und die USA damit die Führungsrolle womöglich sogar weltweit übernehmen.
Dies ist der letzte Text, eine Art Vermächtnis, unseres Autors Adalbert Feltz, der am 17. August, 92-jährig, verstorben ist. Wir trauern mit seinen Angehörigen und Freunden.