Das kaum mehr für möglich Gehaltene ist eingetreten. Aus der SPD sind friedliche Lebenszeichen zu vernehmen. Es gibt sie offenbar doch noch: Genossen, die das Erbe Willy Brandts hochhalten und der Kriegsrhetorik ihrer Parteikollegen in der Regierungskoalition widersprechen. Parteigrößen wie Ralf Stegner, Rolf Mützenich, Norbert Walter-Borjans, Klaus von Dohnanyi, Matthias Platzeck oder Reinhard Klimmt unterstützen öffentlich eine vom Erhard-Eppler-Kreis initiierte Friedenspetition, mit der sie (zum Teil) auf die Position des Ossietzky einschwenken. Sie und die inzwischen nahezu 16.000 Unterzeichner und Unterzeichnerinnen der Petition müssen nun damit leben, was wir schon seit geraumer Zeit aushalten: Sie werden als »linke Spinner«, als abgrundtief »naiv« und »weltfremd« beschimpft, weil sie auf fahrlässige Weise die (konkreten?) Gefahren ignorieren, die vor allem von Putins Russland, aber auch vom Iran und den Palästinensern ausgehen. Willkommen im Club!
Die größte Gefahr für unsere Demokratie (und für unser Leben!) geht derzeit in Wahrheit von demokratisch gewählten Politikerinnen und Politikern aus. Wir sollen »kriegstüchtig«, also sterbebereit werden. Um was zu schützen?
In der Petition heißt es u. a.: »Von einer Rückkehr zu einer stabilen Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa sind wir weit entfernt. Im Gegenteil: In Deutschland und in den meisten europäischen Staaten haben sich Kräfte durchgesetzt, die die Zukunft vor allem in einer militärischen Konfrontationsstrategie und hunderten von Milliarden Euro für Aufrüstung suchen. Frieden und Sicherheit sei nicht mehr mit Russland zu erreichen, sondern müsse gegen Russland erzwungen werden. Der Zwang zu immer mehr Rüstung und zur Vorbereitung auf einen angeblich drohenden Krieg wird beschworen, statt notwendige Verteidigungsfähigkeit mit einer Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik zu verknüpfen, um gemeinsame Sicherheit und gegenseitige Friedensfähigkeit zu erreichen. Wir sind davon überzeugt, dass das Konzept der gemeinsamen Sicherheit der einzige verantwortungsbewusste Weg ist, über alle ideologischen Unterschiede und Interessen-Gegensätze hinweg Krieg durch Konfrontation und Hochrüstung zu verhindern. Das Konzept der gemeinsamen Sicherheit lag auch dem zwischen US-Präsident Ronald Reagan und dem Generalsekretär der KPdSU Michail Gorbatschow 1987 vertraglich vereinbarten Verbot aller atomarer Mittelstreckenwaffen zugrunde, das wesentlich zum Ende des Kalten Kriegs in Europa und zur deutschen Einheit beigetragen hat. (…) Diese historische Entwicklung zeigt: Nicht einseitige Schuldzuweisungen, sondern eine differenzierte Analyse aller Beiträge zur Abkehr von den Prinzipien von Helsinki ist notwendig. Gerade deshalb dürfen wir jetzt nicht die Lehren aus der Geschichte vergessen. Eine Rückkehr zu einer Politik der reinen Abschreckung ohne Rüstungskontrolle und der Hochrüstung würde Europa nicht sicherer machen. Stattdessen müssen wir wieder an einer Friedenspolitik mit dem Ziel gemeinsamer Sicherheit arbeiten.«
Da können wir nur zustimmen – und hoffen auf eine große Beteiligung an dieser (überraschenden) Friedensinitiative. Die Petition kann eingesehen und unterzeichnet werden unter: https://www.openpetition.de/petition/online/unterstutzung-des-manifests-der-spd-friedenskreise.