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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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The Great Reset

Neh­men wir einen unge­schön­ten Blick auf die bun­des­re­pu­bli­ka­ni­sche Rea­li­tät: Die Bun­des­re­gie­rung und die Alt­par­tei­en haben abge­wirt­schaf­tet, ein Groß­teil der Bevöl­ke­rung fühlt sich von ihnen ver­ra­ten, wenn nicht gar bedroht; weit und breit ist kei­ne posi­ti­ve Per­spek­ti­ve erkenn­bar. Nie­der­schmet­ternd (für die Macht­eli­te) die Umfra­ge­er­geb­nis­se: Das Ver­trau­en in Par­tei­en und Pres­se ist dahin, die Zustim­mung zur real exi­stie­ren­den Demo­kra­tie sinkt; statt­des­sen steigt die Angst vor Krieg, Armut und Ver­ro­hung. Aber mit einer resi­gnier­ten, der heuch­le­ri­schen Poli­tik über­drüs­si­gen Bevöl­ke­rung lässt sich kei­ne Wahl, geschwei­ge denn ein Krieg gewinnen.

Ver­set­zen wir uns in die­ser desa­strö­sen Lage in die Köp­fe der Leu­te, die die­sen Zustand seit Jahr­zehn­ten her­bei­ge­führt und der­zeit zu ver­tre­ten haben. Sie wol­len ihre Macht erhal­ten, ohne den Bedürf­nis­sen der brei­ten Mehr­heit nach Frie­den und sozia­ler Sicher­heit ent­ge­gen­zu­kom­men. Sie ver­su­chen also, mit popu­li­sti­schen Paro­len und etwas Küchen­psy­cho­lo­gie zu gewin­nen, was ihre Poli­tik zer­stört: Ver­trau­en und Zuver­sicht. Vize­kanz­ler Lars Kling­beil befin­det: »Unser Haupt­geg­ner ist die Lau­ne« in der Gesell­schaft; Bun­des­kanz­ler Merz hält eine »Ruck-Rede«. Gera­de Merz, der Ex-Black­Rock-Stra­te­ge, der dann am ehr­lich­sten wirkt, wenn er die Drecks­ar­beit rühmt, die uns Isra­el abnimmt, mahnt zu Auf­bruch, zu Zuver­sicht und Tat­kraft! Er wirkt dabei, als woll­te er den Polit­sa­ti­ri­ker Max Uthoff (»Die Anstalt«) über­tref­fen, der so tref­fend »den Merz macht«. Sogar die kon­ser­va­ti­ve, staats­tra­gen­de Pres­se höhnt: »Der Kanz­ler ver­sucht sich bei Staats­akt an einer ›Ruck-Rede‹.«

Was also tun, um dem Ent­zug des Ver­trau­ens Ein­halt zu gebie­ten? Die täg­li­chen Schreckens­mel­dun­gen von Teue­rung, Woh­nungs­not, maro­dem Gesund­heits­sy­stem, wach­sen­der Arbeits­lo­sig­keit, den unum­gäng­li­chen Spar­or­gi­en der Kom­mu­nen (Schwimm­bä­der, Kul­tur, Jugend­ar­beit) und die Hun­der­te Mil­li­ar­den für Auf­rü­stung (Schul­den für kom­men­de Gene­ra­tio­nen!) – ja, sie ver­der­ben die Lau­ne. Will und kann man die Grund­la­gen der Poli­tik nicht ändern – dann wür­de man ja die Unter­stüt­zung der wirt­schaft­lich Mäch­ti­gen und Super­rei­chen ver­lie­ren –, bleibt nur, den Sinn der Kom­mu­ni­ka­ti­on (Ver­stän­di­gung) zu per­ver­tie­ren und die Bedeu­tung der Spra­che mit Hil­fe der staats­tra­gen­den Medi­en zu verkehren.

Wür­de die Bun­des­re­gie­rung ein Gre­mi­um aus Ver­tre­tern der Alt­par­tei­en, der Geheim­dien­ste, der Groß­kon­zer­ne und des Mili­tärs beauf­tra­gen, ein Stra­te­gie­pa­pier zu erar­bei­ten, wie man die Bevöl­ke­rung zur Akzep­tanz einer Poli­tik bringt, die ihren Inter­es­sen dia­me­tral ent­ge­gen­läuft, könn­te das Ergeb­nis etwa so aussehen:

 

»I. Zur Lage

Seit Mona­ten beob­ach­ten wir eine hoch­bri­san­te hybri­de Bedro­hung unse­res Systems. Die Maß­nah­men zur umfas­sen­den Kriegs­er­tüch­ti­gung wer­den allen­falls pas­siv erdul­det. Plä­ne für eine umfas­sen­de Reform unse­rer Wirt­schaft zugun­sten höhe­rer Erträ­ge und Gewin­ne wer­den von brei­ten Schich­ten als unge­recht bezeich­net und – wie die Geheim­dien­ste berich­ten – als Ergeb­nis der angeb­lich bestehen­den Klas­sen­ge­sell­schaft denun­ziert. Die Bemü­hun­gen der Pres­se und der öffent­lich-recht­li­chen Sen­der um Bil­dung einer for­mier­ten Gesell­schaft schei­tern, da die Medi­en jede Glaub­wür­dig­keit ver­lo­ren haben.

Bis­lang konn­te ein Mas­sen­auf­ruhr dank zuver­läs­sig staats­treu­er Bericht­erstat­tung der Medi­en und durch rasches Reagie­ren der Sicher­heits­kräf­te ver­mie­den wer­den. Je mehr wir aber gezwun­gen sind, repres­si­ve Maß­nah­men zu ergrei­fen, desto mehr rich­tet sich unser Nar­ra­tiv vom ›Kampf der libe­ra­len Demo­kra­tien gegen auto­ri­tä­re Regime‹ gegen uns selbst. Um die Aus­ru­fung des Span­nungs­falls oder eines natio­na­len Not­stan­des zumin­dest hin­aus­zu­schie­ben, hal­ten wir eine Moder­ni­sie­rung unse­res Staats­we­sens im Sin­ne einer Anpas­sung an bestehen­de Rea­li­tä­ten für unab­ding­bar. Da sich die system­sta­bi­li­sie­ren­den Par­tei­en im Bun­des­tag auf eine gro­ße Mehr­heit stüt­zen kön­nen, dürf­te ein Gre­at Reset des Grund­ge­set­zes unse­ren Zie­len eine nach­ho­len­de Legi­ti­mi­tät verschaffen.

  1. Erfor­der­li­che Änderungen
  2. Die Wür­de des Men­schen genie­ßen alle Deut­schen, die zum Wirt­schafts­wachs­tum aktiv bei­tra­gen und von den Sicher­heits­dien­sten nicht als Fein­de der frei­heit­lich-demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung erkannt werden.
  3. Zur Erhal­tung der Demo­kra­tie sind Grund­rech­te zu beschrän­ken, ins­be­son­de­re das Grund­recht der frei­en Infor­ma­ti­on und Mei­nungs­äu­ße­rung, der frei­en Ent­fal­tung der Per­sön­lich­keit, der Gleich­heit vor dem Gesetz und der Ver­samm­lungs­frei­heit, fer­ner das Brief­ge­heim­nis. Das Asyl­recht ist bereits fak­tisch abgeschafft.
  4. Das Frie­dens­ge­bot des Art. 26 GG ist ersatz­los zu strei­chen, da ohne­hin schon lang außer Kraft. Um den Frie­den zu erhal­ten, muss der Krieg mit allen erfor­der­li­chen Mit­teln vor­be­rei­tet wer­den. Wider­spruch ist unter Stra­fe zu stellen.
  5. Der Art. 20 GG (Sozia­ler Rechts­staat) fin­det sei­ne natür­li­chen Gren­zen in den selbst­re­gu­lie­ren­den Geset­zen einer frei­en Markt­wirt­schaft. Nähe­res regeln die Wirt­schafts­wei­sen. Die Begrif­fe Klas­se und Daseins­vor­sor­ge wer­den als Volks­ver­het­zung poli­zei­lich und juri­stisch verfolgt.
  6. UN-Char­ta, Völ­ker­recht und Men­schen­rech­te wer­den durch regel­ba­sier­te Ord­nung und Staats­rä­son ersetzt. Begeht ein enger Ver­bün­de­ter Kriegs­ver­bre­chen, Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit, Völ­ker­mord oder führt er einen Ver­nich­tungs­krieg, müs­sen Kri­tik und Wider­stand mit Hil­fe der Medi­en und kon­se­quen­ter Repres­si­on unter­drückt wer­den. Empa­thie ist zu unter­bin­den. Dem Gene­ral­bun­des­an­walt wird unter­sagt, wegen sol­cher Ver­bre­chen zu ermitteln.
  7. Die gewähl­te Regie­rung ist nicht dem Wil­len und Woh­le der Bevöl­ke­rungs­mehr­heit ver­pflich­tet, son­dern den Inter­es­sen der frei­en Wirt­schaft und ihrer Pro­fi­teu­re, par­don: »Lei­stungs­trä­ger«.
  8. Die freie Pres­se hat die Bemü­hun­gen der gewähl­ten Bun­des­re­gie­rung nach Kräf­ten zu unterstützen.
  9. Die Wah­rung einer so defi­nier­ten natio­na­len Sicher­heit obliegt den Geheim­dien­sten, die eng mit der Poli­zei und den Streit­kräf­ten auf der Basis umfang­rei­cher Kom­pe­ten­zen zusammenarbeiten.

Wir sind uns des­sen bewusst, dass die­se Plä­ne bei den übli­chen Ver­däch­ti­gen Kri­tik und Wider­stand aus­lö­sen wer­den. Auf­grund bis­he­ri­ger Erfah­run­gen mit Schul­den­brem­se, Son­der­ver­mö­gen für die Bun­des­wehr, Asyl­recht, Ver­samm­lungs­frei­heit etc. dürf­ten grö­ße­re Wider­stän­de durch klu­ge rasche Repres­si­on aber beherrsch­bar blei­ben. Umso mehr, als die­se Vor­schlä­ge ohne­hin nur die bestehen­de Rea­li­tät nachvollziehen.

Die Erfül­lung der Auf­ga­be einer frei­en Pres­se bemisst sich an ihrem Bei­trag zur von der Regie­rung zu defi­nie­ren­den Natio­na­len Sicher­heit. Dafür hat die Nato die Rich­tung vor­ge­ge­ben, vgl. etwa, Ex-Nato-Spre­cher Jamie Shea bei einem Vor­trag vor Ver­tre­tern aus Wirt­schaft und Ver­wal­tung: ›Sel­ling a Con­flict – the Ulti­ma­te PR Chall­enge‹. Man müs­se ›erklä­ren, wer der good guy und wer der bad guy‹ sei. Und: ›If you don’t have a sto­ry, make a sto­ry.‹. Gene­rell gilt es, von unse­ren eng­sten Ver­bün­de­ten in den USA und in Isra­el zu ler­nen: Wir respek­tie­ren Grund­rech­te und han­deln nach Gesetz, wo es im Sin­ne unse­rer Inter­es­sen mög­lich ist; wo nicht, ist unser Han­deln Gesetz. Eine not­wen­di­ge Kriegs­men­ta­li­tät wird nicht durch skla­vi­sche För­de­rung von Gesetz, Wahr­heit und Gerech­tig­keit erzeugt, son­dern durch geschick­te Kon­fu­si­on, see­li­sche Desta­bi­li­sie­rung und, falls erfor­der­lich, Repres­si­on und Gewalt. Wir erschaf­fen eine neue Realität.«

 

Ach­tung: Das ist Fik­ti­on! – Oder? »The Gre­at Reset« muss nach dem Wil­len des Welt­wirt­schafts­fo­rums die Welt­wirt­schaft und die Welt­ge­sell­schaft umbau­en. Laut der Schwei­zer Han­dels­zei­tung soll bis 2030 eine neue Welt geschaf­fen wer­den, »in der die Eli­ten eine streng über­wach­te Bevöl­ke­rung behü­ten wie Hir­ten ihre Scha­fe«. Die Rea­li­tät bedarf kei­ner bös­ar­ti­gen Sati­re. Die Bun­des­re­gie­rung setzt nicht den Wil­len des Vol­kes um, son­dern sorgt für Zustim­mung oder zumin­dest Dul­dung der Poli­tik im Inter­es­se der Macht­eli­te. Kommt die Ana­ly­se der gesell­schaft­li­chen Rea­li­tät zu dem Ergeb­nis, es herr­sche eine »Klas­sen­ge­sell­schaft«, wird dies vom Ver­fas­sungs­schutz ver­folgt, unbe­se­hen des Wahrheitsgehaltes.

Merz sagt: »Wir leben seit Jah­ren über unse­re Ver­hält­nis­se.« Nein, Herr Merz. Die­ses System und sei­ne Poli­ti­ker leben über unse­re Verhältnisse.