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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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AirDefender2023

Aus­ge­rech­net in Hiro­shi­ma, dem Ort, auf den die USA am 6. August 1945 die erste Atom­bom­be auf Men­schen abwarf, setz­te der Westen auf dem G7-Gip­fel (19. bis 21. Mai) auf wei­te­re Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne. Neben Kampf­pan­zern sol­len jetzt auch moder­ne Kampf­jets an Kiew gelie­fert wer­den. Die Ukrai­ne müs­se so lan­ge wie nötig die not­wen­di­ge mili­tä­ri­sche und finan­zi­el­le Unter­stüt­zung erhal­ten, for­der­te EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursu­la von der Leyen.

Auch der EU-Außen­be­auf­trag­te Josep Bor­rell nann­te es »ein gutes Zei­chen«, dass der Gip­fel in Japan den Weg dafür berei­tet habe, »die Ukrai­ne mit den nöti­gen Jets aus­zu­stat­ten«, wie er am 22. Mai vor dem EU-Außen­mi­ni­ster­tref­fen in Brüs­sel sag­te. »Ich hof­fe, dass wir der Ukrai­ne bald sol­che Waf­fen zur Ver­fü­gung stel­len kön­nen«, sag­te Bor­rell. Die Bereit­schaft der USA zur Aus­bil­dung ukrai­ni­scher Pilo­ten soll auch für F-16-Flug­zeu­ge aus US-Pro­duk­ti­on gelten.

Die poli­ti­sche Lage ist hoch gefähr­lich, mit einer gro­ßen Eska­la­ti­ons­ge­fahr. Die F-16 ist ein hei­ßes Export­gut der U.S. Air Force. Was pas­siert, wenn die Rus­sen sie mit ihren High­tech-Waf­fen vom Him­mel holen?

Einen Vor­ge­schmack auf die Zunah­me mili­tä­ri­schen Flug­ver­kehrs lie­fert das – seit 2018, also lan­ge vor dem 24. Febru­ar 2022 geplan­te – rie­si­ge Nato-Luft­ma­nö­ver »Air Defen­der 2023«. Elf Tage lang wer­den vom 12. bis 23. Juni über 200 Mili­tär­ma­schi­nen in drei Luft­räu­men über Deutsch­land Übun­gen abhal­ten. Ins­ge­samt sind rund 250 soge­nann­te »Sor­ties«, mili­tä­ri­sche Flug­be­we­gun­gen, pro Tag geplant. Flug­lärm und CO2-Aus­stoß sind vorprogrammiert.

Die größ­te Luft-Übung seit Bestehen der Nato ist nicht nur ein Kli­ma­kil­ler. Sie ist vor allen Din­gen auch ein wei­te­rer Teil der Eska­la­ti­ons­spi­ra­le im Ukrainekrieg.

Mit wel­chem Ziel sol­len immer wei­te­re Waf­fen in den blu­ti­gen Kon­flikt gepumpt wer­den? Der Rück­erobe­rung aller Gebie­te, ein­schließ­lich der Krim? Wie lan­ge soll das Leid und das Ster­ben in der Ukrai­ne noch dau­ern? Wel­che Eska­la­ti­on will der Westen ris­kie­ren und wel­che hor­ren­den Kosten kom­men da auf uns zu?

»Soll­te es tat­säch­lich zur Lie­fe­rung die­ser Maschi­nen an die Ukrai­ne kom­men, dürf­ten bei der Fra­ge der Bewaff­nung der Jets schnell auch jene Län­der ins Spiel kom­men, die die F-16 nicht flie­gen«, ora­kelt die Süd­deut­sche Zei­tung am 22. Mai: »Denn mit den Rake­ten, die gebraucht wer­den, wer­den bei­spiels­wei­se auch Euro­figh­ter oder Tor­na­dos bewaff­net.« »Alles, was die F-16 an Waf­fen tra­gen kann, haben auch ande­re Natio­nen in ihren Depots«, heißt es in Bun­des­wehr­krei­sen. Ob man bei der Kampf­jet-Koali­ti­on dabei sei, hän­ge nicht an der Fra­ge, ob man über F-16-Jets verfüge.

So äußer­te sich auch die Vor­sit­zen­de des »Verteidigungs«ausschusses im Bun­des­tag, Strack-Zim­mer­mann: Dass die Bun­des­re­pu­blik über die­ses Flug­zeug vom Typ F-16 nicht ver­fü­ge, hei­ße nicht, dass man die »Kampf­jet-Koali­ti­on« nicht unter­stüt­zen kön­ne. Als mög­li­che Bei­spie­le nann­te die FDP-Poli­ti­ke­rin die Bereit­stel­lung von Flug­plät­zen oder Hil­fen bei der Grund­la­gen­aus­bil­dung. Der CDU-»Verteidigungs«politiker Kie­se­wet­ter mein­te, Deutsch­land könn­te sich mit Bewaff­nung, Muni­ti­on und Radar­sen­so­ren betei­li­gen und für Luft­be­tan­kung sorgen.

Das bis­lang größ­te Rüstungs­pa­ket für die Ukrai­ne sei­tens der Bun­des­re­gie­rung will die Ukrai­ne mit einem umfang­rei­chen Rüstungs­pa­ket im Wert von mehr als 2,7 Mil­li­ar­den Euro unterstützen.

Wäh­rend für die Kin­der­grund­si­che­rung kein Geld da sein soll und ein Vier­tel der Viert­kläss­ler nicht rich­tig rech­nen, lesen und schrei­ben kann, ver­dop­pelt und ver­drei­facht die Bun­des­re­gie­rung bin­nen kür­ze­ster Zeit die Aus­ga­ben für die Waf­fen­lie­fe­run­gen in die Ukrai­ne: 2,7 Mrd. € für Waf­fen­lie­fe­run­gen in einen Abnut­zungs­krieg, der Tod, Leid und Ver­wü­stung ver­grö­ßern wird.

Das sinn­lo­se Ster­ben soll wei­ter­ge­hen. Auch dafür trägt die Bun­des­re­gie­rung Mit­ver­ant­wor­tung. »Deut­sche Waf­fen, deut­sches Geld, mor­den mit in aller Welt«, die­se Losung der Frie­dens­be­we­gung bleibt aktuell.

»Verteidigungs«minister Pisto­ri­us sag­te laut Tages­schau, dass ein Ende des Krie­ges noch nicht abzu­se­hen sei. »Von daher wird Deutsch­land jede Hil­fe lei­sten, die es lei­sten kann – as long as it takes«, so der SPD-Poli­ti­ker. Eine Vor­la­ge für Scharf­ma­cher wie den stell­ver­tre­ten­den CDU/C­SU-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Johann Wade­phul, der dafür plä­dier­te, den Ein­satz deut­scher Waf­fen auch gegen Zie­le auf rus­si­schem Ter­ri­to­ri­um zu erlau­ben. »Weder völ­ker­recht­lich noch poli­tisch gibt es eine Begrün­dung dafür, war­um die Ukrai­ne nicht auch Zie­le in Russ­land angrei­fen darf«, sag­te der Außen­po­li­ti­ker dem Ber­li­ner Tages­spie­gel.

Die­ser Eska­la­ti­ons­dy­na­mik muss die Frie­dens­be­we­gung wei­ter ent­schie­den ent­ge­gen­tre­ten. Bereits zum dies­jäh­ri­gen Oster­marsch hat­te das Bre­mer Frie­dens­fo­rum statt einer Zei­ten­wen­de in Rich­tung Hoch­rü­stung von der Bun­des­re­gie­rung den »Ein­satz für einen sofor­ti­gen Waf­fen­still­stand in der Ukrai­ne« gefor­dert, um Frie­dens­ver­hand­lun­gen zu ermög­li­chen. Die For­de­rung »Kei­ne Waf­fen­lie­fe­run­gen an krieg­füh­ren­de Staa­ten« bleibt aktu­el­ler denn je.

Statt die Ukrai­ne mit fal­schen Ver­spre­chun­gen und immer schwe­re­ren Waf­fen zu moti­vie­ren, noch mehr Sol­da­ten in den Tod zu schicken, soll­te die Bun­des­re­gie­rung die jüng­sten Ver­hand­lungs­in­itia­ti­ven zum Bei­spiel aus Süd­afri­ka und der Afri­ka­ni­schen Uni­on unter­stüt­zen und für ihren Erfolg sorgen.

Die Frie­dens­be­we­gung muss eine War­ne­rin und Mah­ne­rin blei­ben. Dar­auf kommt es jetzt an: Alles zu tun, um einen Waf­fen­still­stand und Ver­hand­lun­gen im Ukrai­ne-Krieg zu errei­chen. Das sinn­lo­se Blut­ver­gie­ßen muss end­lich auf­hö­ren! Vor­aus­set­zung dafür wäre aller­dings, dass man den Frie­den gewin­nen will.

Zen­tra­le For­de­run­gen der Frie­dens­be­we­gung wie »Abrü­sten statt auf­rü­sten«, Ver­bot aller Atom­waf­fen, Been­di­gung der Rüstungs­expor­te und eine neue Ent­span­nungs­po­li­tik, blei­ben aktu­ell. Dazu sind wei­te­re Aktio­nen und Pro­te­ste abso­lut notwendig.

Dass die Arbeit der Frie­dens­be­we­gung Früch­te trägt, zei­gen die neue­sten Umfra­gen. Etwa 55 Pro­zent der deut­schen Bevöl­ke­rung befür­wor­ten laut Ber­li­ner Zei­tung in einer Umfra­ge, dass die Ukrai­ne mit Russ­land um eine Frie­dens­lö­sung ver­han­delt, damit der Krieg been­det wird. Das lässt hoffen.

 Hin­weis: Sams­tag, 10. Juni, 11.55 Uhr, Haupt­tor Flie­ger­horst Wuns­torf, Demon­stra­ti­on 5 vor 12 gegen Nato-Manö­ver Air Defen­der 23, Ansprech­part­ner Ger­hard Bie­der­beck (Frie­dens­in­itia­ti­ve Neustadt/​Wunstorf), info@bremerfriedensforum.de, https://www.friedenskooperative.de/termine/demo-gegen-nato-manoever-air-defender-23.