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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Der »Kruso«-Sound

Alles ist anders, steht Kopf, ist mög­lich. Die Eltern, die jahr­zehn­te­lang brav und ein biss­chen spie­ßig in Gera leb­ten, bre­chen sofort nach dem Mau­er­fall auf in eine unbe­kann­te Welt, in der sie sich durch­bei­ßen. Carl, der Sohn, lan­det in Ber­lin in einem »Rudel« anar­chi­sti­scher Haus­be­set­zer. Sie träu­men und orga­ni­sie­ren. Sie haben ihre eige­nen Geset­ze und Wer­te. Carl kann mau­ern und kell­nert in einer Unter­grund­knei­pe, aber wich­ti­ger für ihn: Er dich­tet, mit hohen Ansprü­chen und Pha­sen von Min­der­wer­tig­keits­ge­füh­len. Dann taucht Effi auf, und die Lie­be scheint per­fekt. Nicht lan­ge. Auch im »Rudel« kri­selt es.

Ich konn­te das Buch nicht weg­le­gen. Vom ersten Roman Sei­lers kennt man den »Kruso«-Sound: Sprach­mäch­tig, geheim­nis­voll, detail­ver­liebt, vol­ler Span­nung und Rät­sel. Ein Lyri­ker, der dicke Roma­ne schreibt. Das ist kei­ner der übli­chen Nach­wen­de­ro­ma­ne, son­dern ein Hohe­lied auf Frei­heit, Unab­hän­gig­keit, Krea­ti­vi­tät. Auch Soli­da­ri­tät und der (illu­sio­nä­re) Wunsch nach Wan­del spie­len eine Rol­le. Selbst die Eltern keh­ren viel­leicht zurück und Zie­ge Dodo kommt in den Tierpark.

Lutz Sei­ler: »Stern 111«, Suhr­kamp, 391 Sei­ten, 24 €