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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Prima Klima

Neu­lich vor dem Reichs­tag. Die Ver­tre­ter aller im Reichs­tag ver­tre­te­nen Par­tei­en irren, beleuch­tet nur durch eine ein­zi­ge Spar­lam­pe (natür­lich mit umwelt­freund­li­chem Strom betrie­ben) vor dem Gebäu­de her­um und suchen in gebeug­ter Hal­tung nach etwas. Ich ver­mu­te, dass es sich um jene »gött­li­chen Ein­ge­bun­gen« han­delt, die schon der Alo­is Hin­gerl, Dienst­mann Nr. 172, der baye­ri­schen Regie­rung über­brin­gen soll­te. Denn weil Pro­ble­me des groß­flä­chi­gen Umstiegs auf erneu­er­ba­re Ener­gien ent­ste­hen, bräuch­te es eigent­lich einen gesamt­heit­li­chen Plan für Deutsch­land, um die Kli­ma­zie­le zu erreichen.

Auf die Fra­ge wo denn die Poli­tik die »gött­li­chen Ein­ge­bun­gen« zur Umwelt­ret­tung ver­lo­ren hät­te, kam die Ant­wort: »Da hin­ten, wo es fin­ster ist.« Besorg­te Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, die dann frag­ten, »war­um sucht ihr denn nicht dort?«, beka­men die Ant­wort: »Da sieht man ja nichts.«

Weil die Gesamt­po­li­tik schon lan­ge ver­lernt hat, wie man Pro­ble­me löst, gibt es zur­zeit ein »Gebäu­de­en­er­gie­ge­setz­cha­os«. Der dazu gemach­te Lösungs­an­satz trägt den Namen »Wär­me­pum­pe« und ist zum Teil mit kost­spie­lig­sten Gebäu­de­sa­nie­rungs­ko­sten ver­bun­den, die für einen Groß­teil der Bevöl­ke­rung kaum zu finan­zie­ren sind.

Bei einem Rei­hen­haus in dei­ner Innen­stadt stellt sich zum Bei­spiel die Fra­ge: Wo baue ich die Pum­pe hin. Selbst wenn eine Luft-Was­ser-Wär­me­pum­pe in den Kel­ler passt, muss drau­ßen noch die Wär­me­quel­le instal­liert wer­den, die aus­se­hen kann wie so eine Art Ven­ti­la­tor-Kasten. In 30 Pro­zent der Gebäu­de ist eine Wär­me­pum­pe wegen Abstands­flä­chen zum Nach­barn oder wegen des Schall­schut­zes aber nicht möglich.

Auf die­ser nich­tun­se­rer Welt, die einer schwei­gen­den Mehr­heit Denk- und Kri­tik­ver­mö­gen schon längst erfolg­reich abge­wöhnt hat, stellt sich her­aus, dass der elek­tri­sche Strom wo auch immer er erzeugt wird, die ein­zi­ge Ener­gie­quel­le ist, die, abge­se­hen von den in Deutsch­land ver­nach­läs­sig­ten Mög­lich­kei­ten der Bio­gaser­zeu­gung, umwelt­freund­lich her­ge­stellt wer­den könn­te. Wenn wirk­sa­mer Kli­ma­schutz erreicht wer­den soll, braucht es für Mil­lio­nen E-PKW-Besit­ze­rin­nen und -Besit­zer, alle Indu­strie­an­la­gen und Woh­nun­gen des Lan­des umwelt­freund­li­chen elek­tri­schen Strom.

Ich ken­ne noch immer kei­ne Berech­nung und Pro­gno­se, wie die­ser Strom­be­darf erzeugt wer­den kann, viel­mehr hofft man auch hier auf »gött­li­che Eingebungen«

Was wur­de nicht alles ver­säumt. Mit der kom­mer­zi­el­len Nut­zung der elek­tri­schen Ener­gie wur­de im Jah­re 1882 begon­nen. Im Jah­re 1887/​88 bau­te Charles Fran­cis Brush ein Wind­rad und ver­sorg­te sein Haus mit elek­tri­scher Ener­gie über einen Bat­te­rie­spei­cher. Im Jah­re 1883 bau­te der Erfin­der Charles Fritts (New York) die erste Solarzelle.

Die damals herr­schen­de Gesell­schafts­ord­nung über die­se nicht­mei­ne Welt war aber eher an Koh­le, Gas und Erd­öl inter­es­siert – ob in Bay­ern und ande­ren Land­stri­chen, etwa in Öster­reichs Salz­burg, Tirol und Vor­arl­berg fin­det man kaum Wind­rä­der, dafür aber reich­lich Schnee­ka­no­nen und Seil­bah­nen und Lif­te; die, Wind­rä­der, so der öster­rei­chi­schen Natur­schutz­bund, ver­schan­deln die Landschaft.

Geschwin­dig­keits­be­schrän­kungs­frei rast die an unheil­ba­rer Auto­mo­bil­sucht erkrank­te deut­sche Gesell­schaft, dank einer lang­an­hal­ten­den Ver­dumm­bil­dungs­po­li­tik in den Abgrund.

Die Welt steu­ert heu­er laut den Vor­her­sa­gen von Kli­ma­for­schern auf das hei­ße­ste Jahr der Mess­ge­schich­te zu. Die fos­si­len Mil­li­ar­den­kon­zer­ne schrei­ben indes Rekord­ge­win­ne. Die CO2-Wer­te haben sich immer wei­ter und schnel­ler nach oben geschraubt. Sie lie­gen heu­te höher als in den letz­ten zwei Mil­lio­nen Jah­ren. Das ist nicht der ein­zi­ge Rekord, den die For­scher fest­hal­ten. Der Mee­res­spie­gel steigt rascher als in den letz­ten 3000 Jah­ren. Die Glet­scher schmel­zen stär­ker ab als in den letz­ten 2000 Jah­ren. Das ark­ti­sche Meer­eis ist auf eine Flä­che zusam­men­ge­schrumpft, die so klein ist wie seit 1000 Jah­ren nicht.

Es ist schwie­rig, dafür Erklä­run­gen zu fin­den. Exper­ten ver­su­chen, das kul­tu­rell ein­zu­ord­nen, dass die Gesell­schaft (nich­tun­se­re!) schon immer ein Vasall des Kapi­tals war, das Volk die immer wei­ter vor­an­schrei­ten­de Demo­kra­tie­ver­knap­pung dank Medi­en­quiz und an Lan­ze­ri­tis lei­den­den TALK­shows nicht mehr bemerkt und somit hin­nimmt und dem Gott Polit­ba­ro­me­ter die Fern­seh­ge­büh­ren nicht neidet.

(Die­ter Braeg ist seit Mona­ten finan­zi­el­ler Unter­stüt­zer einer kri­mi­nel­len Vereinigung)