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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Rückblick: Schlechter geht’s

Ein gro­ßer wei­ßer Bal­lon über US-ame­ri­ka­ni­schem und kana­di­schem Ter­ri­to­ri­um, mit blo­ßem Auge erkenn­bar, soll für Chi­na spio­niert haben. Und wird dann auf dem Meer von den Ame­ri­ka­nern abge­schos­sen. Wenn das nicht den Vogel abschießt! Beson­ders zum Schie­ßen ist, dass Außen­mi­ni­ster Ant­o­ny Blin­ken wegen die­ses Bal­lons eine Rei­se nach Chi­na absagt, die den Chi­ne­sen gar nicht ange­kün­digt war. Aber egal, wie unsin­nig das ist, die Medi­en berich­ten brav, was die US-Regie­rung sagt und spe­ku­lie­ren flei­ßig über Spio­na­ge-Bal­lons und Intri­gen in chi­ne­si­schen Mini­ste­ri­en, weil es halt so hübsch ins Bild passt.

Nena muss­te damals noch 99 Luft­bal­lons flie­gen las­sen, heu­te reicht schon einer, um die Rake­ten schuss­be­reit zu machen. Auch am dar­auf­fol­gen­den Frei­tag und Sonn­abend hat das US-Mili­tär »unbe­kann­te Flug­ob­jek­te« abge­schos­sen: eines über dem Bun­des­staat Alas­ka, das ande­re gemein­sam mit den kana­di­schen Streit­kräf­ten über dem kana­di­schen Yukon-Ter­ri­to­ri­um. Zu der Her­kunft gab es jeweils kei­ne Angaben.

Nach Anga­ben von Melis­sa Dal­ton, Staats­se­kre­tä­rin im US-Ver­tei­di­gungs­mi­ni­ste­ri­um, sei seit dem Abschuss des ersten Bal­lons der US-Luft­raum in der frag­li­chen Höhe genau­er über­prüft wor­den. Das kön­ne »zumin­dest teil­wei­se die Zunah­me an Objek­ten erklä­ren, die wir in der ver­gan­ge­nen Woche ent­deckt haben« (jW, 13.02.23). Aha, es wird jetzt genau­er hingeguckt.

Ange­streng­tes Weg­gucken dage­gen beim Spren­gen der Pipe­lines North Stream I und II und dann noch mal bei der Ver­öf­fent­li­chung von Sey­mour Hersh, der einen Whist­le­b­lower aus ein­schlä­gi­gen Krei­sen erzäh­len ließ, wie der Anschlag in den USA geplant und mit Hil­fe von Nor­we­gen durch­ge­führt wur­de. Natür­lich ist das völ­lig unglaub­wür­dig, Mr. Hersh ist nicht mehr der her­vor­ra­gen­de Jour­na­list, son­dern ein Ver­schwö­rungs­schwurb­ler, wäh­rend die wich­tig­ste Mel­dung des Tages lau­tet, dass Putin ver­ant­wort­lich gewe­sen sein soll für den Abschuss der MH 17 vor acht Jahren.

Da darf dann auch der Bauch mit­re­den, wenn er nur dem rich­ti­gen gehört. »Mein Bauch sagt mir, dass wir 2025 im Krieg mit Chi­na sein wer­den« spe­ku­liert US-Air-Force-Gene­ral Micha­el Mini­han in der Time (zitiert nach UZ, 17.02.23)

Die RAND Cor­po­ra­ti­on dage­gen redet nicht über Bauch­ge­füh­le, son­dern über ratio­na­le Über­le­gun­gen: »Sin­ce avo­i­ding a long war is the hig­hest prio­ri­ty after mini­mi­zing escala­ti­on risks, the United Sta­tes should take steps that make an end to the con­flict over the medi­um term more likely« (https://www.rand.org/pubs/perspectives/PEA2510-1.html). Viel­leicht ist ja Prä­si­dent Biden des­we­gen in die Ukrai­ne gereist – in enger Abstim­mung mit der rus­si­schen Regie­rung –, um kei­ne Kon­flik­te heraufzubeschwören.

Es wird also doch noch gere­det mit dem Feind. Aber: »Die Aus­sich­ten auf Frie­den ver­schlech­tern sich wei­ter. Die Wahr­schein­lich­keit wei­te­rer Eska­la­ti­on und Blut­ver­gie­ßens neh­men wei­ter zu. Ich fürch­te, die Welt schlaf­wan­delt nicht in einen grö­ße­ren Krieg, sie bewegt sich mit weit geöff­ne­ten Augen in ihn hin­ein.« Dies sind die Wor­te von Anto­nio Guter­res, dem Gene­ral­se­kre­tär der Ver­ein­ten Natio­nen, mit denen er vor einer Aus­wei­tung des Krie­ges um die Ukrai­ne warn­te. Vor der UN-Gene­ral­ver­samm­lung am 06.02.23 zeig­te sich Guter­res, viel­leicht zum ersten Mal so deut­lich, ernst­haft besorgt. Die Welt sei »seit Jahr­zehn­ten dem höch­sten Risi­ko eines Atom­kriegs aus­ge­setzt«, beton­te der UN-Chef.

Um das zu ver­hin­dern, tun sich jetzt auch bis­her Unver­ein­ba­re zusam­men: Ali­ce Schwar­zer und Sarah Wagen­knecht fast Arm in Arm in einem Video, das zur Unter­zeich­nung des »Mani­fests für Frie­den« auf­ruft und zu einer Demon­stra­ti­on am 25.02. in Ber­lin. Hat die­ser Krieg also doch sein Gutes? Die bei­den geben sich offen­sicht­lich alle Mühe, gegen­sei­ti­ges Ein­ver­ständ­nis zu zei­gen, obwohl sich alles in ihnen dage­gen sträubt (das ent­neh­me ich jeden­falls ihrer Kör­per­spra­che). Dabei sind sie offen­bar vor allem ein­ver­stan­den mit dem Nato-Nar­ra­tiv vom »unpro­vo­zier­ten« Angriff Russ­lands auf die unschul­di­ge Ukrai­ne, das kei­ne Vor­ge­schich­te von Tau­sen­den Toten, Bom­bar­die­run­gen und gebro­che­nen Ver­trä­gen kennt, mit denen die ukrai­ni­sche Regie­rung ihre »eige­nen Lands­leu­te« im Don­bass seit 8 Jah­ren über­zieht. Auch bei ihnen hat »Brain­wa­shing­ton« (Mat­thi­as Broecker) gan­ze Arbeit geleistet.

Jemand wie Anna­le­na Baer­bock braucht dage­gen kei­ne Gehirn­wä­sche, denn da gibt es nichts mehr zu waschen. Auf einer Podi­ums-Dis­kus­si­on im Rah­men der von der deut­schen Rüstungs­in­du­strie gespon­sor­ten Ver­an­stal­tung »Mün­che­ner Sicher­heits­kon­fe­renz« erklär­te die deut­sche Außen­mi­ni­ste­rin, Russ­lands Prä­si­dent Wla­di­mir Putin müs­se sich »um 360 Grad dre­hen«, sonst bestün­de kei­ne Mög­lich­keit, die Sicher­heit der Ukrai­ne lang­fri­stig zu gewähr­lei­sten (bei You­Tube BR24 live zu ver­fol­gen). Man könn­te auch sagen: Solan­ge man Frau Baer­bock nicht wenig­stens basa­le natur­wis­sen­schaft­li­che Grund­kennt­nis­se ver­ab­reicht, ist die Sicher­heit Deutsch­lands nicht zu gewähr­lei­sten. Jeden­falls meint das Maria Sacha­rowa, die für ihre schar­fen Repli­ken bekann­te Spre­che­rin des rus­si­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums. Und ich kann mich ihr nur anschlie­ßen. Nach den »hun­dert­tau­sen­den Kilo­me­ter ent­fern­ten Län­dern«, dem »Kobold«-Kobalt und der Aus­sa­ge, dass zwei Drit­tel mehr sind als 75 Pro­zent, müss­te sich der Bil­dungs­grad der Außen­mi­ni­ste­rin min­de­stens um 750 Pro­zent erhö­hen, um auf inter­na­tio­na­lem Par­kett kei­ne Lach­num­mer mehr zu sein. Die deut­schen Zuschau­er und Medi­en mer­ken natür­lich nix, denn ihr Bil­dungs­grad ent­spricht ja höch­stens zwei Drit­tel des­je­ni­gen ihrer Außen­mi­ni­ste­rin, wäh­rend alle ver­stor­be­nen deut­schen Außen­mi­ni­ster um 360 Grad im Gra­be rotie­ren. Was Frau Baer­bock reprä­sen­tiert, ist die Bil­dungs­ka­ta­stro­phe unse­res Landes.

Die zeigt sich mal wie­der beim Wahl­er­geb­nis der »Wie­der­ho­lungs­wahl« in Ber­lin. Aus­ge­rech­net die CDU gewinnt. Weil ihr Spit­zen­kan­di­dat noch nix falsch machen konn­te, er ist ein völ­lig unbe­schrie­be­nes Blatt. Das ist die eigent­li­che Wahl­pan­ne, nicht die 450 ver­schlamp­ten Wahl­brie­fe in Lich­ten­berg. Beim näch­sten Mal wer­den dann wohl alle Par­tei­en nur noch unbe­schrie­be­ne Blät­ter als Spit­zen­kan­di­da­ten auf­stel­len, die alles nur noch bes­ser machen kön­nen, denn schlech­ter geht ja nicht mehr.

Ich fürch­te, doch.