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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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»Sag Nein!«

Erster August, Jah­res­tag der Kriegs­er­klä­rung Kai­ser-Deutsch­lands an Russ­land 1914. Ich wache auf mit dem Deutsch­land­funk. Agnieszka Brug­ger, Frak­ti­ons­vi­ze von B90/​Grüne, for­dert im Inter­view die Lie­fe­rung deut­scher Luft-Boden Lenk­flug­kör­per »LFK Tau­rus« (Reich­wei­te: 500 km) an die Ukrai­ne. Pisto­ri­us und sein Chef zie­ren sich noch. Sind halt noch nicht so weit. Frau Brug­ger kann war­ten und fin­det es schon mal gut, dass dar­über jetzt dis­ku­tiert wird.

Kurz vor Mit­ter­nacht: Der­sel­be Sen­der zitiert aus aus­ge­such­ten Kom­men­ta­ren »der Pres­se von mor­gen«. Der Hirn­riss der oliv­grü­nen Front­frau Brug­ger vom frü­hen Mor­gen ist jetzt zur »Debat­te« gewor­den. Der DLF hat aus­schließ­lich Kom­men­ta­re aus­ge­wählt, die – wie könn­te es anders sein – Frau Brug­ger bei­pflich­ten. Zöger­lich­keit in punc­to Waf­fen­lie­fe­run­gen sei albern, weil sich die Befürch­tung, Putin kön­ne eska­lie­ren, in der Ver­gan­gen­heit »nicht bestä­tigt« habe (Badi­sche Zei­tung). Weiß man doch, wor­auf sie es ange­legt haben!

Der Kom­men­ta­tor der Süd­west-Pres­se ist schon einen Schritt wei­ter und denkt prak­tisch: Die Fra­ge, ob Deutsch­land der Ukrai­ne außer bei der Ver­tei­di­gung und Rück­erobe­rung auch bei einem Gegen­an­griff auf Russ­land hel­fen dür­fe, sei »ein ethi­scher Knack­punkt« und »im Ver­tei­di­gungs­fall« brau­che man den Tau­rus viel­leicht selbst. Von 600 Stück im Bestand der Luft­waf­fe sind lt. Tages­schau aktu­ell 150 einsatzbereit.

Der Bun­des­prä­si­dent, von Amts wegen zustän­dig für tri­via­les Poli­tik-Bla­bla an Weih­nach­ten und für die Simu­la­ti­on eines gesell­schaft­li­chen »Wir«, das es im Kapi­ta­lis­mus nicht geben kann, äußert im ZDF-Som­mer­in­ter­view Ver­ständ­nis dafür, dass die Bun­des­re­gie­rung den USA wegen der Lie­fe­rung von Streu­mu­ni­ti­on an die Ukrai­ne »in der gegen­wär­ti­gen Situa­ti­on (…) nicht in den Arm fal­len« kann. 2008 hat­te der­sel­be Dr. Stein­mei­er, damals Außen­mi­ni­ster, für Deutsch­land in Oslo das inter­na­tio­na­le Abkom­men zur Äch­tung der Streu­mu­ni­ti­on unter­schrie­ben, das dann Ein­gang in das Kriegs­waf­fen­kon­troll­ge­setz fand. Jeden­falls hat sei­ne Ver­lo­gen­heit in die­ser Ange­le­gen­heit ihm gera­de eine Straf­an­zei­ge bei der Staats­an­walt­schaft Bonn ein­ge­bracht. Eine Bestra­fung braucht er in die­ser ver­lot­ter­ten Repu­blik gleich­wohl nicht mehr zu fürch­ten als der Hof­narr im Shakespeare-Drama.

Ich träu­me: Der Appell von Wolf­gang Bor­chert (»Sag Nein!«) wird gehört und end­lich ernst genom­men: Deutsch­land lernt Fran­zö­sisch – auf der Stra­ße. Am Wahl­sonn­tag blei­ben alle zu Hau­se – nie­mand ist mehr bereit, den Par­tei­en der Gro­ßen Kriegs­trei­ber-Koali­ti­on mit sei­ner Stimm­ab­ga­be zu demo­kra­ti­scher Legi­ti­ma­ti­on zu ver­hel­fen, um hin­ter­her wei­ter Knecht zu sein und die Koh­len aus dem Feu­er zu holen. Die Gewerk­schaf­ten haben aus der Ver­gan­gen­heit gelernt und rufen auf – zum Gene­ral­streik! Das gibt Ärger, aber den Frie­den erhal­ten ist aller­er­ste Pro­le­ta­rier­pflicht! Arbei­ter schie­ßen nie wie­der auf Arbei­ter! Von deut­schem Boden geht nie wie­der Krieg aus. Wir wer­den ein Volk der guten Nach­barn sein.

Indes neh­men die Ereig­nis­se ihren Lauf (sie­he oben!) und Bor­cherts Auf­ruf droht unge­hört zu ver­hal­len. Sie wer­den uns auch dies­mal nicht fra­gen, ob es noch ein biss­chen Krieg mehr sein darf. Die Ent­schei­dun­gen fäl­len ande­re und haben sie schon gefällt. Im Pen­ta­gon, im Nato-Haupt­quar­tier und in Ram­stein, wo die euro­päi­schen Vasal­len sich ein­zu­fin­den haben, wenn die ober­sten War­lords L. Austin (US-»Verteidigungs«minister) und Chr. Cavo­li (USA, Nato-Ober­be­fehls­ha­ber) ihre Direk­ti­ven aus­ge­ben. Aller­höch­ste Zeit, ihnen in den Arm zu fal­len und laut und unver­söhn­lich »Nein« zu sagen!