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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Solidarität mit Wenzel

Das »Sozio­kul­tu­rel­le Zen­trum« vom Leip­zi­ger Werk II hat Wen­zel und Band schrift­lich einen wei­te­ren Auf­tritt bei sich unter­sagt, nach­dem er dort ein Kon­zert gege­ben hat­te, das, wie so oft, eupho­ri­schen Zuspruch durch die fast 500 Besu­cher fand. Die faden­schei­ni­gen Begrün­dun­gen lau­ten unter ande­rem, wie ein Offe­ner Brief Wen­zels in der jun­gen Welt ent­hüll­te: »ver­meint­li­che Scher­ze«; »ver­fäl­schen­de Glo­ri­fi­zie­rung der DDR-Ver­gan­gen­heit«; »posi­ti­ver rela­ti­vie­ren­der Bezug zu Putin«; »über sen­si­blen Sprach­ge­brauch (des Gen­derns) amü­siert«; eine Besu­che­rin habe »unter Trä­nen« die Hal­le ver­las­sen; »Wit­ze über Gefah­ren der Coro­na­pan­de­mie und über non­bi­nä­re Personen …«.

Das klingt nach pro­vin­zi­el­ler Idio-tie, ist aber kein Ein­zel­fall, wie Eva Men­as­se, Spre­che­rin des PEN Ber­lin, unlängst kri­ti­sier­te. Das spal­tet, anstatt den Dia­log zu för­dern. Und es erin­nert fatal an Prak­ti­ken aus DDR-Zei­ten. Das darf kei­ne wei­te­re Schu­le mehr machen: Die Kunst­frei­heit ist auch durch die­sen Skan­dal erneut bedroht. Eben­so die Mei­nungs­frei­heit, seit sich regie­rungs-nahe Posi­tio­nen, als apo­lo­ge­ti­sche Deu­tungs­ho­heit, in allen Leit­me­di­en und vor­aus­ei­len­den Insti­tu­tio­nen scham­los breit gemacht haben. Gesell­schafts­kri­ti­sche Auf­fas­sun­gen zur Innen- und Außen­po­li­tik wer­den nicht auf Augen­hö­he in der öffent­li­chen Debat­te zuge­las­sen, son­dern aus­ge­la­den und mar­gi­na­li­siert, wie am Bei­spiel des Ukrai­ne- und des Gaza-Krie­ges über­deut­lich erkenn­bar ist.

Wen­zel, der in der Lie­der­ma­cher­sze­ne als einer der pro­duk­tiv­sten, wit­zig­sten und sehr poli­ti­schen Song­poe­ten unse­rer Tage außer­or­dent­lich geschätzt wird, wür­de mund­tot gemacht wer­den, falls die­se Art Denk­ver­bo­te Nach­ah­mer fin­den soll­te. Wen­zels State­ment dazu erschien in der Wochen­end­aus­ga­be der jun­gen Welt vom 4./5. Mai 2024. Es wäre gut, wenn sich vie­le, mög­lichst öffent­lich­keits­wirk­sam, die­sem Pro­test anschlös­sen! Wie dich­te­te bereits Hein­rich Hei­ne über die dama­li­gen feu­dal-deut­schen Ver­hält­nis­se: »Die Phi­li­ster, die beschränk­ten, die­se ewig ein­ge­eng­ten, darf man nie und nim­mer necken. Aber wei­te, gute Her­zen, wis­sen stets mit uns­ren Scher­zen, Lieb und Freund­schaft zu verbinden.«