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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Zauberlehrlinge

Noch klam­mert sich die Bun­des­re­gie­rung an ihre eige­ne Pro­gno­se von 0,2 Pro­zent Wirtschafts»wachstum« im lau­fen­den Jahr – nach­dem die deut­sche Wirt­schaft im letz­ten Jahr nach offi­zi­el­len Zah­len um 0,3 Pro­zent schrumpf­te. Die Deut­sche Indu­strie- und Han­dels­kam­mer wider­spricht und rech­net mit einem wei­te­ren, sogar noch beschleu­nig­ten Rück­gang von 0,5 Pro­zent für 2024.

Bun­de­wirt­schafts­mi­ni­ster Robert Habeck räum­te am 14. Febru­ar in Leip­zig zer­knirscht ein: »So kön­nen wir nicht wei­ter­ma­chen.« Die wirt­schaft­li­che Lage sei »dra­ma­tisch schlecht«. Schuld sind ande­re: Vor allem natür­lich die Rus­sen (Wirt­schafts­wachs­tum 2023: 3,5 Pro­zent), der chi­ne­si­sche »Staats­ka­pi­ta­lis­mus« (Wirt­schafts­wachs­tum: 5,2 Pro­zent) und das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, das der Regie­rung ver­bo­ten hät­te, noch mehr Schul­den zu machen, um die Wirt­schaft anzukurbeln.

Da Habeck Ossietzky wohl nicht liest, sind, zumin­dest bezo­gen auf ihn, die klu­gen Hin­wei­se von Heinz-J. Bon­trup zur Wich­tig­keit der marx­schen Theo­rien Per­len vor die Säue. Aber selbst ohne Marx muss klar sein: Wer sich selbst vom jah­re­lan­gen Wett­be­werbs­vor­teil gün­sti­ger Ener­gie abschnei­det, sich, ohne auf­zu­mucken, vom eng­sten Bünd­nis­part­ner die Erd­gas-Pipe­lines vor der Nase kaputt­spren­gen lässt und jetzt sogar wie im Rausch drauf und dran ist, den bis­her wich­tig­sten Absatz­markt der einst stol­zen deut­schen Export­in­du­strie, Chi­na, einer ver­lo­ge­nen »wer­te­ba­sier­ten Außen­po­li­tik« zum Fraß vor­zu­wer­fen, ist ein getreu­es Abbild jenes seit der Bibel bekann­ten Men­schen, der, auf ande­re zei­gend, nicht merkt, dass er mit drei Fin­gern auf sich selbst zeigt.

Der dro­hen­de Total­ab­sturz der einst stol­zen Indu­strie­na­ti­on erregt zuneh­men­de inter­na­tio­na­le Auf­merk­sam­keit. Die Lon­do­ner Finan­cial Times schreibt von einem »Auto­un­fall in Zeit­lu­pe«, das Wall Street Jour­nal vom »kran­ken Mann Euro­pas«, und die mora­lin­saure deut­sche Außen­mi­ni­ste­rin wird mehr und mehr zur belieb­te­sten Witz­fi­gur des inter­na­tio­na­len Parketts.

Immer­hin erken­nen die Zau­ber­lehr­lin­ge am deut­schen Kabi­netts­tisch, dass sich über ihnen – wie­der Zitat Habeck – ein »per­fek­ter Sturm« zusam­men­braut. Dra­ma­tisch ist nur, dass sie per­sön­lich weich fal­len wer­den – für Mil­lio­nen Men­schen in die­sem Land, die seit zwei Jah­ren immer weni­ger wis­sen, wie eng sie ihre Gür­tel denn noch schnal­len sol­len, gilt das nicht.