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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Rolle rückwärts

Erst weni­ge Wochen stellt die Part­ido Popu­lar (PP) in Madrid das neue Stadt­ober­haupt und regiert zusam­men mit der rechts-neo­li­be­ra­len Ciu­da­d­a­nos gedul­det von der rechts­extre­men VOX-Par­tei. Und schon dreht sich im Rat­haus alles rück­wärts. Der neue Bür­ger­mei­ster José Luis Mar­tí­nez Almei­da Navas­qüés ist sonn­täg­li­cher Kirch­gän­ger und Spross einer alten spa­ni­schen Adels­fa­mi­lie. Er leg­te sofort die Axt an das von Manue­la Car­me­na gestar­te­te Pre­sti­ge­pro­jekt »Madrid Cen­tral«. Für bes­se­re Luft und weni­ger Lärm in der Stadt hat­te sie seit Novem­ber 2018 den moto­ri­sier­ten Ver­kehr aus der Innen­stadt Madrids zurück­ge­drängt. In einem 472 Hekt­ar gro­ßen Innen­stadt­ge­biet Madrids durf­ten seit­her nur noch Anlie­ger und Fahr­zeu­ge des öffent­li­chen Ver­kehrs fah­ren. So soll­ten die Stick­stoff­di­oxid-Emis­sio­nen, die die gel­ten­den Grenz­wer­te deut­lich über­schrit­ten, um 40 Pro­zent gesenkt wer­den. Nicht­an­woh­ner und Taxis benö­ti­gen eine Umwelt­pla­ket­te, um in das Gebiet zu fah­ren. Pla­ket­ten kön­nen nur Ben­zin- oder Die­sel­au­tos erhal­ten, die ab 2000 bezie­hungs­wei­se 2006 zuge­las­sen wur­den. Wer ohne Erlaub­nis in die Umwelt­zo­ne fährt und dabei erwischt wird, muss seit März 2019 ein Buß­geld von 90 Euro zahlen.

Seit dem 1. Juli durf­ten nun alle Autos wie­der ins Zen­trum fah­ren. Auch Abgas­schleu­dern, obwohl belegt ist, dass sich die Luft seit Beginn des Pro­jekts in Madrid ver­bes­sert hat­te. Flan­kiert wor­den waren die »Madrid Central«-Maßnahmen von der Ver­brei­te­rung der Bür­ger­stei­ge in der Cal­le Gran Via, dem Aus­bau von Fahr­rad­we­gen, einer Geschwin­dig­keits­be­schrän­kung auf 30 Kilo­me­ter pro Stun­de und der Anpflan­zung schat­ten­spen­den­der Bäu­me in der City.

Seit Jah­ren hat­te die EU-Kom­mis­si­on Madrid wegen der schlech­ten Luft­qua­li­tät immer wie­der mit Stra­fen gedroht, da die Grenz­wer­te für Fein­staub, Ozon und Stick­stoff­di­oxid über­schrit­ten wur­den. Nur wegen »Madrid Cen­tral« war die Stadt um Sank­tio­nen herumgekommen.

Inzwi­schen hat ein Rich­ter die Ent­schei­dung des Bür­ger­mei­sters José Luis Mar­tí­nez-Almei­da, »Madrid Cen­tral« auf­zu­he­ben, vor­läu­fig außer Kraft gesetzt. Der Rich­ter ist der Ansicht, dass die Ver­kehrs­be­ru­hi­gung im Zen­trum zu weni­ger Schad­stoff­emis­sio­nen füh­re. Der regie­ren­de Stadt­rat hat ange­kün­digt, gegen die rich­ter­li­che Ent­schei­dung Beru­fung einzulegen.